Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Ulm/Illertissen: Alte Fußballträume leben weiter

Ulm/Illertissen

Alte Fußballträume leben weiter

    • |
    Es gab einmal eine Zeit, in der Teenies Liebesbotschaften an die Zäune des Stadions schrieben. Das war, als Ulm 1999/2000 für eine Saison in der ersten Fußballbundesliga spielte. Mit Leandro ist der Stürmer Leandro Fonseca gemeint, der zwei Jahre für Ulm spielte und 2010 in Brasilien seine Karriere beendete.
    Es gab einmal eine Zeit, in der Teenies Liebesbotschaften an die Zäune des Stadions schrieben. Das war, als Ulm 1999/2000 für eine Saison in der ersten Fußballbundesliga spielte. Mit Leandro ist der Stürmer Leandro Fonseca gemeint, der zwei Jahre für Ulm spielte und 2010 in Brasilien seine Karriere beendete. Foto: Alexander Kaya

    Freibier gibt es heute im Donaustadion wenn die Fußballer des SSV ihren seit vergangenem Samstag besiegelten Aufstieg in die Regionalliga feiern. Während die Fans schon von einer Rückkehr in glorreiche Bundesligazeiten träumen, ist einer bemüht den Ball flach zu halten. „Wir spielen von der ersten Minute an gegen den Abstieg“, sagt Vorstand Anton Gugelfuß. Der Etat für die kommende Saison liege nach derzeitigem Stand der Dinge bei 1,2 Millionen Euro – das sind lediglich 300000 Euro mehr als vergangene Saison. Üblich seien in der Regionalliga Südwest mit Traditionsvereinen wie Kickers Offenbach oder dem 1. FC Saarbrücken durchaus Etats von zwei bis fünf Millionen Euro. Hinzukomme, dass der „SSV Ulm 1846 Fußball“ weiterhin im Gegensatz zu vielen Konkurrenten keine Profimannschaft beschäftigen wird. Der Verein werde kein wirtschaftliches Risiko eingehen.

    Wie schwierig es ist, mit Berufstätigen im Profi-Spielbetrieb zu bestehen, weiß Josef Kränzle, der maßgebliche Förderer FV Illertissen, einem Verein, der längst in der Regionalliga spielt. „Bei Englischen Wochen wird es ganz kritisch.“ Kränzle erinnert sich an ein Auswärtsspiel gegen Greuther Fürth II bei dem sieben Stammspieler fehlten, weil sie von ihren Arbeitgebern keinen freien Tag genehmigt bekamen. Warum Illertissen trotz eines vergleichsweise geringen Etats von etwa 800000 Euro 2013 und 2014 Bayerischer Amateurmeister wurde, sei in erster Linie der Arbeit von Trainer Holger Bachthaler zu verdanken. „Das war schon ein Wunder“, sagt Kränzle. Obwohl sportlich durchaus in Reichweite, sei ein Aufstieg in die 3. Liga nicht möglich. Weder das Stadion noch die Zufahrtswege seien für den Großbetrieb des bezahlten Fußballs geeignet. Ulm habe hier ganz andere Voraussetzungen – ein Stadion und nicht zuletzt eine echte Fankultur, die noch auf Wurzeln der Bundesligazeiten aufbaue. Kränzle: „Ulm kann mittelfristig den Weg in eine der Bundesligen schaffen.“ Wenn seriös gearbeitet werde.

    Für seriöse Arbeit möchte Spatzen-Vorstand Gugelfuß stehen, der betont, dass der Verein nach drei überstandenen Insolvenzen alles andere als größenwahnsinnig sei. Aber „natürlich“ habe er sich mit den Vorstandskollegen Thomas Oelmayer und Roland Häußler genau angeschaut, wie in Aalen, Heideheim oder auch Augsburg gearbeitet werde. Im Nachhinein schmerzt es Gugelfuß, dass Walther Seinsch als Mäzen vor vielen Jahren einmal in Ulm abgeblitzt sei, als er investieren wollte. Später führte er den FC Augsburg in die Bundesliga. In Ulm herrschten statt der Millionen des Ex-Unternehmers Seinsch 20 Jahre Stillstand. „Die müssen wir aufholen“, sagt Gugelfuß. Noch immer habe Ulm in der Nachwuchsarbeit einen sehr guten Ruf. Doch weil Ulm kein vom DFB zertifiziertes Leistungszentrum habe, gingen viele Talente ablösefrei fort. Dies mache Hundertausende Euros aus.

    Den Ball flach halten will Gugelfuß auch, was den Bau eines neuen Stadions angeht. Um überhaupt darüber zu reden, müsste Ulm sich erst mal ein paar Jahre in der Regionalliga oder der 3. Liga etablieren. Allerdings weiß Gugelfuß auch, dass derartige Pläne mitunter zehn Jahre Vorlauf brauchen. Ein völlig unverbindliches Treffen mit Eduard Schleicher, dem Chef des Zementherstellers Schwenk Zement, habe es bereits gegeben. Klar ist sowohl Gugelfuß als auch der Stadtverwaltung völlig unabhängig davon, dass das städtische Donaustadion sanierungsbedürftig ist. Gerhard Semler, Leiter der Abteilung Bildung und Sport, ist gerade dabei verschiedene Szenarien auszuarbeiten, die dem Gemeinderat im September vorgestellt werden sollen. Fest stehe nur, dass das Donaustadion auch künftig für Schulsport- und Leichtathletik-Veranstaltungen nutzbar sein soll. Dringend notwendig sei die Erneuerung der Flutlichtanlage. Die längst nicht mehr hergestellten Ersatz-Birnen hat Semler jüngst noch in Osteuropa erstehen können. Doch die Nachschubquelle versiege nun. 800000 Euro würden für eine neue Flutlichtanlage fällig.

    Die Gemeinderäte stehen im September vor der Wahl zwischen Sanierung oder Neubau der Haupttribüne inklusive Umkleiden und neuen „Funktionsräumen“. Das heißt: Wurstverkauf und Co. sollen raus aus den unschönen Containern und Hütten. Zwischen 15 und 20 Millionen Euro, so schätzt Semler, würde das kosten. Die Kapazität würde von derzeit 1600 Sitzplätze auf 4000 bis 4500 steigen. Vermutlich etwas günstiger wäre ein Kernsanierung der Haupttribüne. Zehn bis 15 Millionen stünden – vor einer genauen Kalkulation - derzeit dafür in der Diskussion. Als vorbildlich gilt aus Sicht von Semler das Gazi-Stadion in Stuttgart-Degerloch. 14,6 Millionen Euro wurden dort in die Sanierung gesteckt. Die Spatzen werden sie kommende Saison vor Ort bewundern können: Die Stuttgarter Kickers stiegen jüngst aus der 3. Liga wieder ab. Trotz neuer Haupttribüne.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden