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Neu-Ulm: Theater zum Stadtjubiläum: So kommt Neu-Ulm auf die Bühne

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Theater zum Stadtjubiläum: So kommt Neu-Ulm auf die Bühne

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    Kurz vor Probenbeginn: Regisseurin Marion Weidenfeld (links) spricht mit Autor und Regieassistent Florian L. Arnold noch ein paar Szenen durch.
    Kurz vor Probenbeginn: Regisseurin Marion Weidenfeld (links) spricht mit Autor und Regieassistent Florian L. Arnold noch ein paar Szenen durch. Foto: Alexander Kaya

    Baden, das wäre bei dieser Hitze eine Idee. Auch wenn der Graben im Glacis nicht gerade die Sorte Gewässer ist, in der man sich erfrischen möchte. Wenn man nicht gerade eine der Enten ist, die immer wieder an der Veranstaltungsbühne vorbeischwimmen. „Napoleon geht baden“ heißt das Stück, das im Neu-Ulmer Stadtpark geprobt wird, aber an diesem Abend darf niemand baden, nicht einmal Napoleon, denn der ist verhindert. Es muss ausnahmsweise auch ohne ihn gehen, denn die Zeit ist knapp: Bereits am Samstag, 29. Juni, hat die heitere Revue über die Geschichte Neu-Ulms im Glacis Premiere. Da dürfen sich die Darsteller nicht von ein bisschen Hitze ablenken lassen.

    Das Bürgertheater „Napoleon geht baden“ ist eines der Projekte, das sich die Stadt Neu-Ulm zur Feier ihrer Stadterhebung vor 150 Jahren ausgedacht hat – und eines der langwierigsten. Schon seit April 2018 laufen die Vorbereitungen, die eigentlichen Proben haben im Oktober begonnen, zunächst etwa 14-tägig in der Musikschule, seit Beginn der Woche täglich dort, wo es auch gespielt werden soll, im Glacis. Das Team hinter der Produktion besteht aus Profis, die man in der Kulturszene der Region bestens kennt: Regie führt Marion Weidenfeld, den Text schrieb Florian L. Arnold, der auch als Regieassistent fungiert, für Bühnenbild und Kostüme zeichnet Mark Klawikowski verantwortlich, die Musik komponierte Markus Munzer-Dorn, Domenico Strazzeri steuerte eine kleine Choreografie bei.

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    Doch abgesehen von den beiden Hauptdarstellern Uwe Nepomutzky und Marisa Maddaluno, die einen Geschichtsprofessor und seine zunächst wenig an der Historie interessierte Tochter spielen, stehen nur begeisterte Laien auf der Bühne. Etwa 20 Rollen hat das Stück, dazu wirken auch noch die Stadtkapelle Neu-Ulm, Square-Dancer sowie Mitglieder aus Trachtentanz- und Stubenmusik-Gruppen mit. Insgesamt, so sagt Weidenfeld, seien an den Aufführungen gut 100 Menschen beteiligt. Und genau darum geht es bei „Napoleon geht baden“: Es soll nicht nur ein Stück über die Stadt, sondern auch mit der Stadt sein. Bühne frei für Neu-Ulm.

    Einige Eckpunkte der Handlung waren vorgegeben

    Die Arbeit am Text für „Napoleon geht baden“ war für Florian L. Arnold, der nach einem Ausfall im Ensemble selbst die Rolle eines schusseligen Stadtschreibers übernommen hat, eine neue Erfahrung. Denn erstmals in seiner Autorenkarriere musste er an Fakten entlang schreiben. Einige Eckpunkte der Handlung waren vorgegeben: Stadtgründung und Stadterhebung mussten beispielsweise ebenso vorkommen wie die Bundesfestung. Mit drin stecken jetzt aber auch die Weltkriege, die Menschenkette gegen die Pershing-Raketen – und etliche Episoden und Anekdoten, die vielleicht nicht jedem geläufig sind. Arnold hat für „Napoleon geht baden“ umfangreich in Büchern und im Stadtarchiv recherchiert. Eine Geschichtsstunde ist das Stück trotzdem nicht, obwohl Arnolds Aliens von der Regisseurin gestrichen wurden. „Bei den zeitlichen Abläufen haben wir uns große Freiheit genommen“, sagt der Autor und Regieassistent. „Es geht darum, dass man auf der Bühne einen Flow bekommt.“

