Dem Schneider von Ulm war es nicht vergönnt, über der Donau zu schweben – Fallwinde, von denen man beim Besuch von König Friedrich I. im Jahr 1811 noch nichts wusste, führten zu seinem Absturz. Die ersten Teile vom Berblinger-Turm an der Donau, der ein neues Wahrzeichen der Stadt Ulm werden soll, schwebten aber gestern Morgen am hohen Kran: Zwei Drittel des Turmes, etwa 20 Tonnen schwer, wurden von Fahrzeugen per Kran auf die Fläche an der Adlerbastei abgeladen, weitere Teile werden im Lauf der Woche antransportiert. Die Montage des Turmes geschieht hinter Absperrgittern, auf Platten, die bereits am Wochenende auf dem Boden bei den Platanen und Kastanien der Wiese ausgelegt worden waren.
Der Turm für den Berblinger wird an der Donau montiert
Milica Jeremic, Leiterin des städtischen Gebäudemanagements, ist froh über die Pünktlichkeit der Fertigung der Teile: Sogar der ursprüngliche Einweihungstermin im Mai hätte gehalten werden können, wäre nicht die Corona-Epidemie gekommen. Nicht nur alle Teile des Turms sind fertig, sondern auch die narrative Installation, die Besuchern die Geschichte Berblingers während der Besteigung des Turms erzählen und nachvollziehbar machen wird, ist komplett und funktioniert; der Turm wird zwischen Ende Mai und Anfang Juni fertig montiert sein. Auch finanziell, schätzt die Ingenieurin, wird man im Rahmen der – zuletzt veranschlagten – 750000 Euro bleiben. „Wir halten die schwarze Null“, sagt sie.
Die Eröffnung, nach Corona-bedingten Verlegungen dann exakt auf den 250. Geburtstag Berblingers am 24. Juni terminiert, muss wegen einer Stadtratssitzung noch um einen Tag nach hinten verschoben werden, berichtet Milica Jeremic. Die Einweihungsfeier des Turmes soll nun am 25. Juni stattfinden – und kann wegen der Epidemie wohl nur mit einem Kreis von geladenen Gästen, die den vorgeschriebenen Abstand wahren müssen, auf der Gesamtfläche der Wiese um den Turm begangen werden. Ob es dabei französischen Champagner und württembergischen Trollinger geben wird – wie Johannes Schweikle den königlichen Besuch 1811 in seinem Berblinger-Roman „Fallwind“ beschrieb, der zu Berblingers Absturz führte – steht noch in den Sternen.
30 Personen dürfen gleichzeitig auf den Ulmer Berblinger-Turm
Gesichert ist, dass die Wendeltreppe des geneigten Turms ab der Einweihung bestiegen werden darf. Im Normalfall dürfen sich maximal 30 Personen gleichzeitig auf dem Turm aufhalten, was ein Drehkreuz regeln wird. Die maximale Besucherzahl für die Zeit der Epidemie muss nach dann jeweils geltenden Abstandsregeln festgelegt werden. Die Windverhältnisse an der Donau, die so ganz anders sind als bei Berblingers gelungenen Flugversuchen am Michelsberg, werden die Stadt noch länger beschäftigen: Ein Jahr lang wird man das Schwingungsverhalten des Turmes beobachten und die Windverhältnisse messen.
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