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Ulm: Heeresmusikkorps in Ulm: Sogar die Demonstranten hören zu

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Heeresmusikkorps in Ulm: Sogar die Demonstranten hören zu

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    Draußen gab es kleinere Proteste, drinnen verlief alles nach Plan: Das Heeresmusikkorps Ulm lockte zahlreiche Besucher in die Pauluskirche.
    Draußen gab es kleinere Proteste, drinnen verlief alles nach Plan: Das Heeresmusikkorps Ulm lockte zahlreiche Besucher in die Pauluskirche. Foto: Adam Kapalla

    Kurz vor Beginn des Advents-Benefizkonzerts des Heeresmusikkorps in der Pauluskirche ging Bundeswehr-Pressesprecher Hagen Messer zu der kleinen Handvoll Aktivisten, die vor der Kirche das Ende solcher Auftritte des Heeresmusikkorps forderten. Er lud sie ein, in die Kirche zu kommen und dem Konzert zuzuhören – was diese auch taten. Als souveräne und kluge Reaktion lobt der Ulmer Dekan Ernst-Wilhelm Gohl die Einladung. Gohl sieht den Lösungsweg für den Konflikt in einem Zusammensetzen. „Damit diese Leute erkennen, dass ihr Bild von der Bundeswehr nicht der Realität entspricht.“ Das Adventskonzert selbst, das letzte in der Reihe der vorweihnachtlichen Konzerte des Heeresmusikkorps in Süddeutschland, verlief dann in der voll besetzten Pauluskirche – anders als Anfang Dezember in Fellbach – vollkommen friedlich.

    Generalmajor sagt in Ulm: Konzerte sind ein Dank an die Bevölkerung

    Die Benefizkonzerte des Heeresmusikkorps seien ein Dank an die Bevölkerung, sagte der Standortälteste der Bundeswehr, Generalmajor Kai Rohrschneider. Man werde sie veranstalten, solange die Bevölkerung das will. Unter ihrem Interimsleiter Dominik Koch spielte das sinfonische Blasorchester gemeinsam mit zwei Musikstudentinnen des Augsburger Leopold-Mozart-Zentrums adventliche Arrangements wie Georg Friedrich Händels „Tochter Zion“, „Venite adoremus“ und „Macht hoch, die Tür“, dazu auch sinfonische Arrangements wie „Amazing Grace“ und John Mackeys romantische „Hymn to a Blue Hour“. Für Koch, der die Leitung des Heeresmusikkorps zum Januar an Lutz Bammler übergeben wird, war es das erste Adventskonzert in Ulm; er dirigierte die Musiker etwas weicher als sein Vorgänger Matthias Prock, der als Leiter des neu aufgestellten Marinemusikkorps nach Wilhelmshaven ging.

    Zwischen den Musikstücken erzählte Flötist Thomas Schütte humorvoll und anrührend eine Weihnachtsgeschichte aus heutiger Zeit – vom Besuch in Bethlehem und Nazareth, von den Mariendarstellungen aus aller Welt in der Verkündigungsbasilika von Nazareth, von Juden, Muslimen und Christen, von Mauern und davon, dass Jesus nie geboten hat: „Hasse deinen Nachbarn und schieße auf ihn.“

    Der Ulmer Spatzen Chor hat nicht wegen der Proteste abgesagt

    Nicht dabei war diesmal der Ulmer Spatzenchor. Matthias Prock und Hans de Gilde widersprechen jedoch, wenn die Aktivisten der „Initiative Musiker*innen gegen Auftritte der Bundeswehr-Musikkorps“ auf ihrer Homepage als großen Erfolg betonen, die Spatzen hätten sich aufgrund ihrer Proteste zurückgezogen. Ihn und de Gilde verbinde eine echte Freundschaft, sagt Matthias Prock, inzwischen Fregattenkapitän, aber noch immer mit einem Wohnsitz in der Region Ulm. „Hans de Gilde und ich wollten immer, dass unsere Ensembles bei solchen Konzerten nicht im Wechsel musizieren, sondern gemeinsam. Es gibt aber genau zwei Kompositionen für Mädchenchor und sinfonisches Blasorchester, sodass es ein riesiger Aufwand war, immer wieder neue Arrangements zu setzen.“ Man habe sich geeinigt, diesen Aufwand in diesem Jahr nicht zu betreiben, als sein Weggang klar war, erklärt Prock. Das Gleiche bestätigt de Gilde. „Wir warten jetzt auf den neuen Leiter. Meine Sängerinnen vermissen die Auftritte mit dem Heeresmusikkorps und sagen immer, sie seien so schön gewesen.“

    Dekan Gohl hält angesichts der „absurden Darstellung“ im offenen Brief der Aktivisten als ersten Schritt für notwendig, die Empörung abzurüsten und einander zuzuhören. Man könne als individuelle Person für oder gegen die Bundeswehr sein, sagt Gohl. Eine moralische Überhebung, die das eigene Weltbild aber zum Absoluten erklärt, lehnt er ab. „Die Bundeswehr ist eine demokratisch legitimierte Armee. Das Bild, das die Aktivisten haben, stimmt nicht.“ Die Bundeswehr leiste ihren Beitrag für die Gesellschaft, sagt Gohl, und die Benefiz-Adventskonzerte sprechen sehr viele Besucher an. „Wir leben nicht im Paradies.“ Entsetzt habe ihn die Behauptung der Aktivisten, es sei „Missbrauch von Kindern“, wenn die Spatzen gemeinsam mit dem Heeresmusikkorps auftreten. „Das ist ein Schlag ins Gesicht aller tatsächlich missbrauchten Kinder“, sagt Gohl. „Das ist zynisch gegenüber wirklich missbrauchten Kindern.“

    Am Sonntag, 26. Januar, um 17 Uhr führt das Heeresmusikkorps Ulm mit zwei Schweizer Chören im CCU Karl Jenkins’ Friedensmesse „The Armed Man“ auf.

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