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Ulm: Dichterviertel: Am Ulmer Hauptbahnhof entsteht ein neues Stadtquartier

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Dichterviertel: Am Ulmer Hauptbahnhof entsteht ein neues Stadtquartier

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    Ein Straßenzug im neuen Dichterviertel, wie ihn die Ulmer Firma Pro Invest plant.
    Ein Straßenzug im neuen Dichterviertel, wie ihn die Ulmer Firma Pro Invest plant. Foto: Pro Invest (Grafik)

    Dort, wo später ein neuer Stadtplatz entstehen soll, trifft alles aufeinander: Alte, noch genutzte Gewerbeflächen. Alte, nicht mehr genutzte Gewerbeflächen. Neue Gebäude, die schon bewohnt sind. Eine Baugrube, in der ein Bagger gerade Erde aushebt. Zwischen Bahngleisen und Bundesstraße reißen Stadt und Baufirmen gerade ein Viertel aus dem Dornröschenschlaf. So bezeichnet es Tina Mäder, Architektin bei der Sanierungstreuhand (San) Ulm und Gebietsbetreuerin für das Dichterviertel. Ein Teil ist schon fertig, ein anderer im Entstehen - und im Weiteren sind sogar noch zentrale Fragen offen.

    Die Architektin Tina Mäder betreut das Dichterviertel für die Sanierungstreuhand Ulm.
    Die Architektin Tina Mäder betreut das Dichterviertel für die Sanierungstreuhand Ulm. Foto: Alexander Kaya

    Das Leonardo-Hotel in der Mörikestraße hat bereits vor drei Jahren die ersten Gäste empfangen. Nebenan bietet die Firma Brera komplett eingerichtete Mikroapartments, die vor allem Geschäftsreisende anlocken sollen, die vorübergehend in Ulm sind. Auch die altersgerechten Zwei-Zimmer-Wohnungen der Seniorenresidenz "Elisa" sind schon bezogen. Diese Gebäude hat das Ulmer Unternehmen Pro Invest entwickelt, das noch zwei weitere Projekte im Dichterviertel angehen will. Wohn- und Bürogebäude sollen entstehen, auch kleine Gastronomiebetriebe sind denkbar.

    Dichterviertel Ulm: Aus Industriebrache wird modernes Wohnquartier

    So soll das Dichterviertel in Ulm einmal aussehen.
    So soll das Dichterviertel in Ulm einmal aussehen. Foto: BBZL/Sanierungstreuhand Ulm (Grafik)

    Parkplätze wird es im neuen Quartier nur in geringem Ausmaß geben. Die Planungen der San sehen zwei Stichstraßen mit Tempo 30 vor, der Rest des Viertels soll verkehrsberuhigt werden - Autos dürfen nur in Schrittgeschwindigkeit fahren, eigene Fuß- und Radwege gibt es nicht. Es soll nur wenige oberirdische Parkplätze geben, sie sind für Besucher gedacht und parkscheinpflichtig. Bei der Sanierungstreuhand ist man überzeugt, dass Sharing-Angebote eine gute Lösung für das Dichterviertel sind. Dabei geht es um Autos, Fahrräder und Lastenräder. Die Nähe zum Bahnhof bringe eine exzellente Anbietung mit sich, meint Architektin Mäder. Für Autos werden zwar Tiefgaragen gebaut - aber nicht überall.

    Beinahe alle Gebäude der Industriebrache sollen in den kommenden Jahren weichen, möglichst 2030 soll das neue Viertel fertig sein. Dann, wenn nebenan die Landesgartenschau eröffnet. "Die Leute, die am Bahnhof ankommen, werden durch das Dichterviertel schlendern, wenn sie zur Landesgartenschau wollen", sagt Mäder. Das Dichterviertel wird ein durch und durch neues Quartier. Nur zwei alte Häuser sollen bleiben, die Gebäude Schillerstraße 54 und 55. Das Backstein-Eckhaus mit Türmchen ist nicht denkmalgeschützt, hat aus Sicht von Baubürgermeister Tim von Winning und der Stadtverwaltung aber "heimatgeschichtlichen Wert". Eigentümer ist der börsennotierte Immobilienkonzern Vonovia, der deutschlandweit rund 400.000 Wohnungen vermietet. Aus Sicht von Vonovia ist eine Sanierung der Häuser nicht wirtschaftlich - auf Bitten der Stadt lässt sich der Konzern dennoch darauf ein und verzichtet im Gegenzug auf Tiefgaragenstellplätze. Diesem Kuhhandel stimmten die Stadträte im März zu.

    Was geschieht mit den Häusern von Vonovia?

