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Ulm: Als die Pest in Ulm wütete und der Tod über dem Münster tanzte

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Als die Pest in Ulm wütete und der Tod über dem Münster tanzte

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    Der Tod tanzt über dem Münster und spielt auf der Geige: Diese alte Darstellung von Eduard Schöttle ist in einer Chronik abgedruckt.
    Der Tod tanzt über dem Münster und spielt auf der Geige: Diese alte Darstellung von Eduard Schöttle ist in einer Chronik abgedruckt. Foto: Dagmar Hub (Repro)

    Geschlossene Schulen und Bäder, Beerdigungen ohne Predigt und kirchliche Riten, die Notwendigkeit, monatelang Hygienevorschriften einhalten zu müssen: Was Corona in der Gegenwart verursacht, gab es schon Jahrhunderte zuvor.

    Die Pestausbrüche in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Ulm, die allein 1635 etwa 15.000 Opfer forderten, sind in Chroniken gut dokumentiert – samt der sozialen Verwerfungen und der Verarmung, die die Seuche zur Folge hatte. Eine erste – unter anderem vom in Ulm geborenen Arzt Jakob Engelin dokumentierte – Pestwelle hatte es bereits 1348/49 gegeben. Sie führte zu Enteignungen von der Brunnenvergiftung beschuldigter Juden und zur Zerschlagung der ersten jüdischen Gemeinde der Stadt.

    Von mehreren Chronisten beschrieben sind fatale Wellen der Seuche während des 30-jährigen Krieges. 1626 hatte sich die Stadt Ulm eine „Pestordnung“ gegeben. Es war das Jahr, währenddessen in der Stadt erstmals nach Jahrhunderten wieder Menschen an der Seuche starben. In dieser Pestordnung wird verfügt, dass Erkrankte isoliert werden müssen und dass die anderen Bewohner des betroffenen Hauses dieses zwei Wochen lang nicht verlassen dürfen – außer einer benannten Person, die Lebensnotwendiges besorgen sollte. Der Ulmer Architekt Joseph Furttenbach, aus dessen Verwandtschaft ebenfalls viele an der Pest starben, berichtet, dass Menschen es aber immer wieder unterließen, die Erkrankung von Familienangehörigen zu melden.

    Die hygienischen Verhältnisse in Ulm müssen schlimm gewesen sein

    Zu einem ersten größeren Ausbruch der Pest kam es jedoch erst 1634, als wegen der Plünderungen im 30-jährigen Krieg etwa 8000 Menschen aus dem Umland nach Ulm flohen und zusätzlich unterzubringen waren. Die hygienischen Verhältnisse in der Stadt müssen schlimm gewesen sein. „Die todten lagen offt vil tag in den heüsern unbegraben“, notierte Furttenbach am 24. November 1634. Ihren Höhepunkt erreichte die Seuchenwelle aber nach einem Friedensfest, das am 19. Juli 1635 in Ulm gefeiert wurde. Der Chronist Jacob Geiger schrieb von der Hoffnung, „uns bei unseren Freiheiten, Rechten zu erhalten“ und schloss den Bericht über das Fest mit den Worten „Gott gebe, dass der Frieden von Bestand sei und erlöse uns von der grausamen Seuch und Pestilenz!“

    Mehr als hundert Menschen seien oft während dieser zweiten und viel schlimmeren Welle an einem Tag in der Stadt an der Pest gestorben, heißt es in einer alten Chronik, am schlimmsten aller Tage jenes Jahres gab es 187 Pesttote. Es ist jenes Jahr, als die Schulen und Bäder geschlossen worden waren. Die Stadt Ulm ließ eine Anweisung für die Bewohner drucken mit Ratschlägen, wie man sich zu verhalten habe, und Ratsprotokolle aus jener Zeit berichten von Abstandsverordnungen beispielsweise für die Sauerbäcker, die zuvor in die Häuser der Menschen gekommen waren, um vorbereiteten Teig zu säuern, zu kneten und abzuholen.

    Fälle sind dokumentiert, in denen Handwerksgesellen die Anfertigung eines Meisterstücks erlassen wurde, weil viele Meister an der Seuche gestorben waren. Hochzeiten und Geburten gab es nur wenige – obwohl man Witwern und Witwen die Sondergenehmigung gab, schon bald nach dem Tod des Ehepartners wieder zu heiraten.

    Ein erheblicher Teil der Ulmer Bevölkerung fiel der Pest zum Opfer

    Zum Jahresende hin muss die Pest besiegt gewesen sein – auch durch Maßnahmen wie das Verbrennen von Strohsäcken, die man als Matratzen genutzt hatte und die bis dahin in der Blau und der Donau entsorgt worden waren. Der Theologe und Ulmer Superintendent Conrad Dietrich nannte die Zahlen des großen Sterbens in Ulm in seiner Neujahrspredigt im Ulmer Münster am 1. Januar 1636: Ungefähr 4000 Ulmer Bürger, ihre Frauen und Kinder seien der Seuche zum Opfer gefallen, dazu 5100 Bauern und 5283 Bettler und Arme – ein erheblicher Teil der Bevölkerung der Stadt.

    Bei aller Trauer um die Toten: Ein Aufatmen scheint durch die Stadt gegangen zu sein, als die Seuche vorbei war. 89 Trauungen verzeichnen die Kirchenbücher des Münsters im Januar 1636 in den ersten 22 Tagen nach Ausklingen der Seuche.

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