Bayern hatte die Nase vorn: Bereits im Frühjahr 2018 hatte das evangelische Kirchenparlament in Bayern beschlossen, dass homosexuelle Paare nach ihrer standesamtlichen Trauung auch den kirchlichen Segen bekommen können. Nun ist das auch im Ulmer Münster möglich, die anderen evangelischen Kirchen der Ulmer Gesamtkirchengemeinde wollen nachziehen – wobei kein Pfarrer und keine Gemeinde gezwungen werde, eine Segnung homosexueller Paare anzubieten, sagt der Ulmer Dekan Ernst-Wilhelm Gohl.
Ein freiheitlicher Kompromiss, den er selbst unterstützt. Anmeldungen homosexueller Paare für einen öffentlichen Segnungsgottesdienst im Ulmer Münster sind allerdings noch nicht eingegangen.
Noch keine Anmeldung homosexueller Paare für Segnungsgottesdienst im Ulmer Münster
Der Ablauf eines solchen Gottesdienstes aber ist schon geklärt: Er wird der Trauung heterosexueller Paare ähneln, aber nicht gleich sein. Denn die kirchliche Trauung selbst ist Mann und Frau vorbehalten.
Dass homosexuelle Paare sich für ihre auf ein gemeinsames Leben und auf Dauer angelegte Liebe den Segen Gottes wünschen, kann Ernst-Wilhelm Gohl sehr gut nachvollziehen. Denn die Grundlage für das auf ein ganzes Leben angelegte Zusammenleben eines Paares ist Verlässlichkeit, Vertrauen und die Fähigkeit zu Verzeihen und nach einem Streit neu zu beginnen, sagt der Geistliche – und da bestehen keine Unterschiede in der Liebe gegengeschlechtlicher oder gleichgeschlechtlicher Paare.
„Ein Paar wünscht sich und hat den Willen, für das ganze Leben zusammenzubleiben. Aber manchmal läuft das Leben so ganz anders als man es sich erträumt, und wer in diesem Wissen Gott um seinen Segen und seine Hilfe bittet – das ist etwas durch und durch Christliches“, erklärt der Dekan, der dankbar ist für die vom Oberkirchenrat verabschiedete Ordnung für solche Segensgottesdienste. „Sie gibt Klarheit.“
Andere Bibeltexte bei kirchlichem Segen für schwule Paare
Für die Lesung beispielsweise kommen andere Texte in Frage als für heterosexuelle Paare. „Darum wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und an seinem Weibe hangen (...)“ beispielsweise gehe in diesem Fall natürlich nicht. „Es wird mehr auf Texte abgestellt, in denen es um Liebe und Verbundenheit geht“, erklärt Ernst-Wilhelm Gohl. Er ergänzt: „Der Grundgedanke der Ehe ist es, dass sich zwei Menschen verbindlich versprechen, das Leben zu teilen.“
Bei der Beurteilung von Bibelstellen des Alten Testaments, die Homosexualität verurteilen, müsse man die Gesellschaft jener Zeit vor Augen haben. Ernst-Wilhelm Gohl betont: „Sexualität ist etwas, was in der Schöpfung angelegt ist – und die angelegte Sexualität darf auch gelebt werden.“ Eine große Zahl homosexueller Menschen sei früher an gesellschaftlichen Urteilen zerbrochen.
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