Der Name des Gründungsrektors der Ulmer Universität, Ludwig Heilmeyer, verschwindet langsam aber sicher aus der Öffentlichkeit. Nachdem der Günzburger Stadtrat die Umbenennung der Ludwig-Heilmeyer-Straße einleitete und der Ulmer Ludwig-Heilmeyer-Saal längst Felix-Fabri-Saal heißt, reagierte jetzt auch der Ulmer Gemeinderat. Das Gremium beschloss, die Ulmer die Heilmeyersteige umzubenennen. Grundlage der Entscheidung, die mit drei Gegenstimmen gefällt wurde, war eine Stellungnahme des Ulmer Professors Florian Steger, der sich im Auftrag der Stadträte eingehend mit dem Mediziner befasste. Wörtlich heißt es: „Nimmt man die Würdigung der Biografie Ludwig Heilmeyers zusammen, kann keine Vorbildfunktion erkannt werden. In Anbetracht der kritischen Würdigung seiner Biographie sind vorbildliche Charaktereigenschaften Heilmeyers nicht zu erkennen.“
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Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Thomas Kienle, bezeichnete es als Pflicht der Stadtgesellschaft, auf neue Erkenntnisse über die Namen auf den Straßenschildern zu reagieren. Zu Heilmeyers Aufgaben zählte unter anderem die Aufsicht über die Lager mit sowjetischen Kriegsgefangenen. Damit war Heilmeyer laut Gutachten in leitender Position mitverantwortlich für die katastrophalen Lebensbedingungen und völlig unzureichende medizinische Versorgung der Häftlinge.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges stellte Heilmeyer laut Gutachter Steger sein Wissen über die NS-Verbrechen weder den Alliierten Besatzungsmächten noch der bundesdeutschen Justiz zur Verfügung. Auch in der von seiner Witwe postum veröffentlichten Autobiografie von 1971 habe Heilmeyer keine Bereitschaft für eine kritische Selbstreflexion und Aufarbeitung der NS-Vergangenheit gezeigt.
„Das gehört angeprangert und verurteilt“, sagt Kienle. Straßennamen seien keine Monumente sondern sollten Orientierung geben. Und das nicht nur in geografischer sondern auch weltanschaulicher Sicht. „Wir sind in der Pflicht.“
Warum sollte da ausgerechnet ein Mann wie Heilmeyer diese Ehre erfahren?
„Wir haben über 100000 Bürger“, sagte Michael Joukov-Schwelling (Grüne). „Warum sollte da ausgerechnet ein Mann wie Heilmeyer die besondere Ehre erfahren, dass ein Straße nach ihm benannt wird?“ Bewusst sei er sich, dass den Anwohnern Einiges zugemutet werde. Auf Visitenkarten, in Stadtplänen, Wegbeschreibungen, Firmen- und Privatanschriften bis hin zu Navigationssystemen befindet sich der bisherige Straßenname. Überall müssen Änderungen vorgenommen werden. Eine Umbenennung ziehe für die Betroffenen einen zeitlichen, sachlichen und finanziellen Aufwand nach sich.
Dagmar Engels (SPD) betonte, dass es auf der anderen Seite auch eine Belastung sei, eine Adresse zu haben, die nach einem Menschen benannt ist, der Dienste für die NS-Rassenpolitik verrichtete. Und sich mit dem „Schlächter von Polen“ vergnügte. Heilmeyer habe sich nämlich mit dem verurteilten Kriegsverbrecher Hans Frank regelmäßig zum Schachspiel in Krakau getroffen.
"Das ist doch ein Bildersturm.“
Als einziger Gegner der Umbenennung meldete sich Erik Wischmann (FDP) zu Wort. „Das ist doch ein Bildersturm.“ Es sei ja nicht die Rede von einem mächtigen Nazi wie Göring, er sei ja schließlich nur ein Opportunist gewesen. „Müsste man jetzt nicht auch Wilhelmshaven umbenennen“, fragte Wischmann. Der Preußenkönig und spätere Kaiser Wilhelm I. ist schließlich der Namensgeber der norddeutschen Stadt.
Die eigentliche Umbenennung soll im Dezember kommenden Jahres im Rahmen des Fahrplanwechsels umgesetzt werden. Zuvor werden die betroffenen Anlieger informiert und aufgefordert etwaige Einwände vorzubringen. Eine Ausstellung vor Ort in der Heilmeyersteige soll zusätzlich über die Gründe der Umbenennung informieren Und auch gleich den neuen Namensgeber thematisieren. Wie die Heilmeyersteige künftig heißen wird, ist offen. Bürger können Vorschläge einreichen.