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Ulm: Marta rockt die Bühne auch mit Gips

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Marta rockt die Bühne auch mit Gips

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    Beinbruch: Voller Energie und Leidenschaft singt Marta Jandová auch mit einem aufblasbaren „Gips“.
    Beinbruch: Voller Energie und Leidenschaft singt Marta Jandová auch mit einem aufblasbaren „Gips“. Foto: Felix Oechsler.

    Auf dem Röntgenbild, das Marta Jandová mitten im Konzert zeigt, ist das Malheur deutlich zu sehen: Einer der Mittelfußknochen ist gebrochen. Und so nimmt die Frontfrau von Die Happy beim Konzert eine Haltung ein, die jüngst Axl Rose und Dave Grohl von den Foo Figthers berühmt machten: Mit Gipsbein auf einem Hocker. „Das ist so schlimm. Ich möchte hier rumspringen“, sagt die 43-Jährige. Akrobatisch wechselt die Rockröhre die Position auf ihrem Selfmade-Thron, dass ihrem behandelnden Unfallarzt wohl Angst und bange werden würde. Dem Heimspiel der Band mit Ulmer Wurzeln tat Martas missliche Lage mit neun Schrauben im Fuß aber keinen Abbruch.

    Im Gegenteil. Weit weniger außer Atem als sonst singt die Pragerin sich durch 24 Jahre Bandgeschichte. Und plaudert im rappelvollen Zelt zu vielen, vielen alten Freunden. Eine abenteuerliche Geschichte zu ihrem Beinbruch kann Marta aber nicht erzählen. Beim Abholen ihrer vierjährigen Tochter Marie aus der Kita sei sie die Treppe „hochgefallen“, was ihr nun fünf Wochen Gips einbrachte.

    Marta hat so viel zu erzählen, dass Bandgründer und Leadgitarrist Thorsten „Wurmi“ Mewes sie zur Eile mahnen muss., schließlich muss aus Lärmschutzgründen um 22 Uhr Schluss sein im Zelt. Gerade noch so im engen Zeitrahmen kommt der letzte Song, der traditionell den Schlusspunkt jedes der inzwischen weit über 1000 Die Happy Konzerte bildet: Supersonic Speed. Mit diesem superschnellen Rockknaller schafften die Ulmer 2001 den Durchbruch. Es folgten Auftritte vor zigtausend Fans bei Rock am Ring, und Frontfrau Marta Jandová galt als das deutsche Rockstimmwunder, wie Sandra Nasic von den Guano Apes.

    Acht Studioalben haben Marta Jandová Thorsten Mewes, Ralph Rieker und Jürgen Stiehle seit der Bandgründung vor 24 Jahren produziert. Der rein kommerzielle Erfolg der Scheiben in jenem Vierteljahrhundert war wechselhaft. Die Zugkraft und Energie ihrer Livekonzerte nicht. Auch im Ulmer Zelt können sich die Vier auf ihre Fans verlassen. Das Publikum tanzt, johlt und singt Gassenhauer wie Goodbye oder Cry for More textsicher mit. Gitarrist Mewes ist an der Stromgitarre in seinem Element. Als bekennender (Neu-) Veganer um einige Kilos leichter geworden, klingen die satten Riffs nicht weniger fett als zu Fleischzeiten. Ganz stark: Die Tempi-Wechsel bei Like a Flower, die am Ende im Rage-against-the-Machine-Cover „Bullet in the Head“ zu explodieren scheinen.

    Das jüngste Album der Band wurde bereits vor drei Jahren veröffentlicht, wirklich neue Songs bekommt das Publikum nicht zu hören. Und das ist durchaus Programm: „Same Shit, Different Year“ – „Der gleiche Mist – anderes Jahr“ hieß ihre jüngste Tour, deren Motto aber auch für das Ulmer Zelt gilt. Marta, die 2013 Mutter wurde, scherzt, dass ihre Bandkollegen ohnehin nichts von ihren neuen Texten voller Mutterglück hören wollen. So besinnt man sich auf altbewährte Stärken, jenseits von Mist. Live wird es die früheren Ulmer, die inzwischen verstreut in Hamburg oder Prag leben, auch weiterhin zu erleben geben: Eine Tour zum 25. Bandjubiläum startet im Dezember.

    Dass Marta als Frau um die 40 über die Bühne hüpft – oder im jüngsten Fall humpelt – habe die Ex-Ulmerin früher nicht für möglich gehalten. Auch ihren Vater (75), der seit 50 Jahren bei der tschechischen Rockband Olympic spielt, habe sie nie verstehen können. „Jetzt sehe ich das anders.“ Für Marta Jandová ist Rock’n Roll keine Altersfrage mehr. Und, dass sie die Bühne auch mit eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten rocken kann, stellte die charmante Plaudertasche mit der gewaltigen Stimme im Ulmer Zelt eindrucksvoll unter Beweis.

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