    Dieses Haus an der Schillerstraße ist eins von nur zweien, die erhalten bleiben sollen.
    Dieses Haus an der Schillerstraße ist eins von nur zweien, die erhalten bleiben sollen. Foto: Alexander Kaya

    Andere Vonovia-Häuser sollen weg, an Stelle der augenscheinlich baufälligen Häuserzeile soll ein größeres Gebäude in Blockrandbebauung mit Innenhof entstehen. Künftig würde es dort dann mehr Häuser und mehr Wohnungen geben - und dank des grünen Innenhofs soll die Wohnqualität eine höhere sein. Nach Berichten über die Pläne gab es allerdings Verunsicherung bei den Mietern - manche haben dem Vernehmen nach ein lebenslanges Mietrecht. Damit Vonovia die Häuser abreißen kann, müsste der Konzern ihnen ein Ersatzangebot machen. Der Gemeinderat hat den Vonovia-Plänen zugestimmt. Doch was der Immobilienkonzern wirklich plant, ist ungewiss: Ein Anwohner verweist auf einen Aushang im Treppenhaus. "Stand heute können wir noch nicht einmal sagen, ob und wann es zu diesem Projekt kommt", steht da.

    Die Häuserzeile, die dem Immobilienkonzern Vonovia gehört, soll ersetzt werden.
    Die Häuserzeile, die dem Immobilienkonzern Vonovia gehört, soll ersetzt werden. Foto: Alexander Kaya

    Auch das junge Kulturzentrum Gleis 44 in der Schillerstraße wird in den kommenden Jahren weichen müssen, auch wenn die Nutzungsvereinbarung mit der Stadt erst kürzlich um zwei Jahre verlängert worden ist. Für die Neubebauung der Schillerstraße gibt es noch keine fixen Pläne und auch noch keine Investoren. Dafür Interessenten und Gespräche, beschreibt Tina Mäder.

    Pro Invest, UWS und Ulmer Heimstätte treiben Bauprojekte voran

    Innenhöfe wie hier zwischen Wohnungen, Seniorenresidenz und Hotel sollen überall im Viertel eine hohe Wohnqualität garantieren.
    Innenhöfe wie hier zwischen Wohnungen, Seniorenresidenz und Hotel sollen überall im Viertel eine hohe Wohnqualität garantieren. Foto: Alexander Kaya

    Anderswo sind die Pläne klar: Die Ulmer Firma Pro Invest treibt ihre Pläne mit Ehrgeiz voran. Das Unternehmen will den bereits dritten von vier geplanten Bauabschnitten zügig angehen und bis Ende 2023 fertigstellen. 30 Prozent der dort gebauten Wohnungen sind gefördert. Sie stehen beispielsweise Menschen mit geringem Einkommen zur Verfügung. Weil der Kauf der Grundstücke "wirtschaftlich grenzwertig" gewesen sei (Baubürgermeister Tim von Winning), hatte Pro Invest zunächst eine geringere Quote angestrebt. Doch die Stadträte Gerhard Bühler (FWG) und Annette Weinreich (Grüne) setzten im Bauausschuss durch, dass die in Ulm üblichen 30 Prozent auch hier zur Bedingung gemacht werden. Nikolai Staiger von Pro Invest hebt den breit gefächerten Mix im Neubau hervor. Von der Einzimmerwohnung mit 36 Quadratmetern bis zur 136 Quadratmeter großen Fünfzimmerwohnung sei alles dabei, darunter auch Penthouse-Wohnungen mit großzügigen Dachterrassen.

    Pro Invest wird bauen, die Ulmer Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft (UWS) und die genossenschaftliche Ulmer Heimstätte bauen bereits. Im Oktober haben die Arbeiten begonnen, Anfang 2023 sollen die ersten Mieter in die 77 bezahlbaren Wohnungen ziehen. Im Haus geplant sind auch eine viergruppige Kindertagesstätte und eine sozialpädagogische Einrichtung, unterirdisch entstehen Parkplätze.

    Manche Fragen sind beim neuen Dichterviertel in Ulm noch offen

    Vorne ist die Baugrube von UWS und Ulmer Heimstätte zu sehen, dahinter ein von Pro Invest errichtetes Haus.
    Vorne ist die Baugrube von UWS und Ulmer Heimstätte zu sehen, dahinter ein von Pro Invest errichtetes Haus. Foto: Alexander Kaya

    Zwischen den Bauvorhaben von Pro Invest und UWS und Heimstätte entsteht der neue Stadtplatz: Große Bäume, viele Sitzgelegenheiten: So stellen sich die Planer der San diesen Platz vor. Die Stadt-Tochter ist für alle öffentlichen Bereiche des neuen Dichterviertels zuständig. Der Rest liegt in der Hand der Partner. Wunschvorstellungen habe man schon, räumt Mäder ein. Doch vor allem die börsennotierte Vonovia lasse sich nicht in die Karten schauen und habe auch an vielen anderen Orten in Deutschland große Vorhaben.

    Unklar ist auch, wann es jenseits der Blau weitergeht. Die San plant eine neue Brücke, eine Straße soll über sie von Nord nach Süd durchs ganze neue Wohnquartier führen. Das Ufer sollen nutzbar sein, etwa durch Stufen zum Sitzen. Auf der anderen Seite der Brücke sollen neue Häuser gebaut werden. Weitere Wohnungen, aber auch ein Drogeriemarkt und ein Lebensmittelmarkt sollen entstehen. Kein Discounter, betont Mäder, das passe nicht ins Viertel. Was gepasst hätte, sind sieben Pappeln in der Gartenstraße. Doch bei Bauarbeiten sind ihre Wurzeln beschädigt worden. Neue, hoch wachsende Bäume sollen gepflanzt werden.

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