Über die Jahre hat die Ulmer Brauerei Gold Ochsen stärker auf Getränkemärkte als auf Gaststätten gesetzt. Der Verkaufsanteil stieg von 60 auf heute 75 Prozent. Der Gastro-Anteil liegt bei knapp über 20 Prozent, den Rest machen Veranstaltungen, das Auslandsgeschäft und Mitarbeiterverkäufe aus.
Die Entwicklung hat der Traditionsbrauerei in der Corona-Krise geholfen: Ein knappes Viertel habe man über die Krisenmonate gerechnet verloren, berichtete Geschäftsführerin Ulrike Freund am Donnerstag. Vor allem, weil der Umsatz der alkoholfreien Getränke fehlt, die in der Gastronomie verkauft werden. Ausgerechnet in dem Jahr, in dem die Ulmer Getränke Vertrieb 60 Jahre alt wurde. Die für Limonaden, Säfte & Co. zuständige Gold-Ochsen-Tochter ist am 1. Juli 1960 gegründet worden.
Ulm: Brauerei Gold Ochsen hat Corona-Krise bisher glimpflich überstanden
Beim alkoholfreien Bier hingegen hat Gold Ochsen in diesem Sommer sogar deutlich zugelegt: Das Original Alkoholfrei wurde um ein gutes Drittel häufiger verkauft, das Hefeweizen Alkoholfrei sogar um etwas mehr als die Hälfte häufiger. Beim Klassiker Gold Ochsen Original hat sich der Absatz nur wenig verändert (minus drei Prozent). Warum das alkoholfreie Bier so gut ankommt, kann Freund nicht erklären: „Ich bin auch überrascht, dass das so durch die Decke gegangen ist“, gestand sie.
„Wir haben zwei Weltkriege überlebt und brennende Türme im November 2003. Da werden wir auch eine Pandemie überleben“, sagte Freund. Überleben soll aber nicht nur die Brauerei. Die Geschäftsführerin sorgt sich um die Gaststätten. Um die Wirte zu unterstützen, habe man Mieten und Pacht gestundet, teilweise für zwei Jahre. Denn wegen der Maximalzahl an Gästen pro Lokal könne sich die Branche kaum erholen. „Da kann die Gastronomie gar nicht auf die Beine kommen“, kritisiert Freund. Am liebsten wäre der Unternehmerin ein Ende dieser Höchstzahlen. Vor allem aber fordert sie: Die Maskenpflicht in Gaststätten muss aufgehoben werden.
Gold-Ochsen-Chefin Ulrike Freund fordert Ende von Maskenpflicht in der Gastronomie
Wer an seinem Platz sitzt, muss keinen Mundschutz tragen, wer das Lokal betritt oder auf die Toilette geht, schon. Das schrecke zu viele Leute ab, glaubt Freund. Auf einen großen Schutzeffekt durch die Mund-Nasen-Bedeckungen vertraut die Gold-Ochsen-Chefin ohnehin nicht: „Die Maske taugt nichts.“ Man könne schließlich sogar mit Haarspray hindurchsprühen. Und auch Mediziner hätten den Nutzen in persönlichen Gesprächen mit ihr angezweifelt, sagt Ulrike Freund. Sie geht noch weiter: „Wir haben so gut wie keine Corona-Toten hier, Gott sei dank. Die Maske muss weg.“ Die Geschäftsfrau ist überzeugt, dass es auch anders geht: „Abstand halten kann jeder.“
Am Donnerstag fragte Freund den baden-württembergischen Justiz- und Europaminister Guido Wolf (CDU) nach einem Termin, an dem die Maskenpflicht in Lokalen aufgehoben werden kann. Wolf, der in der Stuttgarter Staatsregierung auch für den Bereich Tourismus verantwortlich ist, hatte der Ulmer Brauerei einen Besuch abgestattet. Einen Stichtag für das Ende der Maskenpflicht wollte er nicht zusagen – eine solche Prognose könne nicht seriös sein, betonte er. Aber: „Die Einschränkungen, die wir uns auferlegt haben, sind erträglich, weil wir damit viele Freiheiten zurückerlangt haben.“ Viele Fachleute sprächen dem Atemschutz eine wichtige Rolle zu, dieser Einschätzung folge man. „Wir werden alles dafür tun, einen zweiten Lockdown zu verhindern. Der wäre verheerend“, sagte der Minister weiter und warnte: „Der Herbst wird hart.“
Minister Guido Wolf in Ulm: "Der Herbst wird hart"
Dass ein Ende der Maskenregelung den Wirten helfen könnte, glaubt der CDU-Politiker nicht. Viele Leuten hätten schlicht Angst oder ein schlechtes Gefühl, sich im Innenraum einer Gaststätte aufzuhalten. Er hoffe eher darauf, die Freiluftsaison in der Gastronomie mithilfe von Heizpilzen zu verlängern. Denn es gehe beim Überleben der Branche um viel: „Der Niedergang hätte nicht nur wirtschaftliche Folgen, sondern gesellschaftliche Dimensionen.“ Die Gastronomie habe als Ort der Geselligkeit eine kulturelle Bedeutung für das Land.
Ob ein Niedergang droht, kann Karin Krings noch nicht abschätzen. Die Chefin des Hotels Goldenes Rad in der Neuen Straße ist Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga. Man müsse das letzte Quartal abwarten, sagte sie. Derzeit sei die Lage je nach Bereich unterschiedlich: „Die Stadthotellerie darbt noch immer, weil wir keine Messen, keine Konferenzen und keine Geschäftsreisenden haben. Die Gastronomie ist ganz gut durch den Sommer gekommen.“ Die Sorgen seien aber überall groß: „Unsere Umfrage hat gezeigt, dass 60 Prozent Existenzängste haben.“
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