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Ulm: Hat sich das Opfer die Vergewaltigung nur eingeredet?

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Hat sich das Opfer die Vergewaltigung nur eingeredet?

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    Hat sich das Opfer die Vergewaltigung nur eingeredet?
    Hat sich das Opfer die Vergewaltigung nur eingeredet?

    Weil im am Landgericht laufenden Vergewaltigungsprozess Zweifel an der Glaubwürdigkeit des vermeintlichen Opfers aufkamen, wird die Beweisaufnahme der ersten Großen Strafkammer fortgesetzt. Die Richter kamen einem Antrag der Verteidigerin nach und laden einen psychiatrischen Sachverständigen zum weiteren Verfahren. Er soll die Glaubwürdigkeit der ehemaligen Verlobten des heutigen Angeklagten prüfen und bewerten, ob sich die Frau die ganzen Vorfälle ausgedacht haben könnte.

    Mehrere zusätzliche Sitzungstage sind jetzt eingeplant, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Am ersten Verhandlungstag am Montag, 11. November, hatte die Studentin als einzige Zeugin gegen ihren Ex-Freund ausgepackt, mit dem sogar eine Hochzeit geplant war. Die 24-jährige Frau erzählte von ihrer großen Liebe zu dem 22-jährigen Angeklagten, den sie in einem Ulmer Fitnessstudio kennen gelernt hatte. Doch bald, so erzählte die junge Frau, sei es zu Streitigkeiten gekommen. Sie habe immer wieder gewaltsame Übergriffe erlebt, die laut Anklage in einer Vergewaltigung gipfelten. Trotzdem habe sie immer noch die Nähe zu ihrem früheren Partner gesucht. „Ich lebte in einem Wechselbad der Gefühle“, sagte die 24-Jährige. Vor der Großen Strafkammer sprach sie von jahrelangen Depressionen und einer posttraumatische Störung, die immer wieder ärztlich behandelt werden mussten. Auch habe sie unter massiven Essstörungen gelitten.

    22-Jähriger stehen wegen Vergewaltigung vor dem Landgericht Ulm

    Auch nachdem ihr damaliger Freund sie im Mai 2017 über Nacht in seiner Pensionswohnung eingesperrt hatte und sie immer wieder tätlich angegriffen wurde, ging sie nicht zur Polizei. Als sie im Juni 2017 bei einer gemeinsamen Begegnung vom Angeklagten laut Anklage einen schmerzhaften Kopfstoß bekam, ging die Frau auf Anraten ihres Vaters doch zur Polizei und zeigte den Ex-Verlobten an. Sie schilderte auch, dass der Angeklagte gegen ihren Willen mit ihr geschlafen habe. Erst der Beamte habe sie aufgeklärt, dass es sich dabei ihrer Beschreibung zufolge um eine Vergewaltigung gehandelt habe.

    Als alle geladenen Zeugen ausgesagt hatten, sollte die Beweisaufnahme eigentlich am Montag, 18. November, abgeschlossen werden. Aber die Verteidigerin stellte den Antrag, einen psychiatrischen Gutachter hinzuzuziehen, der die ganzen Erkrankungen der Studentin beurteilen und ihre Glaubwürdigkeit prüfen soll. Für die Verteidigerin ist das vermeintlichen Opfer in einer derart labilen psychischen Verfassung, dass sie sich die Vorfälle möglicherweise selbst eingeredet haben könnte.

    Der Antrag auf Weiterverhandlung wurde sowohl vom Staatsanwalt als auch von der Nebenklägerin abgelehnt: Ein weiteres Gutachten hätte keinerlei Beweiskraft. Die Richter kamen aber nach mehrtägiger Prüfung des umfangreichen Verteidigerantrags nun aber zu einer anderen Auffassung. Der Vorsitzende der Kammer begründete die Herbeiziehung eines weiteren psychischen Gutachters damit, dass die Sachkunde des Gerichts nicht ausreiche, um die psychischen Hintergründe zu bewerten.

    Der Prozess wird am Montag, 23. Dezember um 11 Uhr im Schwurgerichtssaal fortgesetzt.

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