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Ulm: Giftanschlag auf fünf Babys in Ulm: Jüngstes Opfer war einen Tag alt

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Giftanschlag auf fünf Babys in Ulm: Jüngstes Opfer war einen Tag alt

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    Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft und des Polizeipräsidiums Ulm gaben die Ermittler die bisherigen Ermittlungsergebnisse und den aktuellen Sachstand bekannt.
    Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft und des Polizeipräsidiums Ulm gaben die Ermittler die bisherigen Ermittlungsergebnisse und den aktuellen Sachstand bekannt. Foto: Alexander Kaya

    Nachdem die Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen eine Krankenschwester der Säuglingsstation der Uniklinik wegen des Verdachts des versuchten Totschlags an Frühgeborenen in fünf Fällen erlassen hat, wurden am Donnerstag neue Details bekannt gegeben. Wie Christof Lehr, Leitender Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Ulm, bei einer Pressekonferenz sagte, seien die Neugeborenen zwischen einem Tag und fünf Wochen alt gewesen.

    Das jüngste Opfer war nur einen Tag alt

    Das Morphin sei vermutlich bei der Fütterung der Kleinen per Muttermilchspritze verabreicht worden. Die Verdächtige sei eine "junge Frau" und hätte im Beisein ihres Verteidigers umfassende Angaben gemacht, bestreite allerdings die Tat. Derzeit befinde sie sich wegen Fluchtgefahr in einer Justizvollzugsanstalt. Die fünf Babys hätten sich in "akuter Lebensgefahr" gefunden, seien inzwischen aber wohlauf. Das Morphin werde auf der Sektion Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin der Uniklinik in einem Tresor aufbewahrt. Es werde zur Behandlung der Babys von drogensüchtigen Müttern sowie zur Schmerzlinderung eingesetzt. Es gebe Hinweise im "Arzneimittelbuch", in dem die Verwendung der gefährlichen Medikamente genau dokumentiert werde, auf einen Fehlbestand. Gegenstand der Ermittlungen ist auch, wer alles Zugriff auf den Tresor hat. Bis zu 35 Polizisten seien Teil einer Ermittlungsgruppe gewesen.

    Spritze mit Muttermilch und Morphin entdeckt

    Warum wegen Totschlags und nicht Mord ermittelt werde, erklärte Peter Staudenmaier, der zuständige Ermittler. Eines der Mordmerkmale, Heimtücke, könne bei Babys grundsätzlich nicht erfüllt werden. Der Bundesgerichtshof habe mehrfach entschieden, dass zu Säuglingen kein Vertrauensverhältnis im justiziablen Sinne aufgebaut werden könne, was Heimtücke ausschließe. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass noch ein Mordmerkmal entdeckt werde: ein niedriger Beweggrund.

    Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft und des Polizeipräsidiums Ulm gaben die Ermittler die bisherigen Ermittlungsergebnisse und den aktuellen Sachstand bekannt.
    Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft und des Polizeipräsidiums Ulm gaben die Ermittler die bisherigen Ermittlungsergebnisse und den aktuellen Sachstand bekannt. Foto: Alexander Kaya

    Der Verdacht des versuchten Totschlags beinhalte, dass die Beschuldigte den Tod der Kleinen zumindest billigend in Kauf genommen hatte. In der Nachtschicht der Giftattacke hatten nach Angaben von Lehr sechs Personen Dienst: Vier Krankenschwestern und zwei Ärztinnen. Aber nur eine Krankenschwester steht unter Verdacht: Bei einer Durchsuchung wurde wie berichtet in einem Spind in der Umkleide des Klinikums eine Spritze mit Muttermilch gefunden, die nach den ersten Ergebnissen der kriminaltechnischen Untersuchung im Landeskriminalamt Baden-Württemberg Morphin enthält.

    Vorwürfe gegen Krankenschwester: Gibt es noch mehr Fälle?

    Ob die Verdächtigte in Zusammenhang mit früheren derartigen Fällen steht, konnte Lehr nicht ausschließen. Es werde aber in dieser Richtung ermittelt, auch wenn es keine konkreten Anhaltspunkte gebe. Gegenstand der Ermittlungen sei auch die Möglichkeit, dass der Beschuldigten die Giftspritze "untergeschoben" wurde um eine falsche Spur legen. Lehr: "Wir stehen bei den Ermittlungen erst am Anfang." Sachverständige werden in diesem Zusammenhang auch den geistigen Zustand der Frau untersuchen. Polizeilich in Erscheinung getreten sei sie bisher nicht.

    Dass die Behörden erst Wochen nach den Vorfällen eingeschalten wurden, erklärte die Staatsanwaltschaft so: Erst nachdem die vermutete Ursache – eine Infektion – nach vielen Tests ausgeschlossen werden konnte, reifte in der Uniklinik der Verdacht. Das Universitätsklinikum Ulm hatte am Freitag, 17. Januar, bei der Polizei Ulm Strafanzeige gegen unbekannt wegen des Verdachts des versuchten Totschlags gestellt.

    Am Donnerstagnachmittag will sich noch das Klinikum äußern.

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