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Neu-Ulm: Tritte gegen den Kopf: War es versuchter Totschlag?

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Tritte gegen den Kopf: War es versuchter Totschlag?

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    Ein Mann soll einen anderen mit Tritten gegen den Kopf schwer verletzt haben.
    Ein Mann soll einen anderen mit Tritten gegen den Kopf schwer verletzt haben. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Es sind schreckliche Szenen, die sich im März dieses Jahres vor einem Neu-Ulmer Lokal abgespielt haben sollen. Ein Mann wirft einen anderen zu Boden, schlägt ihm mit der Faust ins Gesicht und tritt ihn mit Schuhspitze und Sohle gegen den Kopf. So wirft es die Staatsanwaltschaft einem 37-Jährigen aus Neu-Ulm vor, er muss sich nun wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht Memmingen verantworten.

    Der Angeklagte sitzt regungslos da, als Staatsanwalt Sebastian Murer vorliest, was an dem Abend im März passiert sein soll: Kurz vor 24 Uhr an einem Freitagabend im März kam es zwischen dem Angeklagten und dem 35-jährigen Geschädigten, die beide stark betrunken waren, in einer Kneipe in Neu-Ulm zum Streit. Wenige Minuten später ging der jüngere Mann zum Rauchen in den Außenbereich der Gaststätte, wohin ihm der Angeklagte folgte.

    Mit Tritten und Fäusten gegen den Kopf

    Nach einem kurzen Wortwechsel soll der Angeklagte dem Geschädigten mindestens zweimal mit der rechten Faust ins Gesicht geschlagen haben. Nachdem er ihn kräftig gegen die Wand der Gaststätte gestoßen haben soll, soll er ihn auf den Boden geschleudert haben, wo der Geschädigte wehrlos liegen blieb. Der Angeschuldigte soll dann in gebückter Haltung dreimal mit der Faust gegen den Kopf des Geschädigten geschlagen und ihn anschließend mindestens dreimal von hinten mit dem Fuß von oben senkrecht auf den Kopf getreten haben.

    Obwohl Zeugen versuchten, den 37-jährigen Angeklagten wegzuziehen, soll sich dieser losgerissen haben und den Geschädigten, der in diesem Moment versuchte aufzustehen, nochmals mindestens einmal mit dem rechten Fuß ins Gesicht getreten haben. Erst nachdem Zeugen nochmals einschritten, soll der Angeklagte von seinem Opfer abgelassen haben und geflohen sein.

    Der 35-jährige Geschädigte erlitt durch die Schläge des Angeklagten mehrere Brüche, unter anderem des Nasenbeins, des Jochbogens sowie zahlreiche weitere Knochenbrüche im Gesichtsbereich.

    Staatsanwaltschaft geht von versuchtem Totschlag aus

    Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte den Tod des Geschädigten aufgrund der massiven Gewalteinwirkung gegen den Kopf für möglich hielt und zumindest billigend in Kauf nahm. Der Anklagevorwurf lautet deswegen auf versuchten Totschlag mit gefährlicher Körperverletzung. Zwei Wochen nach der Prügelei wurde der Angeklagte festgenommen, seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.

    Vor Gericht liest sein Pflichtverteidiger Michael Bogdahn eine Erklärung vor. Sein Mandant wisse nicht mehr, wer mit dem Streit angefangen habe, doch das spiele nun auch keine Rolle. Er erinnere sich daran, den am Boden liegenden 35-Jährigen einmal mit Wucht getreten zu haben, mehr wisse er nicht mehr, es sei aber möglich, dass mehr gewesen sei. „Ihm ist es wichtig, zu sagen, dass es ihm fürchterlich leid tut“, sagt der Anwalt. Der 37-Jährige habe auch niemals die Absicht gehabt, den Geschädigten so zu verletzten, dass er sterben könnte. Zudem biete er einen Täter-Opfer-Ausgleich an. „Die Familie legt zusammen, um 3000 bis 4000 Euro zusammen zu bekommen – wenigstens das kann er tun“, so Bogdahn.

    Ein Gast erinnert sich genau an das Geschehen

    Am ersten Verhandlungstag vor Gericht erinnern sich nur noch wenige der Zeugen an das genaue Geschehen. Rettungssanitäter und Ärzte müssen das damals verfasste Protokoll zur Hilfe nehmen. Einer der Zeugen war an eben diesem Abend Gast in der Kneipe in Neu-Ulm – und stand draußen, als die Attacke passierte. Mit Händen und Füßen führt er vor Vorsitzendem Richter Christian Liebhart vor, wie alles vonstatten gegangen sein soll. Der Angeklagte habe den 35-Jährigen an die Wand gedrückt und mit einem Ringergriff über die Schulter zu Boden geworfen. Er habe ihn dann „wie ein Roboter“ drei bis fünf Mal mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Danach sei er um den bewegungslos am Boden liegenden Mann herumgelaufen, habe diesen etwa drei Mal mit der Fußspitze ins Gesicht und ebenso oft mit der Schuhsohle auf den Kopf getreten. Die Wirtin konnte den Angeklagten wegziehen, dann sei er weggelaufen. „Wir hatten Angst, der tritt ihn zu Tode“, sagt der Zeuge.

    Der Geschädigte selbst sagt vor Gericht, man habe zu viel getrunken, dann sei alles eskaliert. „Ich bin raus zum Rauchen und im Krankenhaus aufgewacht.“ Er habe heute jedoch außer am Knie keine Schmerzen mehr und keine psychischen Probleme. Als der Angeklagte sich entschuldigen will, spielt sich eine fast schon rührende Szene ab: Beide stehen auf, laufen aufeinander zu und umarmen sich. „Kein Problem, ist halt scheiße gelaufen“, sagt der Geschädigte zum Angeklagten. Der erwidert mit feuchten Augen: „Doch, ist schon ein Problem.“ Die Verhandlung wird am Donnerstag fortgesetzt.

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