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Neu-Ulm: Schrecklich lustig: "Bis dass dein Tod uns scheidet" am Theater Neu-Ulm

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Schrecklich lustig: "Bis dass dein Tod uns scheidet" am Theater Neu-Ulm

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    Spontan im Einsatz an der Urne: Marcus Zollfrank sprang kurzerhand ein, als das Theater Neu-Ulm einen Ausfall zu beklagen hatte.
    Spontan im Einsatz an der Urne: Marcus Zollfrank sprang kurzerhand ein, als das Theater Neu-Ulm einen Ausfall zu beklagen hatte. Foto: Dagmar Hub

    Man sagt schnell, etwas sei „schrecklich lustig“, und selten macht man sich wirklich Gedanken über die Formulierung. Was es bedeutet, dass etwas „schrecklich lustig“ ist, lehrt Lars Lienens Ein-Mann-Komödie „Bis dass dein Tod uns scheidet“, die das Theater Neu-Ulm aktuell im romantischen „Refugium“, dem Kunstgarten von Bernhard Weimar im Finninger Ried, zeigt. Ein Abend, so unterhaltsam wie diabolisch, ein geniales Stück – und doch: Man lacht über eine Familie, in der das Morden zur Kunst erhoben und kultiviert wird: schöner morden in Chadwick Manor House.

    Das Theater Ulm zeigt eine mörderische Komödie

    Am Ende des Abends, der dann doch kühl wird, ist das Publikum begeistert – und das, obwohl die Realisierung des Stückes für Regisseur Heinz Koch kurz vor der Ziellinie ziemlich kompliziert wurde. Eine Woche vor der Premiere erfuhr er von der Erkrankung des gebuchten Schauspielers Marcus Jakovljevic, der den Mörder Sir Charles Chadwick verkörpern sollte – und in Deutschland gibt es außer dem Autor der Kriminalkomödie nur drei Schauspieler, die das 2009 geschriebene Stück beherrschen. Nach dem Ausfall von Jakovljevic also noch zwei.

    Denn Sir Charles Chadwick hat ein Jubiläum zu feiern. Möglicherweise irritieren die Hinweise „Zur Trauerfeier“ im Kunstgarten den Besucher zunächst ein bisschen, aber Sir Charles Chadwick hat Stil und feiert die Beerdigung seiner geliebten Frau Jane, mit der er nur kurz verheiratet war. Sie war seine zehnte Ehefrau. Zehn Hochzeiten und zehn Beerdigungen in zehn Jahren – Sir Charles hat Gründe, mit Whiskey und edlen Pralinen zu feiern, nicht zuletzt den Umstand, dass er der Überlebende ist, dass ihn die Polizei nie erwischt hat und dass er seine Ehefrauen alle mit Stil unter die Erde brachte. Auch die Quasselstrippe Isabelle, die er wohl am wenigsten liebte. Außerdem Virginia, Julia, Natasha und wie sie alle hießen. Am meisten liebte Sir Charles

    "Bis dass dein Tod uns scheidet" handelt vom mörderischen Sir Charles Chadwick

    Sir Charles macht seiner Familie alle Ehre – wie man mit feiner Hand mordet und die Welt ein bisschen schöner macht, weil man sie von unangenehmen Menschen befreit, lehrte ihn seine Mutter früh. Und auch die schlug mit ihrer Leidenschaft schon nicht aus der Art. Amüsant fürs Publikum wird es besonders, weil es selbst Teil der Beerdigungsgesellschaft ist. Man mutiert zu Tante Ada und Onkel Alfred, die auch nicht von schlechten Eltern sind, und manch eine Besucherin sieht sich – mit Sekt bezirzt – mit den Avancen Sir Charles´ konfrontiert: Ob die nächste Herrin von Chadwick Manor Brigitte sein wird, oder Julia, oder Sandra? Mittendrin platzt die Realität ins Stück – ein Polizeihubschrauber knattert über Bühne und Garten, gerade als im Stück die Polizei die Gruft der verschwundenen (und möglicherweise gar nicht toten) Mutter des Adeligen sehen will.

    All die Verblichenen von Sir Charles eint eines: Sie waren jung, wohlhabend und recht hübsch. Ob blond, ob braun – Sir Charles liebt die Frauen, aber er tut es nur kurz. Aber nein, Ethos hat auch er: Eine Schonfrist von zwei Monaten galt für jede der Gattinnen; Heinrich VIII., den erst seine sechste Ehefrau überlebte, wäre ein rechtes Waisenkind gewesen gegenüber Sir Charles, und Romeo und Julia hätten sich solche Verbindungen nicht träumen lassen.

    Das Theater Neu-Ulm präsentiert ein mörderisches Ratespiel

    Mit der Ehe mit Lady Jane allerdings macht Sir Charles den Fehler seines Lebens. Die Pattsituation des Mordens schafft eine recht turbulente Ehe, einen Wettstreit des Überlebens – und Jane bringt das Kunststück fertig, sich posthum für ihren Tod zu rächen. Wie, das sei nicht verraten – wohl aber, dass die Porträts der zehn Verblichenen ein genaueres Hinsehen wert sind. Denn hinter den bearbeiteten Fotografien verbergen sich prominente Gesichter – ein zusätzliches Ratespiel, das viel Spaß macht.

    Weitere Aufführungen des Stücks finden am 10. und 11. Juli jeweils um 20 Uhr im „Refugium“ im Finninger Ried statt.

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