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Foto: Tobias Hase, dpa
Foto: Tobias Hase, dpa

Strauß geht immer: Schauspieler und Kabarettist Helmut Schleich mimt den früheren Ministerpräsidenten.

Ulm
15.04.2019

Die herrlich unkorrekte Ein-Mann-Show des Helmut Schleich

Von Ralph Manhalter

Der Kabarettist teilt im Ulmer Stadthaus in viele Richtungen aus und verschont dabei auch den Veranstaltungsort nicht.

Dieser Auftritt wird Helmut Schleich wohl noch lange in Erinnerung bleiben: Die Diskussionen um die Errichtung des Ulmer „Meier-Baus“ waren seinerzeit bis nach München geklungen. Vergangenen Samstag konnte sich der Künstler erstmals selbst von der Qualität und Nutzbarkeit dieses architektonischen Leuchtturmprojekts überzeugen. Das Fazit des Kabarettisten fiel bescheiden aus: Der Veranstaltungsraum sei nur bedingt als Bühne geeignet und die winzige Künstlergarderobe habe den Standard einer Besenkammer. Abgesehen von einer kurzen Anspielung ließ sich der bekannte Kabarettist die Verwunderung über die außergewöhnliche Örtlichkeit jedoch nicht anmerken. Und auch das wäre nicht nötig gewesen, denn die gut zwei Stunden voller Spitzen, Pointen und hintersinnigen Gedanken, die Schleich im vollbesetzten Saal darbot, waren kaum zu steigern. Seit Mai 2018 gastiert der Münchner Künstler mit seinem Programm „Kauf Du Sau!“ im deutschsprachigen Raum. Aber nicht nur die moderne Konsumgesellschaft stand im Fokus der kabarettistischen Betrachtungen. Eine Art Rundumschlag aus bayerischer Sicht beleuchtete so manche Verirrung der zeitgenössischen Gesellschaft.

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Dabei kam Schleich die politisch diffizile Weltlage ein wenig zur Hilfe. Nicht nur, dass er mit dem „New Yorker Immobiliengecko mit Hamsterfell auf dem Kopf“ den europäischen Blick auf den derzeitigen US-Präsidenten charakterisierte, auch die deutsche, respektive die bayerische Politik fand wenig Gnade: „Söder sei die Steigerungsform von Soda“.

Helmut Schleich im Stadthaus Ulm: Die Paraderolle Franz Josef Strauß darf nicht fehlen

Der spartanische Bühnenaufbau vor einem weißen Vorhang tat dem ironischen, sarkastischen, aber niemals verletzenden Feuerwerk der Weltanalyse keinen Abbruch. Schleich, der es wie kaum ein anderer vermag, innerhalb kürzester Zeit in verschiedene Rollen zu schlüpfen, überraschte das Publikum durch Imitationen von Dieter Hallervorden bis zu Papst Benedikt. Die Ein-Mann-Show geriet dadurch zu einem wahren Areal der Konversation und Kommunikation. Ein immer wiederkehrender Aufhänger des Programms war dann auch die übertriebene „Political Correctness“ mit all ihren, teilweise absurden Erscheinungsformen. Etwa wenn der eineinhalbjährige Finn-Salvator (!) auf dem Arm seines Lifestyle-durchtränkten, ernährungs- und umweltbewussten Vaters in der Bäckerei gezwungen wird, ein laktose- und glutenfreies Vollkorn-Dinkelbrötchen einer Schokobanane zu bevorzugen. Diese übertriebenen Irrungen in der Gesellschaft fanden beim Publikum reichlich Anklang. Auch die Genderproblematik wurde, natürlich politisch herrlich unkorrekt, nicht ausgespart: „Wie soll es dann bald heißen? Prostatapatient*innen?“ resümierte Schleich nachdenklich.

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Selbstverständlich fehlte auch die Paraderolle des Kabarettisten nicht: Den Körper etwas sacken gelassen, Kinn auf die Brust und damit den Hals unsichtbar gemacht, aus der Ferne sah Schleich tatsächlich Franz-Josef-Strauß zum Verwechseln ähnlich. Und wieder war es Söder, dem in Personalisierung des 1988 verstorbenen Politikers die Leviten gelesen wurden: Ein Ministerpräsident aus den fränkischen Kolonien könne nicht gut gehen. Die Engländer würden doch auch keinen Kenianer zum König machen. Obwohl knapp hinter den weißblauen Landesgrenzen, verstand man diese Form von Humor nur allzu gut. Da es neuerdings wohl „in“ sei, irgendwelche „Merch-Produkte“ zu vermarkten, habe Schleich sich entschlossen, im Anschluss eine Einkaufstasche anzubieten – auf Wunsch auch mit Unterschrift. Dieses Angebot wurde reichlich angenommen, was nicht zuletzt an der, mit Großbuchstaben gedruckten Aufforderung lag: „KAUF DU SAU!“

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