Vier der acht Sitznachbarn des am Coronavirus erkrankten Mannes sind identifiziert. Krankheitsfälle gibt es dem Gesundheitsamt Neu-Ulm zufolge im Landkreis nicht, auch den Kliniken in Ulm sind keine Fälle bekannt.
Der 25-jährige Erkrankte aus dem Landkreis Göppingen hat wie berichtet am Samstag die 20-Uhr-Vorstellung des Films „Bad Boys for Life“ im Saal 8 des Dietrich-Theaters in Neu-Ulm besucht. Die Personen, die in seiner direkten Umgebung saßen, haben ein höheres Infektionsrisiko. Für die vier Identifizierten haben die zuständigen Gesundheitsämter nach Angaben des Landratsamts Neu-Ulm Quarantäne angeordnet. Aus Sicherheitsgründen sollen diese Kinobesucher zuhause blieben, bis sie virusfrei sind. Gefährdet gelten die Zuschauer auf den Plätzen 12, 13 und 14 der Reihe 1, auf den Plätzen 12 und 14 der Reihe 2 und auf den Plätzen 12, 13 und 14 der Reihe 3.
Ulm/Neu-Ulm: Angst wegen Coronavirus geht um
Bei den Gesundheitsämtern haben sich zahlreiche weitere Kinobesucher gemeldet, die nun auf Symptome wie Fieber, Husten oder Schnupfen achten sollen. Beim Gesundheitsamt Neu-Ulm haben auch etliche andere besorgte Bürger angerufen. Zudem hat sich die Behörde mit niedergelassenen Ärzten, Gemeinschaftseinrichtungen, Krankenhäusern, dem Rettungsdienst und der Polizei ausgetauscht.
Das Gesundheitsamt habe ihm versichert, dass ein Kinobesuch kein gesundheitliches Risiko darstelle, betont Kinobetreiber Roland Sailer . Dennoch scheinen Besucher verunsichert zu sein. Am Mittwochabend wickeln dort manche ihre Hände in Toilettenpapier ein, bevor sie die Türklinke im WC anfassen. Am Donnerstag beklagt sich eine Frau in der Neu-Ulmer Innenstadt, dass in den Apotheken kaum noch Desinfektionsmittel zu bekommen sei. Der Betreiber eines Kopierladens im Ulmer Frauengraben hat ein Schild am Eingang aufgehängt: Er bittet alle, die die gleiche Vorstellung wie der Corona-Kranke besucht haben, sein Geschäft nicht zu betreten. Er sorge sich um sein zweieinhalb Wochen altes Kind. Im Internet ist das Echo zur Meldung zweigeteilt: Die einen spotten darüber, dass man doch auch keinen Besuch eines Grippe-Kranken im Kino öffentlich mache. Bei anderen ist dagegen große Sorge erkennbar.
Vorbereitungen für Fälle von Coronavirus in Ulm, Neu-Ulm, Weißenhorn und Illertissen
Die Kliniken in der Region spüren bislang keinen besonderen Andrang wegen des Coronavirus . Nach Informationen unserer Redaktion ist ein Mann aus dem Kreis Neu-Ulm , der vor einigen Tagen mit gesundheitlichen Problemen von einer Italienreise zurückgekehrt war, im Uniklinikum zumindest zunächst sicherheitshalber isoliert behandelt worden. Zu Verdachtsfällen sage man grundsätzlich nichts, sagt Tanja Kotlorz , Sprecherin des Universitätsklinikums. Man bereite sich vor, habe Informationsmaterial ausgelegt und halte zusätzliche personelle und sonstige Ressourcen für die Versorgung Betroffener vor. Beschäftigte, die von einer Reise in die italienischen Regionen Lombardei oder Venetien zurückkehren, sollten soweit möglich für 14 Tage von zuhause aus arbeiten oder einen ärztlichen Nachweis beibringen, dass sie nicht mit dem Virus infiziert sind.
In der Stiftungsklinik in Weißenhorn gab es nach Informationen unserer Redaktion Verdachtsfälle. Darunter waren Karnevalsbesucher, die unter Erkältungssymptomen leiden und deshalb auf eine Infektion untersucht wurden. Ein Soldat aus Nordrhein-Westfalen , der im Bundeswehrkrankenhaus in Koblenz positiv auf das Coronavirus getestet worden ist, hat sich mutmaßlich im Karneval angesteckt. Der Mann, der nun im Koblenzer Bundeswehrkrankenhaus bleiben muss, bis er virusfrei ist, hatte mit einem anderen Infizierten privat Karneval gefeiert. Auch im Bundeswehrkrankenhaus in Ulm wird ein Isolierbereich vorgehalten. Es würden auch Vorbereitungen getroffen, um weitere Kapazitäten für mögliche Corona-Patienten in den Kliniken der Streitkräfte zu schaffen, sagt Oberstleutnant Matthias Frank , Pressesprecher des Sanitätsdiensts der Bundeswehr .
Coronavirus: Kliniken im Landkreis Neu-Ulm testen Verdachtsfälle
Wie berichtet, wollten sich die Chefärzte der drei Kliniken im Landkreis Neu-Ulm am Donnerstagabend darüber abstimmen, wie die Kreisspitalstiftung mit möglichen Corona-Fällen umgehen will. Dabei geht es nach Angaben von Sprecherin Edeltraud Braunwarth auch um die Frage, ob Patienten zentral in einem Krankenhaus behandelt werden sollen oder ob sie dortbleiben, wo sie ursprünglich aufgenommen wurden. In Verdachtsfällen nehme man Tests vor. Wer den Verdacht habe, erkrankt zu sein, solle sich aber zunächst telefonisch bei seinem Hausarzt oder unter der Rufnummer 116 117 beim Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung melden.
Dr. Martin Küfer, der Leiter des Gesundheitsamts Neu-Ulm , sieht keine zwingende Veranlassung, alle Infizierten in einer Station zu behandelt. Üblicherweise wisse keiner, der ins Krankenhaus komme, dass er mit dem Coronavirus infiziert sei. Erst ein Test gebe die Gewissheit. Alle Kliniken seien vorbereitet, daher könnten Patienten auch dortbleiben, wo sie aufgenommen wurden. Wie Kliniksprecherin Braunwarth bestätigt, verfügen sämtliche Häuser der Stiftung über Isolierzimmer.
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