Im Gegensatz zu Corona-Regelungen in Sachen Einzelhandel wird es offenbar beim Thema Gastronomie einen Gleichklang zwischen Bayern und Baden-Württemberg geben. Um die Eröffnung der Außengastronomie, die ab Montag, 18. Mai, wieder erlaubt sein wird, ging es beim ersten „runden Tisch“ mit Oberbürgermeister Gunter Czisch, Stadträten, Vertretern der Tourismuswirtschaft sowie Betroffenen aus Ulmer Hotellerie und Gastronomie.
„Wir möchten gemeinsam mit den Betrieben ein abgestimmtes Vorgehen erarbeiten, das eine für alle akzeptable Gestaltung der Gastronomie innerhalb der im Land weiterhin geltenden Beschränkungen zulässt“, sagte Czisch. Dafür sei es sinnvoll, bereits jetzt die Rahmenbedingungen festzulegen – auch wenn die konkreten Regelungen des Landes erst am kommenden Dienstag feststehen sollen.
Die Stadt Ulm verlangt keine Pacht mehr
Die Stadtverwaltung will den Gastronomen auf vielfältige Weise entgegenkommen: So werde etwa – vorbehaltlich eines Beschlusses des Gemeinderats – auf die Erhebung von Gebühren für die Außenbestuhlung komplett verzichtet. Die 170.000 Euro, die im vergangenen Jahr von 184 Gastronomen eingezogen wurden, übernehme die Stadtkasse. Außerdem sollen die Flächen der Außenbestuhlung erweitert werden. „Natürlich unter Beachtung von Themen wie Verkehrssicherheit und Rettungswegen“, wie Czisch betonte. Offen ist, wie viele Gastronomen in Ulm überhaupt unter diesen Umständen aufmachen wollen beziehungsweise können. Sicher ist: Einnahmen werden fehlen. Czisch: „Es ist ja bekannt, dass oft erst mit den letzten 20 Prozent des Umsatzes der Gewinn erzielt wird.“
Bar- und Disco-Betreiber schauen in die Röhre
Keinerlei Perspektive gibt es derzeit für die Betreiber von Diskotheken und Bars. Aus Sicht der Stadtverwaltung ist es kaum vorstellbar, dass hier mit Tischen oder gar abgeklebten Tanzzonen Abstandsregeln eingehalten werden können. Czisch appelliert hier an das Verständnis der Vermieter für eine Ausnahmesituation – auch in ihrem eigenen Interesse. Denn wenn die Bars und Discos alle pleitegehen, hat auch der Vermieter einen Schaden.
Glücklich schätzen dürfen sich Gastronomen, die in städtischen Immobilien ihre Wirtschaft haben: Die Pächter der neuen Pizzeria La Fontana (ehemals Ratskeller), der Gaststuben im Zunfthaus der Fischerleute, des Museumscafés, der Theaterkantine des Café-Restaurants im Stadthaus sowie der Biergärten Teutonia und Liederkranz in der Friedrichsau müssen derzeit keinerlei Pacht an die Stadt überweisen. Auch hier vorbehaltlich eines Beschlusses des Ulmer Gemeinderats.
Wie geht das in kleinen Küchen mit dem Arbeitsschutz?
Wilhelm Schubert, der Wirt des Zunfthauses, wies am runden Tisch auf ungeklärte Fragen des Gesundheitsschutzes für Mitarbeiter hin. In der kleinen Küche des mittelalterlichen Fachwerkhauses sei es beinah unmöglich, die geforderten Mindestabstände einzuhalten. Ungeklärt sind auch Fragen rund um eine angedachte Reservierungspflicht, die gerade bei eher klassischen Gaststuben, wie sie im Fischerviertel zu finden sind, nicht üblich ist. Und auch Toilettengänge müssten geregelt werden.
Czisch machte deutlich, dass sich Gastronomie und Pandemie grundsätzlich schlecht vertragen würden. „Gastronomen wollen eine hohe Frequenz.“ Gerade dies wollen Virologen im Zuge der Eindämmung der Pandemie aber verhindern.
Ein jüngst gemeinsam von den Bundesländern Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen erarbeitetes Drei-Phasen-Szenario soll nun als Arbeitsgrundlage für eine kontrollierte Öffnung des Gastgewerbes rund um Ulm dienen, die bei weiteren Gesprächen kommende Woche konkretisiert werden soll.
Die Lust am Bummeln ist weg
Die Aussagen des Vorsitzenden der Ulmer City Werbegemeinschaft und Sporthauschef Michael Klamser dürften die Hoffnungen der Gastronomen auf eine Vielzahl an Laufkundschaft dämpfen. „Es sind keine Bummler in Ulm unterwegs.“ Die Leute würden in Zeiten einer Maskenpflicht nur in die Geschäfte gehen, um einen ganz konkreten Bedarf zu decken. Auch vor diesem Hintergrund dürften sich Gastronomen fragen, ob es sich überhaupt lohnt, das Lokal wieder aufzusperren.
Weil der ökonomische Druck auf das Gastgewerbe und die Unsicherheit enorm groß seien, versprach Roland Häußler, der Leiter des Ulmer Ordnungsamts, Kontrollen mit Augenmaß. Zumal die Gastronomen, wie Czisch betonte, aus purem Eigeninteresse eine zweite Infektionswelle mit möglichem erneuten Shutdown vermeiden wollten.
500 junge Leute auf der Donauwiese weil die Bars zu sind?
Stadtrat Michael Joukov-Schwelling (Grüne) erinnerte an ein unausweichlich kommendes „Disco-Problem“. Wenn Bars und Clubs dauerhaft zu hätten, würden sich die jungen Leute halt andernorts treffen. „Aus Corona-Sicht sind 500 Leute auf der Donauwiese halt auch ein Problem.“
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