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Ulm: BUND klagt: Flächenfraß wie beim Schlussverkauf

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BUND klagt: Flächenfraß wie beim Schlussverkauf

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    Der BUND kritisiert die vielen neu geplanten Baugebiete.
    Der BUND kritisiert die vielen neu geplanten Baugebiete. Foto: Alexander Kaya (Symbolfoto)

    Das Gesetz sollte helfen, den Wohnraummangel zu beheben. Doch Naturschützer sehen in Paragraf 13b Baugesetzbuch eine zerstörerische Kraft: Bis zum heutigen Dienstag, 31. Dezember, hatten Städte und Gemeinden die Möglichkeit, Baugebiete am Ortsrand auf den Weg bringen – in einem vereinfachten Verfahren ohne die sonst vorgeschriebene Umweltprüfung und die Schaffung von Ausgleichsflächen für den versiegelten Grund.

    „Was uns regional sehr belastet, ist der Bauboom“, sagt Ulrich Müller, Regionalvorsitzender Donau-Iller beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Wie beim Schlussverkauf“ gehe es zu, kritisiert er – und nennt Beispiele: Auf den letzten Drücker hätten etwa viele Gemeinden im Illertal Aufstellungsbeschlüsse gefasst. Sie haben nun zwei Jahre Zeit, alle formalen Schritte für ein neues Baugebiet abzuschließen: beispielsweise in Schwendi, Dietenheim und Illerrieden sollen neue Wohngebiete mit Einfamilienhäusern entstehen. Der Flächenverbrauch, der wegen des privilegierten Verfahrens nicht einmal kompensiert werden muss, schade der Umwelt vielfach. Biotope für Insekten, Vögel und andere Kleintiere verschwänden und die Bodenversiegelung beschleunige die Klimaerwärmung.

    BUND kritisiert Flächenverbrauch in Ulm und im Alb-Donau-Kreis

    Der BUND verweist auf immer mehr alte Häuser, die leer stehen: Die könne man doch weiter verwenden, statt immer neue Gebäude zu errichten. Die Naturschützer argumentieren dabei auch wirtschaftlich und nicht nur ökologisch: Die Kommunen, warnt Christian Killius, würden ihre eigene Infrastruktur unnötig aufblähen und sich langfristig gewaltige finanzielle Probleme schaffen. Killius ist BUND-Kreisvorsitzender im Alb-Donau-Kreis. Er weist auch das Argument zurück, dass die neu geplanten Eigenheime gegen den Wohnraummangel helfen: „Die Leute, die Wohnungsnot haben, können sich diese Häuser nicht leisten.“

    Nicht nur Wohngebiete entstehen oder werden geplant. Die regionalen Umweltschützer prangern auch die große Zahl neuer Gewerbegebiete an: Allein im Alb-Donau-Kreis seien es laut neuem Regionalplan in den nächsten 15 Jahren 155 Hektar, der Großteil der Flächen liegt in Merklingen und Ehingen. Die Stadt Ulm schneide da mit 40 Hektar bei Jungingen deutlich maßvoller ab – aber da seien die freien Flächen ja schon früher zugebaut worden, merkt Ulrich Müller an.

    BUND Ulm: Gewerbegebiete und Supermärkte schaden der Umwelt

    Statt Gewerbegebieten und locker bebauten Wohngebieten hätten sich die Umweltschützer etwa Solarparks gewünscht. Ein solches Projekt ist aber jüngst in Laichingen am Widerstand der Landwirte gescheitert. Und wenn es schon neue Wohngebiete gebe, dann doch bitte mit platzsparenden Mehrfamilienhäusern. Vor Kurzem hat die Planung für die an Söflingen angrenzende Kohlplatte begonnen, bis zu 6000 Menschen könnten dort einmal leben. Der BUND möchte das Baugebiet am liebsten komplett verhindern. Denn eine Kaltluftschneise, die Ulm belüftet, verläuft dort. „Die Stadt benötigt diese Frischluft dringend“, betont Martin Denoix, BUND-Kreisvorsitzender für Ulm. Wenn sich die Pläne der Stadt nicht stoppen lassen, wollen die Aktivisten wenigstens für die umweltverträglichste Lösung kämpfen. Eine Entscheidung der Stadtverwaltung wertet der BUND als kleinen Erfolg: Ein neues, verfeinertes Gutachten soll die Situation auf der Kohlplatte bewerten. Die Umweltschützer haben inzwischen aber auch selbst einen Biologen angefragt: Er stünde ebenfalls bereit, ein Gutachten zu erstellen.

    Noch ein Beispiel für Flächenverbrauch sind große Supermärkte, die am Ortsrand entstehen: Sie sind völlig überflüssig, findet Regionalvorsitzender Ulrich Müller. Weil sie den Boden versiegeln, ein zu großes Angebot für kleine Orte bieten und dadurch auch Leerstände in der Ortsmitte verschulden. In Oberkirchberg habe man ein solches Projekt aufhalten können. In Bayern sind in kleinen Kommunen bereits Verkaufsflächen von 12000 Quadratmetern erlaubt. In Baden-Württemberg sind nur 700 Quadratmeter zulässig, doch das bayerische Beispiel soll übernommen werden. Ein schlechtes Beispiel, kritisiert Müller. Doch es gibt auch gute: Jutta Andreas, Ulmer Vize-Chefin beim BUND nennt den Kaufland-Markt in der Memminger Straße in Ulm. Der sei mehrgeschossig und habe ein zusätzliches Parkdeck. Der Flächenverbrauch sei vergleichsweise gering und der Supermarkt sei beliebt und immer voll.

    Statt Gewerbeflächen und Wohngebieten wünschen sich die Naturschützer mehr Platz für Biotope. Die würden immer wichtiger – und sollten ein zusammenhängendes Netz bieten, damit den Tiere auf ihren Wanderungen vollständige Routen zur Verfügung stehen. Die Verantwortlichen beim BUND denken an landwirtschaftliche Äcker und Felder, Streuobstwiesen, aber auch an kommunale und private Flächen. Etwa an Gärten von Einfamilienhäusern: „Wer sich den Luxus leistet, sollte auch etwas tun“, findet Christian Killius. Doch der Weg dafür sei noch weit – weil sowohl das Bewusstsein als auch gesetzliche Vorgaben fehlten.

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