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Ulm: Coronavirus: Gesundheitsamt wehrt sich gegen Kritik

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Coronavirus: Gesundheitsamt wehrt sich gegen Kritik

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    627 Coronavirus-Tests haben die Spezialisten am Universitätsklinikum Ulm bis Freitagmittag, 12 Uhr, vorgenommen.
    627 Coronavirus-Tests haben die Spezialisten am Universitätsklinikum Ulm bis Freitagmittag, 12 Uhr, vorgenommen. Foto: Alexander Kaya (Symbolfoto)

    Dass das Robert-Koch-Institut am Freitag auch Südtirol zum Coronavirus-Risikogebiet erklärt hat, verschafft Ärzten und Behörden viel zusätzliche Arbeit. Denn nun müssen sich die Gesundheitsämter auch um all jene kümmern, die in der norditalienischen Provinz im Urlaub waren und jetzt Symptome wie Fieber oder Schüttelfrost zeigen.

    Bereits jetzt werten die Virologen am Universitätsklinikum Ulm rund 100 Proben am Tag aus. Man schaffe dieses Pensum gerade so und weite jetzt die Kapazitäten aus, sagt der Ärztliche Direktor Professor Thomas Stamminger: „Ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen.“ Und Dr. Barbara Unger, Leiterin des Gesundheitsamts im Alb-Donau-Kreis, berichtet: „Ich schlafe vier Stunden am Tag, und das schon seit zehn Tagen.“ Dass nun auch Südtirol als Risikogebiet gilt, werde den Aufwand vervielfachen. Die Entscheidung des Instituts hält Unger dennoch für wichtig. Alle acht Infizierten in Ulm, im Kreis Neu-Ulm und im Alb-Donau-Kreis haben sich wahrscheinlich im Skiurlaub in Südtirol angesteckt.

    Coronavirus: Acht Infizierte in Ulm, Neu-Ulm und Umgebung

    Die acht Corona-Patienten befinden sich in Quarantäne, sie dürfen ihre Wohnungen nicht verlassen. Das gilt auch für sogenannte Kontaktpersonen, die sich angesteckt haben könnten. Auch sie sind sicherheitshalber isoliert. Insgesamt trifft die Regelung 60 Frauen, Männer und Kinder. Eine weitere Frau wird im Uniklinikum behandelt. Die Patientin sei froh, dass ihre Familie dadurch vor einer Ansteckung geschützt sei, berichtet Dr. Beate Grüner, kommissarische Leiterin der Sektion Klinische Infektiologie am Uniklinikum. Man prüfe, ob die Frau bald heimkehren könne.

    Einige der häuslich isolierten Personen hatten die Behörden des Alb-Donau-Kreises kritisiert: Die Informationspolitik sei schlecht, die Quarantäne schwer zu ertragen und die Organisation laufe unstrukturiert. Das wollen die Verantwortlichen nicht auf sich sitzen lassen. Heiner Scheffold, Landrat des Alb-Donau-Kreises, sagt: „Ich habe ein Stück weit Verständnis, dass der eine oder andere in einer neuen Situation Nerven zeigt.“ Aber das Wohl der Allgemeinheit gehe vor Einzelinteressen. Und der Aufwand des Landratsamts sei enorm. Rund 60 Ärzte und Mitarbeiter betreuen das Info-Telefon, weitere werden geschult. Um die 200 Anrufe gehen täglich ein. Für die Tests habe das Deutsche Rote Kreuz einen Fahrdienst organisiert, das Gesundheitsamt stelle die Schutzausrüstung. Die Isolation, betont Scheffold, sei eine einzigartige Chance: Nur so könne man Infektionsketten verhindern.

    Klagen über Coronavirus-Quarantäne

    Gesundheitsamtschefin Unger, die nach eigenen Angaben bis 23 Uhr und länger am Telefon sitzt und mit Quarantäne-Patienten spricht, bezeichnet das Vorgehen als erfolgreich. Bislang seien bloß Urlaubsrückkehrer infiziert, die das Virus aus Südtirol mitgebracht hätten. In der Region sei nach momentanem Kenntnisstand keiner angesteckt worden. Weder im Neu-Ulmer Dietrich-Theater, wo ein Infizierter den Kinofilm „Bad Boys for Life“ angesehen hatte, noch in den Schulen oder auf Partys, die manche der Rückkehrer besucht hätten. „Das bedeutet für mich, dass sich das Virus noch nicht in der Bevölkerung verbreitet hat“, schließt Unger.

    Wer isoliert ist, bekommt einmal täglich einen Anruf. Dann werden Körpertemperatur und Gesundheitszustand erfragt. Doch manche Isolierte hatten beklagt, sie seien nicht angerufen worden. Sie könne nicht ausschließen, dass jemand durchgerutscht sei, sagte Unger. Zum Beispiel, weil einer nicht ans Telefon gegangen sei. Doch eigentlich rufe man jeden Tag jeden an.

    Leitender Ärztlicher Direktor: Uniklinik Ulm ist "sehr gut vorbereitet"

    Am Freitag legten die Kultusministerien in Bayern und Baden-Württemberg fest: Alle Schüler, Lehrer und Mitarbeiter, die in den vergangenen 14 Tagen in einem Risikogebiet waren, sollen kommende Woche zu Hause bleiben – unabhängig davon, ob sie Symptome zeigen oder nicht. In Baden-Württemberg gilt die Regelung auch für Kitas. Die Ludwig-Uhland-Grundschule in Langenau bleibt am Montag geschlossen: Neun Lehrer waren in den Faschingsferien in Südtirol. Die Gemeinde Dornstadt, in der es bislang einen bekannten Fall gibt, hält indes leer stehende Flüchtlingsunterkünfte als mögliche Isolationszimmer bereit.

    Udo X. Kaisers, Leitender Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Uniklinikums, betont: „Wir sind technisch, personell, infrastrukturell und logistisch sehr gut vorbereitet.“ Die Versorgung sei 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche sichergestellt. Für Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch ist vor allem eine Botschaft wichtig: „Auch Panik kann ansteckend sein.“ Er plädiert für einen unaufgeregten Umgang und warnt vor Diskriminierungen: Er habe von Vorfällen gehört, bei denen Menschen mit asiatischem Aussehen schräg angesehen worden seien. „Das geht gar nicht“, betont er."

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