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Region: Fehlende Lkw-Parkplätze sorgen immer wieder für A8-Unfälle

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Fehlende Lkw-Parkplätze sorgen immer wieder für A8-Unfälle

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    Hier ist schon alles voll. So wie an der Raststätte in Augsburg sieht es vielerorts aus. Lkw-Fahrer beklagen, dass es zu wenige Stellflächen gibt.
    Hier ist schon alles voll. So wie an der Raststätte in Augsburg sieht es vielerorts aus. Lkw-Fahrer beklagen, dass es zu wenige Stellflächen gibt. Foto: Marcus Merk (Archiv)

    Wer einen ruhigen Abend neben der Autobahn verbringen will, sollte frühzeitig einen Parkplatz ansteuern. „Am besten noch vor 18 Uhr kommen“, lautet der Rat erfahrener Fernfahrer. Sie können ein Lied von dem Kampf singen, der sich allabendlich entlang der Fernstraßen abspielt: die Suche nach einem freien Stellplatz für die Nacht. Richard Tuin kann sich an diesem Abend entspannt zurücklehnen: Auf dem Autohof Seligweiler, bei der Anschlussstelle Ulm-Ost an der A8, konnte der Holländer sogar seinen gelben Autotransporter abstellen. Allerdings zahlt er dafür zehn Euro für 24 Stunden, wovon er sechs Euro als Verzehrgutschein in den benachbarten Gastronomiebetrieben einsetzen kann. Und es gibt Duschen und eine Waschmaschine.

    Wer kostenlos parken will, hat es schon deutlich schwerer. Auch Tuin erzählt, dass er seine Lenkzeiten schon einige Male habe überziehen müssen, weil er keinen Parkplatz fand. Doch Verstöße gegen die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten sind teuer. Und es gibt es einige Faktoren, die die Parkplatznot in den vergangenen Jahren weiter verschärft haben, obwohl Rastplätze erweitert oder neu gebaut wurden.

    Bundesweit fehlen rund 40.000 Lkw-Stellplätze

    Hermann Schmid kennt als einer der Geschäftsführer des Hotelbetriebs in Seligweiler bei Ulm mit angeschlossenem Autohof das Dilemma der Trucker. Ein höheres Verkehrsaufkommen, zunehmende Konkurrenz durch Billigspeditionen aus Osteuropa, schärfere Polizeikontrollen – da müsse man als Betreiber manchmal mit harter Hand vorgehen, um zu verhindern, dass Fahrer ihre Brummis dort abstellen, wo sie nicht stehen dürfen, sagt Schmid. Ihm persönlich wäre es lieber, wenn mehr Güterverkehr auf die Schiene verlagert würde. „Aber das sind politische Probleme, die wir nicht lösen können“, sagt Schmid.

    Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung schätzt, dass bundesweit 35.000 bis 40.000 Lkw-Stellplätze fehlen. Dadurch sei auch die Verkehrssicherheit gefährdet, teilte der Verband jüngst mit. Denn mitunter stehen Lastwagen auf Ein- und Ausfahrten der Rastplätze oder gar auf dem Seitenstreifen der Autobahn.

    Am A-8-Parkplatz Streitheimer Forst bei Zusmarshausen gab es deshalb schon schwere Unfälle: Im August 2017 wurden zwei Menschen verletzt, als ein VW Golf gegen einen Lastwagen prallte, der auf der Ausfahrtsspur zum Parkplatz verbotenerweise am linken Fahrbahnrand stand. Bei einem ähnlichen Unfall an gleicher Stelle wurde im November 2018 ein 22 Jahre alter Autofahrer mittelschwer verletzt. Es sei ein Wunder, dass niemand zu Tode kam, sagten Rettungskräfte damals.

    So wie an diesem Autobahnparkplatz an der A7 bei Neu-Ulm sieht es abends an vielen Rastplätzen aus.
    So wie an diesem Autobahnparkplatz an der A7 bei Neu-Ulm sieht es abends an vielen Rastplätzen aus. Foto: Alexander Kaya

    Wegen dieser Gefahr gehe die Polizei konsequent gegen die Falschparker vor, sagt Werner Schedel, Leiter der Autobahnpolizei Günzburg. Wer erwischt werde, müsse seinen Lkw sofort wegfahren. Zudem seien 100 Euro Bußgeld fällig. Doch Schedel weist noch auf ein anderes Problem hin: Lastwagen, die auf Pkw-Plätze ausweichen, zum Beispiel an der Tank- und Rastanlage Burgauer See. „Dort haben sich wiederholt schon Sattelzüge festgefahren“, sagt der Polizist. Die Folge: Beim Rangieren werden Bordsteine und Schilder beschädigt. Um derartige Flur- und Gewaltschäden zu beseitigen, hat die Betreibergesellschaft Pansuevia zuletzt 150.000 Euro investiert, wie deren Geschäftsführer Robert Schmidt sagt.

