Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Ulm/Neu-Ulm: Gastro-Szene im Lockdown: "Regierung hat Pandemie nicht im Griff"

Ulm/Neu-Ulm

Gastro-Szene im Lockdown: "Regierung hat Pandemie nicht im Griff"

    • |
    Restaurants erhalten weiterhin keinerlei Öffnungsperspektive von Bund und Ländern.
    Restaurants erhalten weiterhin keinerlei Öffnungsperspektive von Bund und Ländern. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

    Der Lockdown geht weiter. Bis mindestens 7. März, wenn nicht sogar länger - zumindest für bestimmte Bereiche wie die Gastronomie. Seit bald vier Monaten steht hier beinahe alles still. Leere Bars, leere Kneipen, leere Restaurants. Wie reagieren jetzt Vertreter dieser Branche aus Ulm und Neu-Ulm auf die Shutdown-Verlängerung? Die Meinungen gehen auseinander.

    Für Oliver Gomez, Betreiber der Vorglühbar in Ulm, gibt es aktuell keine andere Option als den Lockdown zu verlängern. "So hart das ist und so weh das auch tut", sagt er. Aber die Daten, Fakten und wissenschaftlichen Befunde seien eindeutig. Länder wie Portugal oder Irland würden dies belegen. Es bringe daher nichts, jetzt sechs Wochen zu öffnen, "dann explodiert es" und danach müsse wieder drei Monate geschlossen werden. Gomez hoffe auf die Impfungen. Damit es im Sommer oder spätestens im Oktober wieder annähernd normal läuft.

    Vorglühbar in Ulm hält sich mit Suppen-Lieferservice über Wasser

    Über zu wenig Hilfe könne er sich derzeit nicht beschweren. Es sei zwar großer bürokratischer Aufwand. "Aber es läuft", sagt er. Dennoch habe er ein bisschen das Gefühl, dass bei Beschlüssen der Regierung zu wenig an die Gastronomie gedacht wird. "Da hörst du kein Wort", sagt er. In der Branche werde es "Marktbereinigung" geben. Seine Klagen halten sich aber in Grenzen. Wohl auch deshalb, weil er früh vom nicht möglichen Barbetrieb auf einen Suppen-Lieferservice umgestiegen ist. "Das läuft richtig gut."

    Ein Umstieg auf ein anderes Angebot war für Mustafa Karacizmeli nicht möglich. In seiner Buddha Lounge in Ulm gibt es keine Küche. Seit vier Monaten steht daher bei ihm alles still. Dass der Lockdown nun verlängert wurde, damit habe er gerechnet. Doch wie zwischenzeitlich mit den Zahlen in der Corona-Pandemie umgegangen wird, hält er für einen "Witz". Erst sei eine Inzidenz von 50 als Schwelle für mögliche Öffnungen genannt worden, jetzt seien es 35. "Das sorgt für Verwirrung. Die Menschen verstehen es nicht mehr und schütteln nur noch mit dem Kopf", sagt er.

    Buddha Lounge-Betreiber muss auf Hilfe der Eltern zurückgreifen

    Seit 15 Jahren betreibt Karacizmeli jetzt die Bar in der Frauenstraße. Die Zeit jetzt sei die schlimmste überhaupt. Von der im November von der Politik versprochenen finanziellen Unterstützung habe er bislang nicht einmal die Hälfte bekommen, gleichzeitig aber müsse er die Pacht zahlen. "Das wäre die beste und einfachste Lösung gewesen. Dass die Politik diese Kosten übernimmt", sagt er.

    Doch stattdessen muss er die Pachtkosten jetzt stunden. Rücklagen seien mittlerweile aufgebraucht, er habe sich Geld von seinen Eltern leihen müssen. "Nach 15 Jahren Arbeit." Und wie es nach dem Lockdown weitergehen soll, sei vollkommen unklar. Er fühlt sich im Stich gelassen - von der Politik, aber zum Teil auch vom Verband. Er sei zwar Dehoga-Mitglied, doch da gehe es ihm zu viel um Restaurants. "Nachtleben existiert fast gar nicht", sagt er. "Unsere Arbeit wird nicht geschätzt."

    Barfüßer-Wirt wettert gegen Regierung: "Söder macht nur große Sprüche"

    Noch deutlicher mit seiner Kritik an der Politik wird Eberhard "Ebbo" Riedmüller. "Die Regierung hat die Pandemie überhaupt nicht im Griff. Die eiern nur rum", sagt der Barfüßer-Wirt.Dabei gehe es ihm nicht um das Virus, sondern um die Unterstützung der Betroffenen. Seit November habe der 68-Jährige bislang nur 50.000 Euro an finanziellen Hilfen vom Staat bekommen. Das reiche ihm gerade mal für zwei Tage. Er als Unternehmer könne das zwar verkraften, weil er kreditwürdig sei. Aber ihm geht es vor allem um die "Bedürftigen". Die, "die ohnehin schon wenig haben".

    Fast alle der circa 850 Barfüßer-Beschäftigten seien in Kurzarbeit. "Wie steht eine alleinerziehende Mutter das durch?", fragt er. Dass der Lockdown jetzt weitergeht, damit habe er sich abgefunden. Schlimm sei nur, dass die politischen Entscheider ihre Versprechungen nicht halten würden. "Markus Söder macht große Sprüche, aber die Probleme lösen sie nur ganz schleppend."

    Lesen Sie dazu auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden