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Ulm: Innovation an der Donau: Ulm feiert den Radar-Durchbruch

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Innovation an der Donau: Ulm feiert den Radar-Durchbruch

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    Dieses vor dem Ulmer Maritim-Hotel aufgebaut neuartige Radargerät namens Twinvis sieht bis zu 200 Flugzeuge, Drohnen oder sonstige Flugkörper im Umkreis von 200 Kilometern.
    Dieses vor dem Ulmer Maritim-Hotel aufgebaut neuartige Radargerät namens Twinvis sieht bis zu 200 Flugzeuge, Drohnen oder sonstige Flugkörper im Umkreis von 200 Kilometern. Foto: Oliver Helmstädter

    Über zehn Meter ragt das Gerät aus dem Dach eines Mercedes Van in den Himmel vor dem Ulmer Congress-Centrum. Im Innern des Kleinlastwagens sieht es aus wie am Arbeitsplatz eines Fluglotsens. Kleine, kunterbunte Punkte und Ziffern bewegen sich über eine digitale Karte auf einem Bildschirm. Der Bodensee ist deutlich zu erkennen. „Das ist ein Verkehrsflugzeug“, sagt ein Hensoldt-Mitarbeiter. „Und das eine Drohne.“ Auf Knopfdruck lässt sich die Radarantenne einfahren, als wäre nichts gewesen.

    Die Ex-Airbus-Tochter Hensoldt stellte am Mittwoch bei einem Radar-Symposium im Congress-Centrum vor, was es Neues aus der Radarhochburg gibt. Der Hingucker auf dem Hildegard-Knef-Platz ist jenes neue entwickelte Passivradar „Twinvis“. Das in den Van eingebaute Gerät wertet, ohne selbst zu strahlen, die Signalechos von Rundfunk- und Fernseh-Sendern aus, um in Echtzeit ein Luftlagebild im Umkreis von über 200 Kilometer zu erstellen. Die Broschüre dazu zeigt, wofür die Ulmer das Gerät entwickelten: Ein Stadion ist abgebildet, über dem der Luftraum aufgrund der Angst vor Terrorangriffen geschützt werden soll. Der Slogan: „See without beeing seen“ – was so viel heißt wie "sehen, ohne gesehen zu werden". Denn: Das Radargerät sendet nicht.

    Das Passiv-Radar nutzt die Signalechos vorhandener Sender

    Der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie bezeichnet das Gerät in einer Veröffentlichung als „Durchbruch“. Normalerweise funktionieren Radargeräte seit Jahrzehnten auf die gleiche Weise: Das Radar sendet elektromagnetische Wellen aus. Flugzeuge reflektieren diese als Echo, das vom Radar wiederum erfasst wird. So kann die Position und Richtung eines Flugzeuges bestimmt werden. Ulmer Ingenieurkunst ändert diese Funktionsweise grundlegend. Anstatt eigene Signale auszusenden, nutzt es die Signalechos bereits vorhandener Fremd-Sender. Das können etwa Rundfunk- oder Fernsehsender sein, deren Wellen ebenfalls von Flugzeugen reflektiert werden. So können Terroristen oder sonstige böse Buben das Gerät nicht ausmachen und zerstören. Twinvis erfasst diese reflektierten Signale und ortet Flugzeuge. Dabei verarbeitet das Passivradar Signalechos, die um ein Vielfaches schwächer sind als die ursprünglichen Signale. Mit einem einzigen Gerät können so nach Angaben von Hensoldt bis zu 200 Flugzeuge gleichzeitig in einem Umkreis von 200 Kilometern überwacht werden.

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    Ebenfalls auf dem Symposium zu sehen ist das luftgestützte Überwachungsradar „PrecISR“ (gesprochen: „prisaiser“), das an Bord von Hubschraubern, Drohnen und Missionsflugzeugen installiert werden kann. Weitere Produkte aus der Ulmer Radarschmiede, um die sich 300 internationale Sicherheits-Experten scharten, waren ein Radar für die Flugsicherung und ein Kollisionswarn-Radar für Drohnen. „Die Radar-Technologie verzeichnet im Zusammenhang mit der Digitaltechnik und Methoden der künstlichen Intelligenz enorme Fortschritte, die wir als Sensorspezialist massiv vorantreiben“, sagte Ryszard Bil, technischer Leiter bei Hensoldt. Dadurch sei die Firma heute in der Lage, Geräte etwa für autonome Verkehrsmittel oder die militärische Informationsgewinnung anzubieten, die vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wären. Am Ulmer Standort hat Hensoldt derzeit etwa 2000 Mitarbeiter. Die von Airbus inzwischen komplett unabhängige Firma beschäftigt weltweit etwa 4500 Menschen, die zuletzt einen Jahresumsatz von über einer Milliarde Euro erzielten.

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