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Ulm: Brandanschlag auf Synagoge: Polizei wertet ersten Zeugenhinweis aus

Ulm

Brandanschlag auf Synagoge: Polizei wertet ersten Zeugenhinweis aus

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    Polizisten untersuchen den schwarzen Fleck an der Fassade der Synagoge, der durch Brandanschlag entstanden ist.
    Polizisten untersuchen den schwarzen Fleck an der Fassade der Synagoge, der durch Brandanschlag entstanden ist. Foto: Thomas Heckmann

    Bei der Suche nach dem Täter, der am ersten Samstag im Juni einen Brandanschlag auf die Ulmer Synagoge verübt hat, ist ein erster Zeugenhinweis bei der Polizei eingegangen. Die Ermittler werteten diese Rückmeldung derzeit aus, sagte Polizeisprecher Wolfgang Jürgens unserer Redaktion. Der Vorfall ist nicht der erste Akt von Antisemitismus in der Stadt. Eine zivilgesellschaftliche Organisation trägt Meldungen solcher Fälle zusammen.

    Der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) wertet den Brandanschlag auf die Neue Synagoge am 5. Juni als einen Akt extremer Gewalt. RIAS erfasst und dokumentiert seit 2018 antisemitische Vorfälle; das Vorgängerprojekt hatte ein Jahr davor mit dieser Arbeit begonnen. In Bayern, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein gibt es Landesverbände, die dort Vorfälle dokumentieren und engmaschige Meldenetzwerke aufbauen. In Bundesländern wie in Baden-Württemberg, wo keine derartigen Meldestellen bestehen, ist der Bundesverband aktiv. Ein vergleichbares Meldenetzwerk gebe es in diesen Fällen aber nicht und das Dunkelfeld antisemitischer Vorfälle sei sehr hoch, schilderte ein RIAS-Sprecher.

    In Ulm sind nach Angaben des Sprechers seit dem Beginn der Erfassung im Jahr 2017 acht antisemitische Vorfälle bekannt geworden. Im Spätsommer 2017 war die Ulmer Synagoge mehrmals beschädigt worden: Erst mit einem Metallpfosten, eine Woche später mit heftigen Fußtritten. Trotz eines von der Polizei veröffentlichten Fahndungsbilds ist der Täter bis heute unbekannt.

    Brandanschlag auf Synagoge in Ulm gilt als Akt extremer Gewalt

    Den Brandanschlag wertet RIAS als extreme Gewalt, weil sich zu diesem Zeitpunkt Menschen in der Synagoge aufgehalten hatten. Der Täter ist weiter unbekannt, auch wenn nun ein Zeugenhinweis vorliegt. Eine "heiße Spur" habe man noch nicht, sagte Polizeisprecher Jürgens. 2021 hat RIAS überdies zwei Mal Vorfälle von verletzendem Verhalten dokumentiert. 2017, 2018 und 2020 kam es bekannter Weise demnach je einmal zu verletzendem Verhalten. 2017 sind auch zwei Sachbeschädigungen dokumentiert - eben die Angriffe auf die Synagoge. Im Jahr 2019 ist RIAS kein antisemitischer Vorfall gemeldet worden. "Wir vermuten, dass es weitere antisemitische Vorfälle in dieser Zeit gab, die durch zivilgesellschaftliche Dokumentation vor Ort hätten bekannt werden können", erklärte der RIAS-Sprecher dazu. Das deckt sich mit Aussagen von Rabbiner Shneur Trebnik. Er hatte zuletzt berichtet, er werde mehrmals pro Woche beleidigt - als "Scheiß Jude" und mit anderen antisemitischen Schmähungen. In solchen Fällen reagiere er aber gar nicht, sondern gehe einfach weiter. Eine Reaktion bringe nichts, hatte er unserer Redaktion gesagt.

    Zuletzt, hatte Trebnik weiter ausgeführt, sei er vor allem von jungen Muslimen verbal angegriffen worden. Dem Verband RIAS ist bei drei der acht Vorfälle der politisch-weltanschauliche Hintergrund bekannt: Verschwörungsideologisch bei je einer Versammlung gegen Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021, auf der antisemitische Inhalte verbreitet wurden, sowie rechtsextrem bei einer Aufkleberaktion 2021. Antiisraelische Versammlungen hat es in Ulm nach dem Wissen der Meldestelle in den vergangenen Wochen nicht gegeben. Eine Pro-Palästina-Kundgebung in Ulm hatte die Stadt Ende Mai untersagt, mutmaßlich aus Angst vor Hass und Hetze. Eine genaue Begründung lieferte die Stadt dazu aber nicht.

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