Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Oberfahlheim: Ausstellung von Reiner Schlecker: Lieblingsfarben und Tiere

Oberfahlheim

Ausstellung von Reiner Schlecker: Lieblingsfarben und Tiere

    • |
    Farbkasten im Großformat: Reiner Schlecker nimmt in seiner Ausstellung die Konkrete Kunst auf die Schippe – und erinnert sich an unschöne Wasserfarben-Einsätze der Schulzeit.
    Farbkasten im Großformat: Reiner Schlecker nimmt in seiner Ausstellung die Konkrete Kunst auf die Schippe – und erinnert sich an unschöne Wasserfarben-Einsätze der Schulzeit. Foto: Alexander Kaya

    Den Farbkasten hat Reiner Schlecker nie besonders leiden können. „Das war für mich eine Tropfsteinhöhle, damit habe ich nie etwas anfangen können“, erinnert er sich an seine Schulzeit. Ein Künstler ist trotzdem aus ihm geworden, sogar ein studierter Maler. Die Malerei spielt im Werk des gebürtigen Illertissers inzwischen nur noch eine Nebenrolle, aber den Horror, den ein paar Wasserfarben unter Schülern verbreiten können, hat er nicht vergessen. Eine Ahnung davon hat er nun in seine neue Ausstellung im Museum für Bildende Kunst in Oberfahlheim transportiert: gebrauchte Malkästen, dutzendfach zu Wandobjekten kombiniert oder als Ladung eines Schiffes, vergrößerte Farbschalen, groß wie Flachbildfernseher.

    Neue Ausstellung im Museum Oberfahlheim wird eröffnet

    Schlecker blickt mit Vergnügen auf diese Werke, die den Besucher in seiner Ausstellung „Gesammelte Leidenschaften und ein paar Leichen im Keller!“ begrüßen. Das mit dem „Leiden“ bezieht sich freilich nicht nur auf die Schulzeit, sondern auch auf das Studium Schleckers an der Stuttgarter Akademie, wo der Geist der Konkreten Kunst, speziell des Bauhäuslers Johannes Itten, immer noch spürbar war. Farbtheorie und Diskussionen über gekonnte Abstraktion und befriedigende Illusion seien ihm damals fremd gewesen. „Mir ging es darum, dass die Arbeit eine Seele hat“, sagt Schlecker. Er ist ein Künstler, der nichts behaupten, sondern etwas erzählen will. Gerne auch etwas Humorvolles.

    Ein Witz ist Schleckers Kunst deswegen nicht, und er selbst findet es geradezu ironisch, dass er mit seiner frechen Farbkasten-Hommage an die Konkrete Kunst sich selbst in deren weitgehend humorfreien Bereich begeben hat. Eine bislang unbekannte Facette im Werk des Neu-Ulmers, der seit Jahren auch als Vorsitzender des Berufsverbands bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) in Ulm fungiert und schon deshalb mit ganz verschiedenen Positionen in Berührung kommt.

    Reiner Schlecker stellt Tiere dar, meint aber Menschen

    Seine eigene Kunst steht in der Tradition von Dada und Fluxus – und hat sehr oft mit Tieren zu tun. Vor allem mit Hasen aus Bronze. Die Nager bevölkern fast den gesamten Rest des Erdgeschosses. Es gibt kleine Hasen mit Fundstücken aus Schrott in den Pfoten („Bares für Rares“), einen Hasen auf dem Mond und einen auf Brautschau. Letzterer ein dürrer Hase, nicht zu verwechseln mit einem Dürer-Hasen, wie Schlecker sagt und schmunzelt. Der 60-Jährige baut gerne Verweise auf die Kunstgeschichte ein, sogar Rubens’ „Höllensturz der Verdammten“ zitiert er in einer großen Arbeit aus Wachs und Holz, bei ihm purzeln aber keine barocken Leiber in die Tiefe, sondern – Hasen. So verspielt das alles ist: Wenn Schlecker Tiere darstellt, meint er die Menschen. So wie einer der Fabelautoren, die der Künstler so sehr schätzt.

    Geschichten erzählen kann Schlecker aber auch ohne Tiere, wie er im alten Keller der früheren Brauerei zeigt. Aus der einen Ecke dringt, von einem großen Haufen leerer Bierflaschen, ein lautes Schnarchen her, in der Mitte werden dumme Mäuse vom Gold in Schnappfallen gelockt, über Stiefel aus Wachs ist das Geräusch von Tropfen zu hören. Schnarchende Flaschen, Gier nach Reichtum, schmelzendes Eis: Was zuerst wie ein Spielplatz wirkt, ist ein Panorama der politischen Gegenwart, humorvoll, aber bitterernst gemeint. Im Keller sind die Leichen, wie schon der Titel der Schau verrät, die auch ein Blick auf mehr als 30 Jahre Künstlerkarriere ist.

    Das Gegengift dazu verabreicht Schlecker im Kabinett im ersten Stock: die Liebe. Dort hängen von der Decke die Postkarten, die der Künstler als Antwort auf die Frage „Was ist das Glück in der Liebe?“ erhielt, von Menschen aus der Region, aber auch von Prominenten wie Alfred Biolek, Pipilotti Rist oder Martin Walser. Die Antworten sind romantisch, pragmatisch und bisweilen auch ganz schön grob. Es ist ein Vergnügen, diese Ausstellung zu erkunden.

    „Gesammelte Leidenschaften und ein paar Leichen im Keller!“ wird am Mittwoch, 18. September, um 19 Uhr eröffnet und läuft danach bis 17. November. Geöffnet ist das Museum Dienstag von 16 bis 20 Uhr sowie Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 11 bis 17 Uhr. Eintritt frei.

    Lesen Sie auch:

    Danny Minnick im Kunstverein Ulm: Lauter nette Skelette

    Theater Ulm startet in Jubiläumssaison

    Neues Programm der Vh Ulm: Frankreich im Blick

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden