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Ulm: Die Pentagon-Connection der Uni Ulm

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Die Pentagon-Connection der Uni Ulm

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    Im Pentagon, dem Hauptsitz des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums, profitiert das Militär auch von Forschungsergebnissen die im Auftrag an der Universität Ulm oder dem Universitätsklinikum in Ulm erarbeitet wurden.
    Im Pentagon, dem Hauptsitz des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums, profitiert das Militär auch von Forschungsergebnissen die im Auftrag an der Universität Ulm oder dem Universitätsklinikum in Ulm erarbeitet wurden. Foto: Liu Jie/dpa

    Für den Ulmer Theologe, Religionslehrer und Friedensaktivisten Rainer Schmid ist es kaum zu ertragen: Die Universität Ulm lässt sich ihre Forschung immer wieder vom US-Militär bezahlen. Schmid fordert die Uni Ulm deshalb im Rahmen der derzeit stattfinden „Ulmer Friedenswochen“ auf, endlich eine „Zivilklausel“ zu beschließen. Eine derartige Selbstverpflichtung würde militärisch nutzbare Forschung verbieten.

    Mitverantwortung für den Frieden auf der Welt

    Schmid: „Gerade Wissenschaftler tragen eine Mitverantwortung für den Frieden auf der Welt.“ In Vorträgen über die Rüstungs- und Militärregion Ulm macht das Mitglied der Gruppe „Friedensbewegt

    Auf Anfrage unserer Zeitung bestätigt die Universität Ulm, dass das Uni-Projekt „Optimizing Near-Interface Thermal Conductivity Of Nanocrystallyne Diamond Thin Films“ über „verschlungene Pfade“ durch das US-Verteidigungsministerium gefördert wird. Ein ehemaliger Mitarbeiter des Instituts für Elektronische Bauelemente und Schaltungen habe das Projekt betreut und die Förderung an Land gezogen. „Es ist längst abgeschlossen und ein Folgeprojekt ist nicht geplant“, sagt Pressesprecherin Annika Bingmann.

    Mit Mitteln des US-Verteidigungsministeriums

    Aktuell könne die „Drittmittelabteilung“ der Universität kein Projekt finden, das mit Mitteln des US-Verteidigungsministeriums gefördert wird. Neben der genannten Arbeit habe es nach Auskunft von Bingmann in der Vergangenheit zwei weitere Projekte gegeben, die vom Army Research Office/DARPA gefördert worden seien. In beiden Fällen habe die Koordination nicht bei der Universität Ulm, sondern bei einer ausländischen Hochschule gelegen. Auch diese bereits abgeschlossenen Forschungsvorhaben sei der Grundlagenforschung zuzuordnen, die einen doppeltem Nutzen habe, also auch der Zivilgesellschaft nutze. In jedem Fall werde an der Uni Ulm nicht zu Kriegswaffen oder ähnliches geforscht.

    US-Militär ist interessiert an Wissen über Posttraumatischen Belastungsstörungen

    Wie das Universitätsklinikum Ulm auf Nachfrage bestätigt, gibt es derzeit ein Projekt der Traumaforschung, das vom Office of Naval Research Global (ONRG) gefördert wird. Das ONRG führt wissenschaftliche Forschung im Namen der US-Marinestreitkräfte (Navy) durch. Das ONRG stellt nach Angaben des Uniklinikums insgesamt 177677 US-Dollar (161526 Euro) zur Verfügung. Wie Professor Stefan Reber, der Leiter der Sektion für Molekulare Psychosomatik der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm, auf Anfrage schriftlich betont, würde von den Erkenntnissen „die Allgemeinheit und keinesfalls nur das (US-)Militär profitieren“.

    Reber erforscht seit Jahren unter anderem die zu Grunde liegenden Mechanismen von Posttraumatischen Belastungsstörungen, wie sie etwa Soldaten nach Einsätzen in Kriegsgebieten erleiden. Die Entstehung von stressinduzierter Angst und spontaner Darmerkrankung in männlichen Labormäusen konnte etwa durch Verabreichung eines bestimmten Bakteriums verhindert werden. Ziel dieser Grundlagenforschung sei es, das neu erlangte Wissen zu nutzen, um die individuelle Stress- beziehungsweise Traumawiderstandskraft aktiv zu fördern. Die Studie, welche zunächst im April diesen Jahres auslief, sei kostenneutral bis Ende 2019 verlängert worden.

    Das Pentagon fördert 2008 bis 2019 laut dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel Forschungsprojekte in der gesamten Republik mit 21,7 Millionen US-Dollar und konzentrierte sich auf technische und naturwissenschaftliche Wissenschaftsbereiche. Größter Einzelempfänger bei den Universitäten ist demnach die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Sie kassierte beim US-Verteidigungsministerium seit 2008 insgesamt fast 3,7 Millionen US-Dollar in 23 Einzelsummen. Ulm lag mit dem 2014 abgeschlossenen Uni-Projekt mit knapp 300000 US-Dollar das neuntgrößte Einzelprojekt in diesem Zeitraum an Land.

    Was ist eine Zivilklausel?

    Eine Zivilklausel ist eine Selbstverpflichtung von wissenschaftlichen Einrichtungen wie Universitäten, ausschließlich für zivile und friedliche Zwecke zu forschen. Das setzt voraus, dass die Universität nicht für Einrichtungen der Bundeswehr oder der Rüstungsindustrie forscht, also keine Drittmittelkooperationen mit diesen Einrichtungen eingeht.

    Innerhalb der Initiative „Hochschulen für den Frieden – Ja zur Zivilklausel“ setzen sich Gewerkschaften, Studierenden- und Wissenschafts- sowie Friedensorganisationen für zivile Hochschulen als Ort für Studien, Lehre und Forschung ein. Über Zivilklauseln verfügen unter anderem etwa das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Universität Konstanz und die Universität Tübingen. In Augsburg scheiterte ein solcher Vorstoß vor Jahren.

    Die verstärkte Ausbreitung militärischer Forschung und Lehre an Universitäten trägt nach Überzeugung der Aktivisten nicht zum Wohle der Menschen bei. Der industriell-militärische Komplex ist laut der Initiative interessiert an neuen technologischen Anwendungen zur Optimierung der Kriegsführung. Auch deswegen, weil die Rüstungsindustrie durch die Zusammenarbeit mit öffentlichen Einrichtungen ihre Forschungs- und Entwicklungskosten senken könne und so durch öffentliche Mittel subventioniert werde.

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