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Pfaffenhofen: Vor 75 Jahren: US-Bomber zerschellt am Ortsrand von Pfaffenhofen

Pfaffenhofen

Vor 75 Jahren: US-Bomber zerschellt am Ortsrand von Pfaffenhofen

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    Der B-17-Bomber „Fliegende Festung“: In solch einem Flugzeugmodell ist der amerikanische Pilot William T. Emmet im Zweiten Weltkrieg verunglückt. Sieben Menschen starben bei dem Absturz.
    Der B-17-Bomber „Fliegende Festung“: In solch einem Flugzeugmodell ist der amerikanische Pilot William T. Emmet im Zweiten Weltkrieg verunglückt. Sieben Menschen starben bei dem Absturz.

    Heute vor 75 Jahren krachte in der Mittagszeit ein schwerer B-17-Bomber der US-Luftwaffe auf ein Feld am östlichen Ortsrand der Marktgemeinde. Sieben Besatzungsmitglieder verloren dabei ihr Leben, drei konnten sich mit ihren Fallschirmen retten.

    Die viermotorige, auch „Fliegende Festung“ genannte Maschine war damals in einer dichten Wolkendecke in die Luftwirbel vorausfliegender Flugzeuge geraten. Um den Flieger mit dem Beinamen „Johnny Reb“ in niedrigerer Höhe zu stabilisieren, hat der bei seinem vierten Einsatz noch relativ unerfahrene Pilot William T. Emmet die Landeklappen ausgefahren. Bei diesem Manöver ist der Bomber dann noch in der Luft auseinandergebrochen. Als gesichert gilt zudem: In einem Verband von rund 500 Flugzeugen war die zehnköpfige Crew der „

    Drei Männer schaffen es mit dem Fallschirm nach unten

    Unweit davon, beim seinerzeit noch selbstständigen Dorf Erbishofen, gingen die drei Überlebenden am Fallschirm nieder: der Radar-Experte William Lorig, der Kugelturm-Schütze James Eugene Moss und Francis „Jerry“ Adkins. Letzterer berichtete später, sie seien dabei vom Boden aus beschossen worden, sprach von „zwei Löchern in meinem Fallschirm“. Augenzeugen zufolge hat sich das Trio auf der Wiese im Rothtal dann mit einem Revolver gegen wütende Bewohner verteidigt, die demnach mit Mistgabeln gedroht haben. Jedenfalls kamen sie nach ihrer Festnahme in ein Gefangenen-Lager, konnten aber nach Kriegsende schnell heimkehren. Als letzter der drei Überlebenden starb Francis Adkins im März 2001 in Iowa.

    Dass es heute so viele Infos über das Unglück gibt, ist dem Weißenhorner Hobbyhistoriker Ralf Kull zu verdanken. Zwei Mal bekam er deswegen schon Besuch aus den Staaten: Der Tochter des tödlich verunglückten Piloten William T. Emmet zeigte er die Absturzstelle, ebenso später dem Neffen des gleichfalls getöteten Funkers George L. Benedict. Von „bewegenden und unvergesslichen Momenten“ spricht der heute 51-Jährige in Erinnerung an diese Treffen, die seine Arbeit fraglos um eine menschliche Komponente bereichert hätten. Andererseits seien die Gäste überaus dankbar gewesen. „Sie haben dadurch eine konkrete Vorstellung vom Schicksal ihrer Angehörigen in der für sie unbekannten Ferne erhalten“, beschreibt Kull die Wirkung dieser Begegnungen.

    Das Unglück im Nachbarort hat der Hobbyforscher auf Wunsch von Pfaffenhofens Bürgermeister Josef Walz aufgearbeitet. Was ihm wohl weitgehend gelungen ist, nicht zuletzt mit Unterstützung mehrerer amerikanischer Partner. Naheliegend zwar, dass noch immer einige Fragen offen, manche Widersprüche in der medialen Aufarbeitung beiderseits des Atlantiks ungeklärt sind. Augenzeugen finden sich kaum noch, Quellen sind rar. Und Abstürze amerikanischer Bomber hatten in den letzten Kriegsmonaten keinen Seltenheitswert, mit oder ohne feindliche Einwirkung.

