Die U-Bahn-Haltestelle Mohrenstraße in Berlin soll künftig einen anderen Namen tragen. Und wer will, kann dem Zähler auf der Internetseite change.org beim Klettern zusehen: Eine Petition fordert, dass die Stadt Coburg ein neues Wappen bekommen soll. Es zeigt den heiligen Mauritius, einen der Legende nach aus Oberägypten stammenden Mann. Dargestellt ist er als klischeehafter schwarzer Mann: dicke Lippen, große Ohrringe.
Zwei Beispiele einer aktuellen Diskussion. Das dritte kommt, wie berichtet, aus Ulm: Der Stadtrat und Landtagsabgeordnete Martin Rivoir will, wie berichtet, von einer Kommission prüfen lassen, ob die Mohrengasse einen neuen Namen bekommen sollte.
Mohrengasse: Abfällig war die Namensgebung nicht gemeint
Rivoir hat darauf viele ablehnende Antworten bekommen. Manche Kritiker, wie sein Stadtratskollege Hans-Walter Roth, argumentieren mit einem Blick in die Vergangenheit und auf die sprachliche Bedeutung, andere pöbelten den SPD-Politiker Rivoir übel an. Woher genau der Name der Ulmer Mohrengasse stammt, ist nicht geklärt (wir berichteten). Er könnte vom heiligen Mauritius abgeleitet sein, aber auch von Bischof Zeno von Verona, der wie der heilige Mauritius aus Mauretanien stammte. Eins steht aber fest: Abfällig war die Namensgebung nicht gemeint. Und damit zurück nach Coburg.
Rassistisches Bildnis?
Die oberfränkische Stadt widmet dem Coburger Mohr ein eigenes Kapitel und erklärt darin die Geschichte des Heiligen. Juliane Reuther und Alisha Archie, die hinter der Petition gegen das Stadtwappen stehen, haben eine andere Perspektive: „Hierbei von Wertschätzung des Schutzpatrons der Stadt Coburg zu sprechen ist absolut eurozentrisch und feige – wie kann man eine Person mit einem rassistischen Bildnis ehren, die man dazu einfach als „Coburger Mohr“ abtut?“, heißt es in dem Begleittext der beiden Frauen zu der Online-Petition.
Was Reuther und Archie für Coburg fordern, haben die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) schon entschieden. Nach jahrelangen Rassismusdebatten um die „Mohrenstraße“ soll die gleichnamige U-Bahnstation in Berlin-Mitte umbenannt werden. Sie wird künftig den Namen der dort ebenfalls verlaufenden Glinkastraße tragen, die an den russischen Komponisten Michail Iwanowitsch Glinka (1804-1857) erinnert. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur – und zitiert aus einer Mitteilung des Unternehmens: „Als weltoffenes Unternehmen und einer der größten Arbeitgeber der Hauptstadt lehnt die BVG jegliche Form von Rassismus oder sonstiger Diskriminierung ab“, und weiter: „Aus Verständnis und Respekt für die teils kontroverse Debatte um den Straßennamen hat die BVG sich nun entschieden, ihn nicht weiter für die Benennung des U-Bahnhofs zu verwenden.“
Der Name der Straße hat wohl einen anderen Ursprung als jener der Ulmer Mohrengasse: Er geht vermutlich auf dunkelhäutige Bewohner zurück, die einstmals in der Gegend lebten.
Sarotti-Mohr vor der Confiserie Reichhart am Münsterplatz ist abgebaut worden
Auch in Ulm hat der Streit Folgen hervorgerufen – und ein prominentes Opfer gefordert: Der Sarotti-Mohr vor der Confiserie Reichhart am Münsterplatz ist abgebaut worden.
Inhaberin Britta Bollinger hat eine E-Mail bekommen, in der sie aufgefordert wurde, die Figur abzubauen. Andernfalls bekäme sie weitere Schritte zu spüren. Bollinger sagt, sie habe gerade nicht die Nerven, deswegen herumzustreiten. Der Mohr steht jetzt verhüllt im Geschäft. Ihre Kunden, berichtet die Geschäftsfrau, seien stocksauer: „Die kommen alle rein und fragen: Wo ist er?“, berichtet Bollinger. Dass der Sarotti-Mohr nun nicht mehr zu sehen ist, bringe doch überhaupt nichts gegen das Problem, kritisiert sie: „Die Menschen müssen miteinander reden und umgehen.“ Nun will Bollinger erst einmal abwarten – auch, wie die Diskussion um die Mohrengasse weitergeht. Und um das Café Mohrenköpfle, die Mohrenapotheke und was es sonst noch so gibt.
Wie aber geht es mit der Mohrengasse weiter? „Stadtrat Rivoir erhält eine schriftliche Antwort“, heißt es in den Unterlagen der Stadt Ulm trocken auf den Antrag des SPD-Politikers. In der Antwort steht: Der Arbeitskreis Straßennamen, der die Umbenennung der Heilmeyersteige in Eselsbergsteige erarbeitet hat, soll das Thema auf die Tagesordnung nehmen.
Die Debatte um die Mohrengasse geht also weiter.
Auch interessant:
Ulm streitet über eine Umbenennung der Mohrengasse
Steht der Name der Mohrengasse in Ulm für Rassismus oder für Verehrung?