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Ulm: Drogeriekönig Erwin Müller gibt nach - Wöhrl klagt erfolgreich

Ulm

Drogeriekönig Erwin Müller gibt nach - Wöhrl klagt erfolgreich

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    Die potenziellen Kunden standen am Mittwoch bei Abt vor verschlossenen Türen. Ob der Inhaber Erwin Müller nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts wieder öffnet, ist offen.
    Die potenziellen Kunden standen am Mittwoch bei Abt vor verschlossenen Türen. Ob der Inhaber Erwin Müller nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts wieder öffnet, ist offen. Foto: Alexander Kaya

    Der Druck der Stadt Ulm hatte offenbar Erfolg: Nachdem der Drogeriekönig Erwin Müller das zu seinem Konzern gehörende Haushaltswarengeschäft Abt in den vergangenen zwei Tagen, entgegen gültigen Corona-Verordnungen, öffnen ließ, standen die Kunden am Mittwoch vor abgesperrten Türen. „Sehr geehrte Kunden, die Filiale bleibt vorübergehend geschlossen!“, steht auf an die Schiebetür geklebten DIN-A4-Zetteln. Wöhrl aber, macht auf.

    Wie berichtet, hatte Ulms OB Gunter Czisch auf die Einsicht des Unternehmens gesetzt. Offenbar mit Erfolg. Der Frust bei Müller sitzt dennoch tief.

    Corona-Verordnung: Drogeriekönig Erwin Müller ruft an und beschwert sich

    Der Milliardär ist Leser unserer Zeitung und konnte es sich nicht verkneifen, den Autor des gestrigen Kommentars persönlich zu beleidigen. So griff der 87-Jährige zum Telefon und bezeichnete mit leiser Stimme die Berichterstattung als primitiv. Der Autor habe zudem die Bezeichnung Journalist nicht verdient. Nachfragen ließ Müller nicht zu, er legte nach seiner Schimpftirade lieber auf. Ein bekanntes Muster: Auch im Zusammenhang über kritische Berichterstattung zu seinem Umgang mit Betriebsräten und „dubioses Geschäftsgebaren“ (Stern) griff Müller Journalisten verbal an.

    Textilhändler Wöhrl klagt gegen Corona-Verordnung - und darf in Ulm öffnen

    Einen anderen Weg als Müller wählte der Textilfilialist Wöhrl für seine Ulmer Filiale. Anstatt gleich zu öffnen wie der Drogeriemogul erstritt sich das Unternehmen das Recht auf Öffnung vor dem Verwaltungsgericht in Sigmaringen. Die Richter entschieden, dass die Corona-Verordnung eine Öffnung eines Einzelhandelsgeschäfts zulässt, das eine Verkaufsfläche von höchstens 800 Quadratmetern durch Abtrennung von der eigentlich größeren Verkaufsfläche für den Publikumsverkehr bereitstellt.

    Wöhrl, das wohl älteste Haus in der Ulmer Hirschstraße, klagte erfolgreich eine Öffnung von Teilbereichen ein.
    Wöhrl, das wohl älteste Haus in der Ulmer Hirschstraße, klagte erfolgreich eine Öffnung von Teilbereichen ein. Foto: Alexander Kaya

    Wöhrl hatte in Ulm bereits am Mittwoch wieder geöffnet

    Wöhrl in der Hirschstraße hatte am Mittwoch im Erdgeschoss auch prompt wieder geöffnet. Das Unternehmen begrüßt auf Anfrage den Beschluss des Verwaltungsgerichts und hält es für einen wichtigen Beitrag zur Gleichberechtigung im Einzelhandel während der Corona-Krise.

    Wie groß die Signalwirkung ist, steht in den Sternen: Wöhrl hat nach eigenen Angaben auch Klage auf teilweise Öffnung des Haupthauses in Nürnberg eingereicht. Hier stehe ein Beschluss noch aus. Eine Öffnung von Teilflächen steht laut Argumentation der Richter nicht im Widerspruch zum Zweck der Norm – nämlich der Vermeidung einer Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus aufgrund von überfüllten Innenstädten.

    Corona-Regelung sieht keine Öffnungen von Teilbereichen vor

    Damit hat die Stadt Ulm, was sie eigentlich ausdrücklich vermeiden wollte: zeitaufwendige rechtliche Verfahrensschritte. Vermutlich werden nun auch Großgeschäfte wie Kaufhof Galeria oder Sport-Sohn anstreben, Teile zu öffnen. Einen Anfang machte bereits der Sportriese Decathlon, der seine Fahrradabteilung im Blautal-Center wieder für Publikumsverkehr zuließ. Nachdem die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut ausdrücklich im Zuge der Vorstellung der „Richtlinie zu den Voraussetzungen der Öffnung im Einzelhandel“ betonte, dass Abtrennungen und Teilöffnungen von Verkaufsflächen nicht zugelassen sind, ist auch eine Neufassung der Regeln denkbar.

    Denn ob es insgesamt rechtswidrig ist, dass größere Geschäfte geschlossen bleiben müssen – zum Beispiel, weil das gegen das im Grundgesetz festgelegte Gleichbehandlungsgebot verstoßen könnte –, ließen die Richter nämlich offen. Die Industrie- und Handelskammer Ulm (IHK) begrüßt das Urteil: "Es wurde höchste Zeit, die bislang bestehenden Wettbewerbsverzerrungen aus dem Weg zu räumen. Damit gibt es nun zumindest etwas fairere Bedingungen für unseren Handel“, kommentiert Max-Martin W. Deinhard, Hauptgeschäftsführer der IHK Ulm.

    Der Ulmer Citymanager Stefan Greiner spricht sich grundsätzlich für Teilöffnungen aus. „Das wäre schön.“ Das Verhalten von Müller – eine Firma, die genauso wie Abt Mitglied in der Werbegemeinschaft ist – möchte er nicht kommentieren. Bei den Ulmer Händlern sei nach vier Wochen Shutdown zumindest wieder etwas Optimismus und eine langsame Rückkehr zur Normalität zu erkennen. „Die ersten Tage danach waren eigentlich ganz ordentlich“, sagt Tim Klamser.

    Das Buch "Die Pest" wird gekauft wie nie

    Zusammen mit anderen Ulmer Händlern beteiligt sich das Sportgeschäft am Projekt „Ulmer City Kurier“, das noch bis 30. April läuft. Knapp 900 Lieferungen stellten die Kuriere in den vergangenen Wochen zu. Rasmus Schöll von der Buchhandlung Aegis lieferte allein 250 Exemplare des Romans „Die Pest“ von Albert Camus aus. Eine „schöne Hilfe“ sei der City Kurier für sein Buchgeschäft. Doch die Umsatzeinbrüche seien dennoch enorm.

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