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Neu-Ulm: Vom Hotel "Bayerischer Hof" blieb nur ein Straßenschild

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Vom Hotel "Bayerischer Hof" blieb nur ein Straßenschild

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    Im Jahr 1844 wurde in Neu-Ulm das Hotel Bayerischer Hof samt Pferdestall und Kegelbahn errichtet. Hier ist das Gebäude auf einer Ansichtskarte von 1940 zu sehen. Heute befindet sich dort unter anderem das Bürgerbüro der Stadt.
    Im Jahr 1844 wurde in Neu-Ulm das Hotel Bayerischer Hof samt Pferdestall und Kegelbahn errichtet. Hier ist das Gebäude auf einer Ansichtskarte von 1940 zu sehen. Heute befindet sich dort unter anderem das Bürgerbüro der Stadt. Foto: Gerrit-R. Ranft (Repro)

    Zwischen April und September 2019 feiert Neu-Ulm sein Jubiläum „150 Jahre Stadterhebung“. Die

    Das „Bayerisch Hofgässchen“ ist einer von 686 Verkehrswegen, die Neu-Ulm unterhält. Mit einer Länge von nicht mal 100 Metern ist es eins der kürzesten, zugleich auch schmalsten Sträßchen im Neu-Ulmer Stadtgebiet. Es verbindet den Petrusplatz mit der Ottostraße und passiert dabei das Bürgerbüro der Stadt, den Johanneskindergarten und einen Friseurbetrieb. Fragt sich nur, wie das Gässchen zu seinem Namen kam.

    Vor 30 Jahren gab es noch eine Gaststätte mit großem Biergarten

    Tatsächlich lag noch bis vor knapp 30 Jahren am östlichen Rand des Petrusplatzes zwischen Friedenstraße und Bayerisch Hofgässchen die Gastwirtschaft „Zum Bayerischen Hof“ mit großem Biergarten. Ihre Stelle nehmen heute das städtische Bürgerbüro, ein Fitnesscenter und ein Eiscafé ein. Integriert ist der Abstieg zur Tiefgarage unter dem Petrusplatz. Der umfassende innerstädtische Wandel hat sich hier Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts vollzogen. Zwischen Schützen- und Augsburger Straße wurde der Petrusplatz mit Tiefgarage eingeschoben, das „Neu-Ulmer Segel“ über dem Treppenhaus aufgestellt, das Dekanatsgebäude der evangelischen Kirche neu errichtet und das Heimatmuseum zum Edwin-Scharff-Museum erweitert. Gleichzeitig fiel der Bayerische Hof, der an dieser Stelle schon das dritte Bauwerk bildete und als schlichter, auch reichlich vernachlässigter Nachkriegsbau nicht eben ein architektonisches Schmuckstück bildete. Aus dem ursprünglichen „Hotel Bayerischer Hof“ war die schlichte Bierwirtschaft geworden. Das Ulmer Unternehmen Wohnbau Hannes ließ den Komplex abtragen und schloss die Baulücke bis Ende 1993 mit den Bauten Petrusplatz 13 bis 17.

    Wie ein Neu-Ulmer Gastwirt das Hotel samt Pferdestall baute

    Der Neu-Ulmer Gastwirt Sälzle hatte 1844 das „Hotel Bayerischer Hof“ einschließlich eines Pferdestalls und einer Kegelbahn an die Ecke der heutigen Friedenstraße mit dem Petrusplatz gebaut. Die innerörtlichen Verhältnisse der Gemeinde Neu-Ulm waren vor 175 Jahren andere als heute. Der Petrusplatz einschließlich des östlich sich anschließenden Geländes bis hin zur Johanneskirche bildete die „Herbelwiese“, die einst der Ulmer Spitalstiftung gehört hatte. Beim Bayerischen Hof traf die Straße nach Memmingen aufs Geigergäßchen. Der Platz war gut gewählt als Unterkunft für Reisende mit der Postkutsche. Laut Neu-Ulms Stadtchronist Georg Buck wurde am 1. Juni desselben Jahres in Neu-Ulm eine Fahrpostexpedition errichtet.

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    Bahnanschluss erhielt die Gemeinde erst 1853, dem Jahr, in dem Sälzle sein Haus bereits weitergegeben hatte an Markus Vollmann. Dessen Geschäfte dürften gut gelaufen sein. Neu-Ulm zählte gut 40 Jahre nach seiner Gründung gut 4800 Einwohner. Schon 1860 legte Vollmann ein Baugesuch zur Erweiterung seiner Wirtschaft vor. Er schrieb darin: „Meine stets wachsende Familie sowohl als der sich mehrende Besuch meiner Bierwirtschaft, welcher bei dem Bau einer Kaserne und eines Spitales noch zunehmen wird, veranlaßt mich, zu einem Neubau zu schreiten.“ Zwar billigte das Königliche Landgericht Neu-Ulm binnen 19 Tagen das Gesuch. Doch die Bezirksregierung in Augsburg wies den Antrag zurück. Tatsächlich konnte Vollmann erst 1865 mit dem Neubau beginnen. Den Bauplan entwarf ihm Maurermeister und Gemeinderat Peter Staiger.

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    Vollmann unterhielt die Wirtschaft bis mindestens 1870, war im Neu-Ulmer Adressbuch für 1873 nicht mehr aufgeführt. Stattdessen erschien 1876 Witwe Vollmann als Besitzerin. Der Betrieb blieb nach Wirt Vollmanns Tod in der Familie; denn 1880 schenkte Markus Vollmann Bier und Branntwein aus. Er ließ dem Haus 1887 eine weitere Etage aufsetzen. Zugleich kam er wohl einer Anweisung der mittlerweile städtischen Neu-Ulmer Verwaltung nach und ließ in den Pferdestall von 1844 ein „Sommerpissoir“ einbauen. Um die Jahrhundertwende übernahm Ulrich Wiedenmann den Bayerischen Hof. Er besserte die Ausstattung an mehreren Stellen nach – vermutlich städtischen Vorgaben folgend.

    Im Zweiten Weltkrieg ging der "Bayerische Hof" in Flammen auf

    Dieser ganze, vom Gastwirt Sälzle 1844 errichtete und von seinen Nachfolgern fleißig umgebaute, erweiterte und modernisierte Bau stand bis zum Winter 1944. In der Nacht, als Ulm gegen Ende des Zweiten Weltkriegs nahezu total, Neu-Ulm zu großen Teilen zerstört wurde, ging auch das Hotel Bayrischer Hof in Flammen auf. Der eher schlicht gehaltene Nachfolgebau wurde 1992 abgetragen. Schade war’s sicher nicht um das wenig ansehnliche, zum Ende gar ungepflegt wirkende Nachkriegsbauwerk. Bedauert wurde allerdings der Verlust des Biergartens zur Friedenstraße hin, auch der mächtigen Kastanien wegen, die für schattige Plätze sorgten. Der große Umbruch, der aus dem Südende der Marienstraße und Teilen der Augsburger und der Schützenstraße den zentralen Petrusplatz machte, ließ ihnen keine Chance.

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