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Städtebau: Einstein-Relikte kommen in die Kiste

Städtebau

Einstein-Relikte kommen in die Kiste

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    Die Mauerreste des Geburtshauses von Albert Einstein werden dokumentiert, einzeln geborgen und in Kisten gesichert. Per Gutachten wurde festgestellt, dass die Bergung ganzer Mauerscheiben, nach Einschätzung des Gutachters, nicht zu empfehlen sei: zu teuer.
    Die Mauerreste des Geburtshauses von Albert Einstein werden dokumentiert, einzeln geborgen und in Kisten gesichert. Per Gutachten wurde festgestellt, dass die Bergung ganzer Mauerscheiben, nach Einschätzung des Gutachters, nicht zu empfehlen sei: zu teuer. Foto: Andreas Brücken

    Der Putz an den Wänden ist teilweise noch intakt. Und wenn die Arbeiter mit ihren Schlagbohrmaschinen Steine aus den Mauern brechen, bröselt der Mörtel auf den Fußboden. Jene mächtigen Klinker auf die einst Pauline Einstein trat, wenn sie in den Keller ging, um Kohlen zu holen, während der kleine Albert in seiner Wiege ein, zwei Stockwerke darüber schlief. An einem Freitag, dem 14. März 1879, brachte Pauline Einstein hier den späteren Nobelpreisträger und berühmtesten Sohn der Stadt zur Welt. 15 Monate atmete Albert Einstein die Luft in der Bahnhofstraße 20, einem 1871 erbauten dreistöckigem Eckhaus mit ausgebautem Dachgeschoss, das 1944 dem Bombenhagel zum Opfer fiel.

    Was der Krieg nicht zerstörte oder in den Händen der Arbeiter zerbröselt, wird nun in Kisten verpackt: Noch zwei Wochen werden Bauarbeiter im Auftrag der Firma Züblin die zu 60 Tonnen Gestein lösen. Mit einer einfachen Schlagbohrmaschine werden die Backsteine aus den Mauern getrennt, in dem die Arbeiter mit der Maschine in die Fugen bohren. „Daran sieht man, in was für einem schlechten Zustand der Mörtel ist“, sagt Ulms Baubürgermeister Tim von Winning, der am Mittwoch mit Pressevertretern den Einstein’schen Keller besichtigte. Aus diesem Grund sei es auch – mit vertretbarem finanziellen Aufwand – nicht möglich, ganze Mauerstücke rauszusägen, wie es ursprünglich geplant war.

    Per Gutachten wurde festgestellt, dass diese ursprünglich favorisierte Art der Bergung nicht zu empfehlen sei. Aufgrund der künftig fehlenden Erdfeuchte sei eine Trocknung des Mörtels zu befürchten. Mittelfristig macht dies einen Erhalt der zusammenhängenden Mauern sehr unwahrscheinlich. Auch nummeriert werden die bis zu 60000 Steine entgegen ersten Aussagen nicht. Aber ein späterer Nachbau des Kellers sei durch eine Computervermessung theoretisch möglich, wenngleich dann nicht jeder Stein an der ursprünglichen Position wäre. In Abstimmung zwischen Verwaltung und Ältestenrat sei man übereingekommen, dass die bestehenden Mauerreste dokumentiert und nun einzeln geborgen und sachgemäß gesichert werden.

    Archäologischen Wert nach wissenschaftlichen Kriterien haben die Kellerreste laut von Winning nicht. „Sie haben aber eine hohe heimatgeschichtliche Bedeutung.“ Der Erhalt des Andenkens und des historischen Erbes sei eine Herzensangelegenheit. Noch völlig offen ist, was mit den Steinen passiert, die in Holzkisten in Europaletten-Größe nun auf einem Ulmer Bauhof zwischengelagert werden. Der Stein-Fußboden werde, so von Winning, in separaten Kisten gelagert, dass sich das nicht mit den Mauerresten vermische. Möglich wäre es womöglich, in den Sedelhöfen einen Teil des Fußbodens wieder aufleben zu lassen. Sodass Touristen über den authentischen Einstein-Boden laufen könnten. Doch erst müsse fesgestellt werden, ob die alten Backsteine überhaupt noch wetterfest sind. Auch Varianten mit Einstein-Steinen unter Glas sind denkbar. Für eine „spannende These“ hält von Winning die Vermutung von Stadtrat Hans-Walter Roth (CDU), dass Steine der alten Stadtmauer den Keller-Boden des Einstein-Geburtshauses bilden. Er halte dies für durchaus möglich. Auch weil früher Baumaterial rar war.

    „Wir haben keine Eile“, sagt der Baubürgermeister. Wichtig sei nur, dass nun durch die Sicherung der Steine ein authentischer Ort entstehen könne, an dem man an die Familie Einstein erinnern könne. Dies müsse nicht unbedingt in den Sedelhöfen geschehen, so von Winning. Vielleicht auch in einem Albert-Einstein-Museum, für dessen Realisierung sich, wie berichtet, bereits ein Förderverein gegründet hat.

    Dennoch sei auch vorstellbar, dass zumindest Teile der Gesteine in die Sedelhöfe integriert werden. Der Investor, die Firma DC Development, zeige sich hier offen. Wichtig sei der würdige Umgang mit dem Thema. Was in einem Einkaufszentrum sicherlich nicht ganz leicht ist. Fest steht aber, wie berichtet, dass die Freifläche inmitten der Sedelhöfe den Namen Albert-Einstein-Platz bekommt.

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