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Neu-Ulm: Wie Neu-Ulms OB Katrin Albsteiger gegen den Corona-Wirrwarr kämpft

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Wie Neu-Ulms OB Katrin Albsteiger gegen den Corona-Wirrwarr kämpft

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    Neu-Ulms Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger (CSU) fordert einheitliche Corona-Regeln für Ulm und Neu-Ulm.
    Neu-Ulms Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger (CSU) fordert einheitliche Corona-Regeln für Ulm und Neu-Ulm. Foto: Alexander Kaya (Archivbild)

    Katrin Albsteiger (CSU) ist jetzt seit einem Jahr Neu-Ulmer Oberbürgermeisterin. Das heißt für sie, wie für alle anderen neu gewählten Rathauschefs: Ihre gesamte Amtszeit läuft bislang unter Corona-Bedingungen ab, also im Krisen-Modus mit immer neuen Bestimmungen und Herausforderungen. Und von Anfang an begleitete und nervte sie dabei ein Thema: Die unterschiedlichen Corona-Regeln, die in Ulm und Neu-Ulm gelten, weil die eine Stadt in Baden-Württemberg und die andere in Bayern liegt. Dabei sind die beiden Städte nur durch die Donau getrennt, und jeden Tag gehen und fahren Tausende Menschen hin und her. Doch wer die Grenze überschreitet, muss sich jedes Mal fragen: Was gilt jetzt eigentlich? Nicht nur Albsteiger findet: "Das versteht kein Mensch."

    Immer wieder gelten in Ulm und Neu-Ulm unterschiedliche Corona-Regeln

    Das Paradebeispiel für den Corona-Wirrwarr sind die Baumärkte. Zu Beginn des ersten Lockdowns waren sie in Ulm geöffnet und in Neu-Ulm geschlossen. Mit der Folge, dass Hunderte Menschen (verbotenerweise) die Grenze überquerten, um sich Werkzeug, Gartenerde oder einen neuen Grill zu kaufen. Später war es umgekehrt. Und bis vor ein paar Wochen durften Baumärkte in Ulm noch normal öffnen, während in Neu-Ulm nur "Click and Meet" erlaubt war, also Einkaufen nach Vorbestellung übers Internet.

    Ob Buchläden oder Biergärten, Tennisplätze oder Friseure: Die Liste der Bereiche, in denen unterschiedliche Regeln in Ulm und Neu-Ulm gelten oder galten, ist lang. Inzwischen wurde zwar die bundesweit einheitliche Corona-Notbremse beschlossen. Doch Unterschiede zwischen Ulm und Neu-Ulm gibt es weiterhin. Denn die Länder können über die bundesweiten Vorgaben hinausgehen und strengere Regeln vorschreiben.

    Neu-Ulm auf bayerischer Seite (links) und Ulm in Baden-Württemberg: Die Städte sind eng verbunden, doch mitunter gelten unterschiedliche Corona-regeln.
    Neu-Ulm auf bayerischer Seite (links) und Ulm in Baden-Württemberg: Die Städte sind eng verbunden, doch mitunter gelten unterschiedliche Corona-regeln. Foto: Alexander Kaya (Archivbild)

    Das macht Bayern beispielsweise bei den Schulen. Im Freistaat ist bereits ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 Distanzunterricht verpflichtend, die Notbremse sieht dies erst bei einem Wert von 165 vor. Ein anderes Beispiel: Während der nächtlichen Ausgangssperre darf man laut der Bundesregelung bis Mitternacht alleine joggen oder spazieren gehen, in Bayern ist dies nicht erlaubt. Man darf also nachts am Ulmer Donauufer entlang laufen, wer aber eine Runde drehen will und deshalb nach Neu-Ulm joggt, bekommt Ärger.

    Der Brief ging an Markus Söder, Klaus Holetschek und Manne Lucha

    "Es ist für die Menschen nicht verständlich, wie man innerhalb von einer Stadt unterschiedliche Regeln haben kann", sagt Katrin Albsteiger. Denn Ulm und Neu-Ulm sehen sich als einen Lebensraum. Die Verflechtungen sind vielfältig, der gemeinsame Tourismusfonds wirbt mit dem Schlagwort "Zweilandstadt". "Ich habe viele Gespräche geführt und versucht, für das Thema zu sensibilisieren", berichtet die Neu-Ulmer Rathauschefin von ihren Vorstößen in Präsidium und Parteivorstand. "Man stelle sich beispielsweise einmal vor, in München gäbe es links und rechts der Isar unterschiedliche Regeln", so Albsteiger. Zuletzt haben sie und ihr Ulmer Amtskollege Gunter Czisch (CDU) einen gemeinsamen Brief an die zuständigen Minister Klaus Holetschek (CSU) und Manne Lucha (Grüne) mit der Forderung nach einheitlichen Regeln verschickt. Das Schreiben ging zudem an den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU).

