Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Ulm/Dornstadt: Versuch: Anhänger trotzt dem künstlichen Sturm

Ulm/Dornstadt

Versuch: Anhänger trotzt dem künstlichen Sturm

    • |
    Mit voller Kraft blasen drei Hochleistungslüfter einen Windstrom mit einer Geschwindigkeit von 180 Stundenkilometern gegen einen Leichtbau-Lastwagen-Anhänger, doch er ist nicht umzuwerfen.
    Mit voller Kraft blasen drei Hochleistungslüfter einen Windstrom mit einer Geschwindigkeit von 180 Stundenkilometern gegen einen Leichtbau-Lastwagen-Anhänger, doch er ist nicht umzuwerfen. Foto: Wilhelm Schmid

    Drei riesige Hochleistungs-Lüfter, die sonst bei der Feuerwehr dazu verwendet werden, große Gebäudekomplexe wie Industriehallen oder Tiefgaragen rauchfrei zu machen, stehen auf dem Betriebshof der Autobahnmeisterei in Dornstadt nebeneinander. Vier Meter davor befindet sich ein leerer Lastwagen-Anhänger der Leichtbau-Sorte und „wartet“ darauf, von den bis zu 180 Stundenkilometer Windgeschwindigkeit erzeugenden Lüfterrädern umgeblasen zu werden. Doch sowohl die Fotografen und Fernsehteams als auch die Veranstalter des Versuchs warten vergeblich: Sogar als die Plane auf der den Turbinen zugewandten Seite geöffnet wird, lässt sich der Anhänger nicht von der Stelle bewegen. Er wackelt zwar, aber er bleibt stehen, auch als zwei kräftige Männer die Wackelbewegungen des Hängers unterstützen und damit ein Hochschaukeln auslösen wollen.

    Schließlich werden die Lüfter abgeschaltet und es ist bewiesen: Nur in voller Fahrt ließe sich das Gespann umwerfen. Zehntausend Lastzüge mit Zwölf-Tonnen-Leichtbau-Anhängern sind auf Deutschlands Straßen unterwegs und sie haben ein spezielles Problem: Bei Seitenwind geraten sie oft nicht nur aus der Spur, sondern sie werden buchstäblich umgeblasen und verursachen damit erhebliche Schäden. Allein in Sachsen-Anhalt riss der Sturm „Niklas“ am 31. März 2015 gleich 13 Lastzüge oder deren Anhänger um.

    Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hatte deshalb ein umfangreiches Forschungsprojekt durchgeführt und wollte die Computer-Simulationen nun in der Praxis veranschaulichen, doch wie so oft sind Theorie und Praxis zwei verschiedene Paar Stiefel.

    Siegfried Brockmann, bei der „Unfallforschung der Versicherer“ in der GDV für das Projekt zuständig, zieht trotz oder gerade wegen der Tatsache, dass der Anhänger stehen geblieben ist, das Fazit: Die Forderung der GDV, dass Lastwagen mit Leichtbauanhängern ab einer gewissen Windgeschwindigkeit Parkplätze aufsuchen und dort stehen bleiben müssen, soll nach seiner Ansicht als Zusatz in den Paragrafen 2 der Straßenverkehrsordnung aufgenommen werden. Die Problematik wird aus Sicht der GDV-Fachleute dadurch verschärft, dass die Zwölftonner auch mit dem „alten“ Klasse-3-Führerschein, also dem für Pkw, gelenkt werden dürfen und deshalb nicht immer erfahrene Leute am Steuer sitzen. Dazu kommt, dass diese Fahrzeug- oder Hängerbauform von Speditionen sehr gerne genutzt wird, weil sie im Vergleich zum sonst üblichen 40-Tonnen-Lastzug deutlich weniger Spritverbrauch aufweist und für manche Ladungen wie Dämmstoffe, Styropor oder Leergutflaschen angesichts des großen Volumens und geringen Gewichtes besser geeignet ist. Der „Umblas-Versuch“ hat somit bewiesen: Leicht-Lastwagen-Gespanne sollten bei starkem Sturm wie ein Segelschiff einen „sicheren Hafen“ in Form eines Parkplatzes anfahren und abwarten, bis sich die Lage beruhigt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden