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Neu-Ulm: Wie die Zeitung nach Neu-Ulm kam

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Wie die Zeitung nach Neu-Ulm kam

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    In das noch heute von der Neu-Ulmer Zeitung genutzt Gebäude Luwdigstraße 10, zog im Jahr 1871 Druckerei, Redaktion und Verlag des Neu-Ulmer Anzeigeblatts ein. Dieses Bild zeigt das Haus um 1910.
    In das noch heute von der Neu-Ulmer Zeitung genutzt Gebäude Luwdigstraße 10, zog im Jahr 1871 Druckerei, Redaktion und Verlag des Neu-Ulmer Anzeigeblatts ein. Dieses Bild zeigt das Haus um 1910. Foto: Stadtarchiv Neu-Ulm/Repro: Gerrit-R. Ranft

    Zwischen April und September 2019 feiert Neu-Ulm sein Jubiläum „150 Jahre Stadterhebung“. Die

    Wenn in diesen Wochen und Monaten das Jubiläum „150 Jahre Stadt Neu-Ulm“ gefeiert wird, setzt Neu-Ulms Presselandschaft noch eins drauf: Sie gibt es bereits seit 170 Jahren. Ihre Organe wie der Neu-Ulmer Anzeiger und seine Nachfolgerin, die Neu-Ulmer Zeitung, werden seit 1871 zudem ohne Unterbrechung in der Ludwigstraße 10 gemacht – anfangs für rund 1200 Einwohner, heute für knapp 130000 im nördlichen Landkreis.

    In der „Chronik der Stadt Neu-Ulm“, die der städtische Angestellte Georg Buck der Stadtgemeinde Neu-Ulm zu ihrem 100-jährigen Bestehen im Jahr 1910 gewidmet hat, schreibt der Autor: „In den Sturmjahren 1848/49 wurde durch den Buchdruckereibesitzer Johann Wilhelm Helb in Neu-Ulm die Presse gegründet; 1849 erschien erstmals das ‚Neu-Ulmer Anzeigeblatt’, das später den Titel ‚Neu-Ulmer Anzeiger’ annahm“. Ganz so, wie Buck hier formuliert, war es nicht – es war durchaus komplizierter.

    In den Chroniken war der Beginn der Presse in Neu-Ulm zunächst nicht richtig dargestellt

    Das hat ein gutes Dutzend Jahre später auch Autor Georg Buck selbst erkannt: In der Beilage „Aus dem Ulmer Winkel“ des Neu-Ulmer Anzeigers beschrieb er im April 1925, was vor Wilhelm Helb war. So habe schon mal 1843 ein Franz Reitmeier aus Augsburg versucht, in Neu-Ulm eine Buchdruckerei einzurichten. Die notwendige Konzession wurde ihm jedoch versagt. Ebenso erging es dem Buchdruckereibesitzer Thomas Feger 1852, der drei Jahre zuvor das Allgemeine Weißenhorner Anzeigenblatt gegründet hatte und dieses nun nach Neu-Ulm verlagern wollte. Seine beim Königlichen Staatsministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten in München eingelegte Beschwerde gegen die von der Kreisregierung in

    Sven Schneider aus Finningen hat als Schüler des Neu-Ulmer Lessing- Gymnasiums im Schuljahr 1995/96 als Facharbeit im Leistungskurs Deutsch eine „Chronik des Neu-Ulmer Anzeigers“ vorgelegt. Auf 34 gehefteten Schreibmaschinenseiten einschließlich einiger Kopien älterer Zeitungsausschnitte beschreibt er „erstmals das Wesen des im Neu-Ulmer Stadtarchiv aufbewahrten Neu-Ulmer Anzeigers“. In seinen Nachforschungen kommt auch Schneider zu dem Schluss, dass die Familie Helb die Zeitung zwar jahrzehntelang herausgegeben, sie aber keineswegs gegründet hat, was ja auch Buck später nicht mehr behauptet. Wogegen Neu-Ulms 1994 vom Stadtarchiv herausgegebene offizielle Stadtchronik auf Seite 152 noch immer an Bucks erster fehlerhafter Fassung festhält, mit dem Satz: „Verleger Johann Wilhelm Helb hatte die Zeitung in den ersten Jahren der Pressefreiheit nach den Geschehnissen von 1848 gegründet“.

    1871 zog das Neu-Ulmer Anzeigeblatt in die Ludwigstraße 10

    Johann Wilhelm Helb, der aus Reutlingen stammte und zuvor in Ulm schon Zeitung gemacht hatte, gelangte erst 1858 in den Besitz des Neu-Ulmer Anzeigeblatts. Buchdrucker und Zeitungsgründer Feger in Weißenhorn hatte seine Zeitung nach mehreren vergeblichen Versuchen schließlich im April 1856 an den Buchdruckereibesitzer Josef Keller in Schwäbisch Gmünd abgegeben. In Kellers Besitz blieb sie bis zu dessen Tod im Jahr 1858. Die Leitung seines Neu-Ulmer Presseorgans hatte Keller seinem Neu-Ulmer Geschäftsführer Helb übertragen, der kurz zuvor die Ulmer Zeitung verlassen hatte und ans andere Donauufer gewechselt war. „In Helb erwarb Keller einen Kenner der umliegenden Presse“, wertet Sven Schneider, „weil er bereits in seiner frühen Laufbahn als Buchdrucker die Geschichte der Ulmer Presse mitschrieb“.

    Im Jahr 1858 endlich übernahm Helb, nachdem Keller gestorben war, von dessen Witwe das Neu-Ulmer Anzeigeblatt und führte es nun allein weiter. Seine Verlagsräume unterhielt er vorerst weiterhin in der Hafengasse 2, einem der ersten in Neu-Ulm gebauten Häuser. Elf Jahre später zog Helb in die Marienstraße 14 um, wo Maurermeister Johann Reizele erst im Jahr zuvor einen Neubau errichtet hatte. In das noch heute von der Neu-Ulmer Zeitung genutzte Gebäude Ludwigstraße 10 verlegte Helb Druckerei, Redaktion und Verlag im Jahr 1871. Um die Zeitung in Familienbesitz zu halten, übergab er den Anzeiger 1873 an seinen Sohn, der auch Johann Wilhelm hieß.

    Die Neu-Ulmer Zeitung gibt es seit 70 Jahren

    Ehe Feger und nach ihm Helb die Menschen in Neu-Ulm mit aktuellen Nachrichten und anderen Geschichten versorgen konnten, waren die Bürger auf die Lektüre verschiedener Ulmer Blätter angewiesen. Darunter die Ulmer Zeitung, Nachfolgerin des 1850 kurz vor Vollendung seines 99. Jahrgangs eingegangenen Intelligenzblatt. Andere Zeitungen waren die Kronik, die Ulmer Donau-Zeitung und bis 1851 der Donau-Bote. In Neu-Ulm erschien um diese Zeit allerdings schon das Thierärztliche Wochenblatt, das im vierten Jahr seines Bestehens nach Ulm umzog. Zeitungsmacher Helb pflegte eine sonderbare Adresse für sein Pressewerk. Unters Feuilleton auf der letzten Seite setzte er schlicht: „Redaktion, Druck und Verlag der J. W. Helb’schen Buchdruckerei gegenüber der prot. Kirche in Neu-Ulm“. Nach dem Umzug von der Marien- in die Ludwigstraße hielt er diesen Brauch bei, nahm lediglich die vier Buchstaben „prot.“ heraus und fügte statt ihrer „kath.“ ein.

    Die Diktatur des Nationalsozialismus und die Schäden des Zweiten Weltkriegs bewirkten nach fast 100 Jahren das Ende des Neu-Ulmer Anzeigers. Am 30. Oktober 1945 erschien erstmals in Augsburg die Schwäbische Landeszeitung als Vorläuferin der Augsburger Allgemeinen, deren Verlag seit nunmehr 70 Jahren auch die Neu-Ulmer Zeitung herausgibt.

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