Nach dem Suizid eines Mitarbeiters der Bundeswehr-Regionalstelle in Ulm, bei der der Militärische Abschirmdienst (MAD) gegen mehrere Beschäftigte wegen des Reichsbürger-Verdachts ermittelt, fordert der Illertisser Bundestagsabgeordnete Karl-Heinz Brunner "Lehren daraus zu ziehen". Der Tod sei tragisch, vor allem für die Familie und die Angehörigen. "Da darf sich jetzt niemand als schuldlos bezeichnen."
Der Verteidigungs-Experte der SPD-Fraktion im Bundestag spricht sich im Gespräch mit unserer Redaktion unter anderem für eine Sicherheitsüberprüfung von Soldaten und zivilen Mitarbeitern der Bundeswehr, aber auch der Polizei aus. Über ein Gutachten solle so herausgefunden werden können, wo und wie jemand in welche Kreise vernetzt ist. Es könne nicht sein, dass Menschen, die ein Gelöbnis auf das Grundgesetz abhalten und auch im Auftrag dessen handeln sollen, dieses gar nicht anerkennen. "Hier müssen wir frühzeitig handeln", so Brunner.
Suizid nach Reichsbürger-Verdacht bei Bundeswehr in Ulm: Brunner fordert "Aussteigermodell"
Zudem verlangt der Bundestagsabgeordnete Hilfen für Menschen, die in entsprechende Milieus wie beispielsweise die Reichsbürgerszene abgedriftet sind. Er spricht von einer Art "Aussteigermodell", um diesen Menschen überhaupt eine Alternative anbieten zu können. "Wir müssen ihnen eine Chance geben."
Brunner lobt die aktuellen Ermittlungen des MAD als "schnell und konsequent" - trotz des Suizids eines 63 Jahre alten Mitarbeiters der betroffenen Regionalstelle vor dem Klinikum in Krumbach, bei dem es sich nach Informationen von SWRund ARD-Hauptstadtstudio um einen Hauptverdächtigen handeln soll. Ein Sprecher des Verteidigungsministerium in Berlin wollte dies jedoch auf Anfrage unserer Redaktion weder bestätigen noch dementieren.
Suizid nach Reichbürger-Ermittlungen in Krumbach: "Die Tragik eines Einzelfalls"
"Die Tragik eines Einzelfalls", so der SPD-Politiker Brunner, der kürzlich von der parlamentarischen Versammlung der NATO zum „Special Rapporteur“ für den Wissenschafts- und Technologieausschuss gewählt wurde. Dass der Fall in Ulm ans Licht kam, habe aus seiner Sicht zwei Gründe: Die Neuausrichtung des Bundesnachrichtendienstes (BND), der eine Selbstermittlung überhaupt erst möglich gemacht habe. Und die Tatsache, dass es "mutige" und "aufrechte" Menschen gibt, die ihren Verdacht auch melden.
Nach Angaben des Verteidigungsministeriums laufen die Ermittlungen bereits seit Ende 2019. Am Dienstag wurden die acht Verdächtigen vom MAD befragt. Zudem seien technische Geräte sichergestellt worden, die nun ausgewertet würden. Weitere Befragungen sollten am Mittwoch stattfinden, hieß es. Eine Anfrage hierzu seitens unserer Redaktion beim Verteidigungsministerium blieb bislang unbeantwortet.
Den Hauptverdächtigen sei mit sofortiger Wirkung der Zugang zu ihren Arbeitsstellen untersagt worden. Die besagte Dienststelle der Bundeswehr hatte Räumlichkeiten bei der Ulmer Niederlassung des Rüstungskonzerns Hensoldt in der Wörthstraße angemietet. Eine engere Zusammenarbeit habe es nicht gegeben, erklärte ein Sprecher der Hensoldt-Niederlassung in Ulm am Mittwoch. Insgesamt rund 20 Bundeswehr-Mitarbeiter hätten dort ihren Arbeitsplatz. Bei der betroffenen Regionalstelle handelt es sich um eine Abteilung des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr mit Hauptsitz in Koblenz - auch Beschaffungsamt genannt. Sie ist für die Qualitätsprüfung von Produkten zuständig, die in der Region für die Bundeswehr hergestellt werden.
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