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Neu-Ulm / Illertissen: Sparkasse verlangt Strafzinsen für Geld auf dem Girokonto

Neu-Ulm / Illertissen

Sparkasse verlangt Strafzinsen für Geld auf dem Girokonto

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    Das Brückenhaus an der Donau ist der Hauptsitz der Sparkasse Neu-Ulm-Illertissen. Auf rund 86700 Girokonten liegt das Geld der Kunden – einige von ihnen sollen dafür bald Entgelte bezahlen.
    Das Brückenhaus an der Donau ist der Hauptsitz der Sparkasse Neu-Ulm-Illertissen. Auf rund 86700 Girokonten liegt das Geld der Kunden – einige von ihnen sollen dafür bald Entgelte bezahlen.

    Als erste Bank im Landkreis verlangt die Sparkasse Neu-Ulm-Illertissen von Privatkunden sogenannte Strafzinsen. Sprecherin Carmen Partsch sagte unserer Redaktion, ein Freibetrag von 100.000 Euro bleibe von dieser Regelung ausgenommen. Danach greife das Verwahrentgelt, das sich am Zinssatz des Eurosystems orientiere. Dieser beträgt derzeit -0,5 Prozent. Sprich: Wer 100.000 Euro auf seinen Konten bei der Sparkasse Neu-Ulm-Illertissen eingelegt hat, müsste Stand jetzt im Jahr 500 Euro Entgelt bezahlen. Das bezieht sich auf Konten, über deren Geld Kunden täglich verfügen können. Rund 86.700 Girokonten bestehen bei der Sparkasse Neu-Ulm-Illertissen.

    Die Bank hat Kunden, die von der neuen Regelung betroffen sind, nach Angaben von Sprecherin Partsch zu individuellen Gesprächen eingeladen. Nach den Besprechungen habe man Schreiben an die Kunden verschickt. In einem solchen Brief, der unserer Redaktion in Auszügen vorliegt, ist von dem Freibetrag allerdings keine Rede. Carmen Partsch betonte im Gespräch mit unserer Redaktion dennoch: „Die kleinen Sparer betrifft das nicht.“ Inzwischen habe man weitere Briefe an die betroffenen Kunden verschickt, um dies klar zu stellen. Nach Informationen unserer Redaktion haben Berater der Sparkasse deswegen bereits vorab bei Kontoinhabern angerufen und den Versand angekündigt.

    Strafzinsen bei der Sparkasse: Man habe nach Lösungen gesucht

    Bei den individuellen Gesprächen, so Partsch, habe man gemeinsam mit den Kunden nach Lösungen gesucht, um das Verwahrentgelt zu vermeiden – etwa über den Kauf von Wertpapieren. Diesen Weg gehen nach Angaben von Finanzexperte Niels Nauhauser viele Banken, die Verwahrentgelte verlangen. Der Diplom-Kaufmann ist Abteilungsleiter Altersvorsorge, Banken, Kredite bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, die eine Niederlassung in Ulm hat. „Klar ist, dass die Banken dann versuchen, Wertpapiere anzubieten. Damit können sie noch mehr verdienen als mit Verwahrentgelt“, sagte Nauhauser unserer Redaktion. Ein Kunde aus dem nördlichen Landkreis bestätigte unserer Redaktion, dass man ihm im persönlichen Gespräch vorgeschlagen habe, Wertpapiere zu kaufen. „Warum sollte ich mit 80 Jahren noch damit anfangen?“, kritisierte er das Vorgehen der Bank.

    Im Landkreis steht die Sparkasse Neu-Ulm-Illertissen mit ihrer Entscheidung, Verwahrentgelt von Privatkunden zu verlangen, wohl allein. Weder die VR-Bank Neu-Ulm, noch die Raiffeisenbank Mittelschwaben mit Sitz in Roggenburg erheben solche Gebühren. Es gebe auch keine entsprechenden Pläne in diesen Häusern, teilten Vertreter der Banken unserer Redaktion mit. Das Gleiche gilt für die

    Sparkasse: Wir wollen den Kunden nicht schaden

    Carmen Partsch, Sprecherin der Sparkasse Neu-Ulm-Illertissen, betonte, man wolle den Kunden nicht schaden: „Unser Ansatz ist es, das Vermögen zu mehren.“ Von vielen Kontoinhabern habe man Verständnis bekommen – die Situation sei schließlich bekannt. Sie verweist auf den negativen Leitzins der Europäischen Zentralbank, der Kosten für die Banken verursacht. Partsch räumte ein, dass es auch verärgerte Rückmeldungen gegeben habe. Sie sagt: „Die Kreditinstitute kommen nicht umhin, das weiterzugeben.“

    Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg weist das zurück. Die Banken verdienten weiterhin viel Geld, inzwischen aber mehr über Darlehen als über Spareinlagen. Zudem habe die Europäische Zentralbank erst im September Freibeträge für die Banken eingeräumt, damit der negative Leitzins die Kreditinstitute weniger stark trifft. Generell seien Banken, die Verwahrentgelt von Privatkunden verlangen, in Deutschland die Ausnahme. Das renommierte Finanzportal Biallo etwa zählt rund 130 Institute im ganzen Land auf, die diesen Schritt gegangen sind. „Im Massengeschäft sehen wir das nicht. Und wir erwarten das auch nicht, weil es rechtlich nicht ganz einfach ist“, erläuterte Verbraucherschützer Nauhauser. „Man kann bei einer bestehenden Einlage nicht einfach so Verwahrentgelt verlangen.“ Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat die Volksbank Reutlingen vor rund zwei Jahren erfolgreich verklagt – diese hatte die Entgelte mittels Preisaushang eingeführt.

    Es gebe allerdings auch Banken, die Verwahrentgelte auf rechtlich sauberem Weg einführen. Unabhängig davon sagte Finanzfachmann Nauhauser: „Banken, die keine solchen Entgelte von Privatkunden verlangen, gibt es wie Sand am Meer.“

    Die Sparkasse verkauft sich schlecht - lesen Sie einen Kommentar von Redakteur Sebastian Mayr: Die Sparkasse verkauft sich schlecht

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