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Neu-Ulm: Undurchsichtige Transportgeschäfte in Neu-Ulm

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Undurchsichtige Transportgeschäfte in Neu-Ulm

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    Wegen Unterschlagung stand ein junger Mann vor Gericht.
    Wegen Unterschlagung stand ein junger Mann vor Gericht.

    Regelmäßige Benutzer von Autobahnen bekommen in ihrem Pkw zuweilen das Gefühl, einer bedrohten Spezies anzugehören: Verdrängt von der endlosen Prozession der Sattelzüge auf der rechten Spur, findet man sich links inmitten lästiger Kleinlaster-Schwärme wieder. Das Transportgewerbe blüht, allerdings findet sich dort auch Etliches an Unkraut und eher lichtscheuen Gewächsen. Einen kleinen Einblick in das Unterholz der Branche lieferte jetzt ein Prozess vor dem Ulmer Amtsgericht. Angeklagt war ein 29 Jahre alter Mann, der als Transportfahrer Geld unterschlagen haben sollte. Es ging immerhin um 15000 Euro, die eigentlich einem Neu-Ulmer Möbelhaus zustanden.

    Vorstrafenliste ist ansehnlich gefüllt.

    Der junge Mann hatte zunächst keine sonderlich guten Karten, denn seine Vorstrafenliste ist ansehnlich gefüllt. Er sei „selber schockiert gewesen“, sagte der Angeklagte, „als ich sah, was ich in jungen Jahren alles gemacht habe“. Zu Buche standen vor allem Drogendelikte und Körperverletzungen, aber nichts, was mit dem Thema Eigentum zu tun hatte. Laut Anklage hatte er sich vor gut einem Jahr in seiner Heimatstadt Reutlingen bei einer Transportfirma verdingt. Einen Führerschein besitzt er bis heute nicht. Er wurde aber offenbar auch nicht danach gefragt. Das Unternehmen schickte ihn zusammen mit einem Mann aus Rumänien auf die Straße.

    Die beiden holten von dem Möbelhaus in Neu-Ulm die Ware ab, transportierten sie zu Kunden in der Region und stellten sie dort auf. Das Geld kassierten sie in bar. Offenbar reichte die Zeit oft nicht mehr, es in

    Undurchsichtigen Gepflogenheiten der Transportbranche

    Polizei und Staatsanwaltschaft waren der Ansicht, dass es der Angeklagte eingesackt hatte, was der entschieden bestritt. Nach Aussage seiner ehemaligen Chefin, der Inhaberin der Transportfirma, sei er für das Kassieren zuständig gewesen, angeblich auch fürs Fahren. Den Führerschein hatte sich die Frau nicht zeigen lassen, dafür sei ja ihr Mann zuständig gewesen. Ein Arbeitsvertrag, in dem mögliche Aufgaben niedergeschrieben sind, existiert nicht. Der wurde offenbar nie abgeschlossen.

    Das wunderte Richter Thomas Mayer überhaupt nicht, denn er hat von Amts wegen öfter mit den zuweilen undurchsichtigen Gepflogenheiten der Transportbranche zu tun. Da würden Aufträge einfach weitergereicht an „Subsubsub-Unternehmen“ und schriftliche Vereinbarungen oft als nicht so wichtig erachtet. Und die Sache mit der Fahrerlaubnis? Er kenne viele Fälle, in denen gar nicht danach gefragt worden sei. Nicht wenige verdienten in der Branche ihren Lebensunterhalt, ohne einen Führerschein zu besitzen.

    Angeklagte arbeitete in Reutlingen als Fußballtrainer

    Anderswo scheint ebenfalls eine gewisse Laxheit zu herrschen: Der Angeklagte arbeitete in Reutlingen als Fußballtrainer, doch ein Führungszeugnis wollte dort angeblich niemand sehen. Angesichts der Vorstrafen hätte der junge Mann keine Kinder und Jugendlichen betreuen dürfen, merkte Mayer verständnislos an.

    Er sprach im Übrigen den Angeklagten frei, auch wenn die Staatsanwaltschaft auf einer Bestrafung beharrte. Die ganze Angelegenheit ließ sich nicht aufklären, vor allem, weil die zuständige Polizei in Reutlingen nach Dafürhalten des Richters schlampig ermittelt hatte. Deshalb gelte: im Zweifel für den Angeklagten.

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