    Wie Albsteiger erläutert, sei der Brief als Bewerbung zu sehen, wenn auch sozusagen außer Konkurrenz: "Es wurde eine Modellkommune ausgeschrieben, und wir haben uns als Modell-Doppelkommune beworben", sagt die 37-Jährige. Wie berichtet, hatte Markus Söder in Aussicht gestellt, in acht Modellregionen in Bayern vorsichtige Öffnungsschritte, etwa im Einzelhandel, durch mehr Tests zu ermöglichen. Der Brief aus der Doppelstadt ging vor etwa drei Wochen raus. Eine Antwort haben Albsteiger und Czisch bislang nicht bekommen.

    In bester Lage an der Donau mit Blick auf das Ulmer Münster befindet sich das Hotel Golden Tulip. Der Inhaber der 1979 erbauten ehemaligen Mövenpick Immobilie möchte das Haus nun verkaufen.
    In bester Lage an der Donau mit Blick auf das Ulmer Münster befindet sich das Hotel Golden Tulip. Der Inhaber der 1979 erbauten ehemaligen Mövenpick Immobilie möchte das Haus nun verkaufen. Foto: Alexander Kaya

    Die Oberbürgermeisterin will dranbleiben. Es gehe auch darum, Aufmerksamkeit für das Thema zu erzeugen, sagt sie. "Das ist das schärfste Schwert, das wir haben." Einfach vorpreschen, wie OB Boris Palmer (Grüne), der mit dem inzwischen eingestellten Tübinger Modell monatelang bundesweite Aufmerksamkeit erregte, will sie nicht. "Ich halte mich an Recht und Gesetz, und das erwarte ich von jedem einzelnen in dieser Stadt auch." In Tübingen sei manches einfach geduldet worden.

    Katrin Albsteiger war von 2013 bis 2017 Bundestagsabgeordnete

    Grundsätzlich habe sie großes Verständnis für die Handlungsweise der übergeordneten Ebenen, sagt Albsteiger. "Die tun ihr Bestes." Sie kennt die andere Seite, denn sie war selbst von 2013 bis 2017 Bundestagsabgeordnete und hat über Gesetze abgestimmt, die dann von den Städten und Gemeinden umgesetzt werden mussten. Inzwischen tut sie sich mit dem Krisenmanagement von Bund und Ländern jedoch zunehmend schwer. Denn der Dauer-Krisen-Modus habe zu einem "Trial-and-Error-Aktionismus" geführt, den sie für schwierig halte. Das zehrt an den Nerven: "Es pendelt zwischen Verständnis und Frustration."

    Was ihr vor allem fehle, sei der Kontakt zu den Menschen, sagt Katrin Albsteiger.
    Was ihr vor allem fehle, sei der Kontakt zu den Menschen, sagt Katrin Albsteiger. Foto: Alexander Kaya (Archivbild)

    Corona hat Albsteigers erstes Jahr als OB geprägt, auch, was die Dinge angeht, die sie sich für ihre erste Amtszeit vorgenommen hat. Zum Beispiel die Belebung der Neu-Ulmer Innenstadt. Momentan ist daran nicht zu denken. Im Gegenteil, sämtliche Feste und Veranstaltungen bis Mitte Juli wurden abgesagt. Was ihr vor allem fehle, sei der Kontakt zu den Menschen, sagt Albsteiger. "Als Bürgermeisterin will ich bei den Bürgern sein." Stattdessen fühle sie sich als "Schreibtischmeisterin". "Das ist nicht das, was ich mir vorgestellt habe."

    Bei der Frage nach der Nüßlein-Nachfolge hat Albsteiger abgewinkt

    Die Oberbürgermeisterin kann der Situation aber auch Positives abgewinnen. Dadurch, dass sie ein Jahr lang notgedrungen größtenteils im Büro arbeitete, kennt sie das Rathaus jetzt sehr gut, konnte sich in die Verwaltungsarbeit hineinknien und hat festgestellt, dass ihr die Arbeit Spaß macht. "Ich habe das Gefühl, am richtigen Platz zu sein", sagt Albsteiger. Und so hat sie, als sie gefragt wurde, ob sie sich vorstellen könne, als mögliche Nachfolgerin für den in die Maskenaffäre verstrickten Georg Nüßlein zu kandidieren, ohne zu zögern "nein" gesagt. Ihren Platz im Neu-Ulmer Rathaus würde sie auf keinen Fall gegen ein Mandat im Bundestag eintauschen wollen. Trotz eines ersten Jahrs im Corona-Modus fällt Albsteigers persönliche Zwischenbilanz optimistisch aus: "Ich kann sagen, dass ich wirklich sehr gern zur Arbeit gehe und ich sehr glücklich bin im Amt - abgesehen davon, dass mir der Kontakt nach draußen fehlt."

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