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    An diesem Abend klappt das schon ganz gut, auch wenn Marion Weidenfeld immer wieder eingreift. Die Bedingungen fordern von den Darstellern aber auch einiges ab. Die Tontechnik ist erst ab Donnerstag verfügbar, dafür klimpert bei der Probe Jazzmusik aus dem benachbarten Biergarten herüber. Stadtkapelle & Co. kommen erst in den kommenden Tagen hinzu, sodass man sich manches dazu denken muss. Das gilt auch für die Kostüme, die teils am Berufskolleg für Modedesign am Zentrum für Gestaltung in Ulm entworfen und hergestellt wurden und werden. „Total coole Sachen, Sergeant-Pepper-Style“, freut sich Ausstatter Klawikowski. Und auch die Stadtmauer, hinter der auf der offenen Bühne Schauspieler und Requisiten versteckt sind, besteht zum Teil noch aus Bierbänken. Klawikowski hat das nächste Mauerstück schon in der Mache, auch die Badewanne für Napoleon, die er um einen Rollstuhl herum baut. Ein Rollstuhl als Badewanne? Klawikowski schmunzelt. Das sei eine der Ideen, die erst bei den Proben entstanden sind.

    Auch die Darsteller haben einiges über Neu-Ulm gelernt

    Genau diese Dynamik der Produktion gefällt der Regisseurin. „Wenn man ein so großes Projekt inszeniert, muss man den Mitarbeitern vertrauen“, sagt Marion Weidenfeld. Und auch dem Ensemble, zu dem viele Laien gehören, so wie Bianca Bitzer aus Ludwigsfeld, die unter anderem eine „Gartlerin“, eine Trümmerfrau und eine Soldatin spielt. Bitzer hatte sich eigentlich als Sängerin für den Chor gemeldet. Sie sei mit einer Freundin zu einer Vorabveranstaltung gegangen – „und plötzlich war ich auch Schauspielerin“. Eine Herausforderung für die Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin, der vorher noch nie Theater gespielt hatte. „Aber es ist super, wie man hier unterstützt wird.“ Bitzer meint mit ihrem Lob auch die professionellen Mitspieler, unter anderem Marisa Maddaluno aus Ulm, die nach eigenen Angaben schon als Kind davon geträumt hat, einmal auf der Bühne im Glacis zu spielen. Was sie bei der Produktion über die Geschichte Neu-Ulms gelernt hat. „Alles“, sagt sie und lacht. „Ich habe von der Entstehung gar nichts gewusst.“

    Neues gelernt über die Stadt hat auch Autor Florian L. Arnold bei seiner Recherche. Und das hatte Folgen für den Elchinger. „Ich sehe Neu-Ulm seither ganz anders und gehe mit viel wärmeren Gefühlen durch die Stadt“, berichtet er. „Hier waren tolle Leute unterwegs und sind tolle Geschichten passiert.“ Das Bürgertheater, so hoffen alle Beteiligten, könnte auch eine solche tolle Geschichte werden.

    „Napoleon geht baden“ wird am Samstag, 29., und Sonntag, 30. Juni, im Stadtpark Glacis gespielt. Beginn ist jeweils um 19 Uhr. Bei schlechtem Wetter finden die Vorstellungen im großen Saal des Edwin-Scharff-Hauses statt. Die Stadt Neu-Ulm schaltet für das Bürgertheater ein Wettertelefon. Bei unsicherer Wetterlage kann an den Veranstaltungstagen ab 12 Uhr über die Nummer 0731/7050-2121 abgefragt werden, wo die Vorstellungen am Abend stattfinden werden. Für beide Vorstellungen gibt es bei guter Wetterlage jeweils noch 200 zusätzliche kostenlose Tickets an der Abendkasse. Für Sonntag sind darüber hinaus noch am heutigen Donnerstag, 27. Juni, Tickets im Rathaus und im Bürgerbüro erhältlich. Die Einlasstickets sind nicht personalisiert und können auch an andere Personen weitergegeben werden.

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