    Nach 20 Uhr gibt es keine freien Parkplätze mehr

    Pansuevia betreut den Abschnitt zwischen dem Kreuz Ulm/Elchingen und der Ausfahrt Augsburg-West. Insgesamt 318 Lkw-Stellplätze gebe es dort, sagt Schmidt, zudem 33 Bus- und 519 Autoparkplätze. Um kurzfristig zusätzliche Parkflächen zu schaffen, seien momentan keine Grundstücke verfügbar. Zwischen Augsburg und München gibt es nach Angaben der Betreibergesellschaft Autobahnplus 210 Lkw-Stellplätze. Auch dort seien zeitnah keine Erweiterungen geplant.

    Gerade jetzt zur Urlaubszeit macht allerdings auch so mancher Autofahrer den Truckern die Parkplätze streitig, wie ein Lkw-Fahrer aus dem Rheinland in Seligweiler erzählt: „Momentan sind ja viele Wohnwagengespanne unterwegs.“ Und in Deutschland gebe es eben keine speziellen Wohnwagen-Parkplätze. Auf dem kostenpflichtigen Autohof jedenfalls hat der Mann an diesem Dienstagabend seine Ruhe. Doch auch dort sind gegen 20 Uhr kaum mehr Plätze frei.

    Auf der A9 zeigt ein Leitsystem an, ob noch Parkplätze frei sind

    Dicht an dicht stehen einige Kilometer weiter die Sattelzüge auf den kleinen Parkplätzen entlang der A7 bei Neu-Ulm. Nur Pkw können sich noch vereinzelt dazwischenquetschen. Auf dem Parkplatz Buchwald-West sitzt Armin Burgmaier in seinem Führerhaus und schaut Fernsehen auf dem Laptop. Auch sein Erfolgsrezept lautet: Wenn’s geht, vor 18 Uhr da sein. Hier stehe er lieber als irgendwo im Gewerbegebiet, sagt er. Denn es gebe immerhin noch ein WC-Häuschen.

    Wie aber lässt sich Fernfahrern helfen, die nicht so früh da sind? Werner Schedel, Leiter der Autobahnpolizei in Günzburg, verweist auf einen Modellversuch an Tank- und Rastplätzen an der A9: Dort zeigt ein Leitsystem schon bei der Zufahrt an, ob und wie viele Plätze noch für Lkw frei sind. Steht die Anzeige auf null, kann sich der Fahrer an der Stelle zumindest die zeitraubende Parkplatzsuche sparen.

    Die Autobahn A 8 ist eine der wichtigsten Ost-West-Verbindungen in Mitteleuropa. Güter werden transportiert, Pendler fahren zur Arbeit, Urlauber steuern ihre Ferienziele an. Die A 8 ist auf 100 Kilometern eine der Lebensadern in Bayerisch-Schwaben. Schon 1938 eröffnet, ist sie seit 2015 auf sechs Spuren ausgebaut und als eine der ersten Autobahnen als Public-private-Partnership finanziert. In unserer Sommer-Serie rücken wir „unsere“ Autobahn einmal näher in den Fokus: Was passiert da so alles auf der Autobahn und nebendran? Wie leben Menschen an der Autobahn? Wer arbeitet dort?

    Hier finden Sie dis bisherigen Folgen unserer Sommerserie:

    Teil 1: Autos rasen, Rinder grasen: Wie reagieren die Tiere an A8 auf Lärm?

    Teil 2: Kampf gegen Lärm: Anwohner geben nicht auf

    Teil 3: Abendbrot im Abendrot - zu Gast bei Fernfahrern an der A8


    Teil 4: Mit diesen Brücken kommen Reh und Sau sicher über die A8

    Teil 5: Feuerwehr-Kommandant über A8: „Man spürt die Aggressivität"

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast zur Verkehrssituation in Augsburg an:

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