    Recherchen zum Bomber-Absturz in Pfaffenhofen

    Kulls Recherchen zum Bomber-Absturz bei Pfaffenhofen führten den Hobbyforscher erstmals über Weißenhorns Grenzen hinaus. Und zugleich an seine persönlichen Grenzen. Diese Ermittlungen seien schwierig gewesen, resümiert er heute.

    Schon in den 2000er-Jahren widmete sich Kull, dem Hinweis eines Bekannten folgend, dem Schicksal des jungen deutschen Jagdfliegers Horst Melzig, der am 24. April 1944 auf einem Übungsflug im süddeutschen Raum nach dem Absturz seiner Messerschmitt 109 noch im Wald beim heutigen Weißenhorner Stadtteil Oberhausen verstorben ist. Dort erinnert ein Gedenkstein an den gebürtigen Breslauer, dessen sterbliche Überreste zunächst in Weißenhorn beerdigt, wenig später aber nach Breslau überführt worden sind.

    Kull ermittelte in mühevoller Kleinarbeit die später im Raum Stuttgart lebenden Familienangehörigen, besuchte gemeinsam mit dem Bruder des Verunglückten die Absturzstelle. „Die Nachforschungen waren anfangs schwierig“, erinnert sich der gelernte Metzgermeister, der inzwischen für ein großes Gasunternehmen arbeitet: Anrufe, Nachfragen bei Behörden und Organisationen, oft verbunden mit umfangreichen Schriftwechseln.

    Gedenkveranstaltung in Pfaffenhofen

    „Manches wäre heute aus Datenschutzgründen nicht mehr möglich“, ist der Hobbyforscher überzeugt, der acht Jahre in der Bundeswehr gedient hat, zuletzt in der Küche einer Dornstadter Kaserne. Andererseits helfe mittlerweile vielfach das Internet, oft auch die Mitgliedschaft in speziellen Organisationen. In der Gemeinschaft der Flieger deutscher Streitkräfte etwa. Ihr ist er vor mehr als zehn Jahren beigetreten. „Weil mich die Luftfahrt schon immer fasziniert hat“, sagt Kull und deutet auf ein älteres Foto, das ihn in einem Segelflieger zeigt. Auf dem Flugplatz vor seiner Heimatstadt versteht sich, der er sich auf verschiedene Weise verbunden fühlt: Geschichte, historische Gebäude, Brauereien. Und der Fliegerei eben. Deswegen informiert er auch nach wie vor gerne in diesem Bereich – in aktueller und historischer Hinsicht.

    Seit 2011 erinnert ein Gedenkstein in Pfaffenhofen unweit der Absturzstelle der B-17 an das Schicksal der Maschine und ihrer Besatzung. Hier beginnt heute Nachmittag um 14 Uhr eine Gedenkfeier.

    Sprechen werden dabei auf Einladung von Bürgermeister Josef Walz Vertreter der US-Streitkräfte, der Bundeswehr und der amerikanischen Veteranenorganisation American Legion. Wie schon bei der Einweihung des kleinen Mahnmals dürfte auch heute dessen Inschrift in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen rücken: Versöhnung über den Gräbern. Dabei hat die Verständigung ehemaliger Kriegsgegner längst nicht nur im Großen stattgefunden. Nicht minder wichtig waren in diesem Zusammenhang fraglos zahllose individuelle Begegnungen und zwischenmenschliche Beziehungen unterschiedlicher Art, nicht selten auch verbunden mit der Aufklärung von Einzelschicksalen – ein wichtiger Aspekt insbesondere für die Angehörigen der jungen US-Soldaten, die an jenem Donnerstag vor 75 Jahren, wenige Monate vor Ende des Zweiten Weltkriegs im Umfeld der heutigen Gebetsstätte Marienfried umgekommen sind.

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