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Ulm: Abenteuer für alle Sinne im Museum Ulm

Ulm

Abenteuer für alle Sinne im Museum Ulm

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    Eine Ausstellung kann man angucken – oder auch erschnuppern: Christine Söffing (im Bild) hat Gerüche im Museum gesammelt und in Apothekerflaschen gepackt. Besucher können riechen und raten.
    Eine Ausstellung kann man angucken – oder auch erschnuppern: Christine Söffing (im Bild) hat Gerüche im Museum gesammelt und in Apothekerflaschen gepackt. Besucher können riechen und raten. Foto: Andreas Brücken

    Was haben eine alte Weinflasche, ein hölzerner Engelskopf und ein seltsames Glasgebilde miteinander zu tun? Die Antwort: erst einmal gar nichts. Und dann doch sehr viel. Denn alle drei Gegenstände stammen aus dem Depot des Museums Ulm – und bilden nun gemeinsam ein Stillleben vor schwarzem Hintergrund, das fast wie ein Bilderrätsel aussieht. Auf anderen Fotos balanciert eine Replik des Löwenmenschen auf einem Mammut-Stoßzahn oder eine Petrusfigur bekommt ein Fisch-Schild in die Hand und einen Heiligenschein aus Schlüsseln um den Kopf. Zusammenbringen, was scheinbar nicht zusammengehört, und so neue Bilder, neue Bedeutungen schaffen: Das ist die Spezialität der Berliner Sammlungsfotografen Sebastian Köpcke und Volker Weinhold, die sich nun durch die Depots des Museums Ulm gegraben haben und ihr Funde zu kuriosen und oft wirklich witzigen Arrangements verbunden haben.

    Der Fried-Bau des Museums Ulm wird zur Erlebniswelt

    Ihre so entstandenen Arbeiten sind Teil der neuen Ausstellung „Sachen gibt’s: Museum in Umordnung“, die nun im Museum Ulm zu sehen ist. Wobei „Ausstellung“ eigentlich das falsche Wort für das ist, was Direktorin Stefanie Dathe und ihre Mitarbeiter („Diese Ausstellung ist wirklich in Teamarbeit entstanden“) zusammengestellt haben. Vielmehr haben sie das Erdgeschoss des Fried-Baus in eine Art Erlebniswelt verwandelt, in der Besucher der Arbeit der Institution Museum mit fast allen Sinnen erfahren können – und das sogar bei freiem Eintritt. Es geht um das Sammeln, Erforschen, Ordnen, Ausstellen, vor allem aber um das Bewahren. Hintergrund für das Projekt ist nämlich der anstehende Umzug der normalerweise nicht ausgestellten Lagerbestände des Museums ins neue zentrale Kunstdepot der Stadt Ulm. Passend dazu sind leere Transportkisten das wichtigste Gestaltungselement der Ausstellung.

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    Bis zu 90 Prozent der Exponate eines Museums sind normalerweise eingelagert, und manch ein Stück wird fast nie gezeigt – was aber wenig über seinen Wert aussagt. Nehmen wir die anfangs genannte Weinflasche: Sie wurde bei der Fertigstellung des Münsterturms rituell geleert, steht also für ein bedeutendes Ereignis der Ulmer Stadtgeschichte. Nicht alle Objekte haben eine solche Erzählung zu bieten: Manche sind Kuriositäten, über manche ist sogar nichts bekannt, weil sie nicht in den Inventarbüchern auftauchen.

    Besucher können zu Exponaten eigene Geschichten erfinden

    In „Sachen gibt’s“ kommen auch solche Fundstücke zu Ehren: als Teil der kunstvollen Fotografien von Köpcke und Weinhold, aber auch in Schränken und Regalen. Diplomarbeiten von Studenten der Hochschule für Gestaltung stehen da neben Spielzeug und Kunsthandwerk. Vieles wartet darauf, von den Besuchern berührt, untersucht, neu geordnet und – nach Art der Profis aus Berlin – arrangiert und fotografiert zu werden. Teilnehmer von Führungen haben sogar die Möglichkeit, Objekte aus einem sonst verschlossenen Schrank in eigens dafür reservierte leere Vitrinen zu verlegen und selbst Geschichten zu erfinden. „Sachen gibt’s“ lädt nicht zum Mitmachen ein, die Ausstellung fordert die Interaktion geradezu heraus. Und die geht über den spielerischen Umgang mit (manchen!) Stücken hinaus. So arbeiten während der Laufzeit der Schau, außer am Wochenende, die Restauratoren des Museums in einem der Ausstellungsräume, und täglich um 15 Uhr können Interessierte sogar selbst beim Retuschieren von Gemälden helfen.

    Eine besondere Art der Museumserfahrung ermöglicht die Kunsthistorikerin, Experimentalmusikerin und Synästhetikerin Christine Söffing den Besuchern an zwei von ihr gestalteten Stationen. Sie sammelte in den Abteilungen des Hauses Klänge und fügte sie zu einer rund achtminütigen Soundcollage zusammen, die nun aus einer Standuhr in der Ausstellung tönen. Ein echter Publikumsmagnet dürfte die Riechstation sein: Söffing hat Gerüche gesammelt, wie man sie im Museumfinden kann: zum Beispiel alte Bücher, Mastixharz, der als Firnis für Ölgemälde verwendet wird, aber auch das Parfüm von Besuchern. Alle sind „verpackt“ in hübsche Apothekerflaschen und laden zum Erschnuppern und Erraten ein. „Sachen gibt’s“ zeigt: Ein Museum ist ein spannender Ort, voller Leben und Überraschungen – immer einen Besuch wert.

    „Sachen gibt’s“ wird am Freitag, 7. Juni, um 18 Uhr eröffnet und läuft danach bis 3. November.

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