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Neu-Ulm: Prozess: Vorsitzende prellte Förderverein einer Grundschule um 8000 Euro

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Prozess: Vorsitzende prellte Förderverein einer Grundschule um 8000 Euro

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    Am Amtsgericht Neu-Ulm ist die frühere Vorsitzende eines Fördervereins zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.
    Am Amtsgericht Neu-Ulm ist die frühere Vorsitzende eines Fördervereins zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Foto: Alexander Kaya (Symbol)

    Was hat Carles Puigdemont, der ehemalige Regionalpräsident von Katalonien, mit einem Strafprozess wegen Untreue am Amtsgericht Neu-Ulm zu tun? Dafür lieferte Richter Thomas Mayer eine Erklärung. In Juristenkreisen wurde vermutet, der aus deutscher Haft entlassene Politiker sei der Grund dafür, dass eine mit internationalem Haftbefehl gesuchte Angeklagte aus dem Landkreis

    Die Frau hatte, so die Staatsanwaltschaft, als Vorsitzende den Förderverein einer Grundschule im nördlichen Landkreis um circa 8300 Euro geschädigt. Wegen dieses als gewerbsmäßige Untreue eingestuften Delikts sollte der Prozess gegen die 36-Jährige eigentlich schon im August vergangenen Jahres über die Bühne gehen. Doch die alleinerziehende Mutter machte sich aus dem Staub. Sie sei angeblich auf Auslandsreise, informierte ihr Anwalt. Auf die freiwillige Rückkehr wollte Amtsgerichtsdirektor Mayer nicht warten: Er erließ Haftbefehl.

    Das führte zu weiteren Komplikationen, denn die Frau war an ihrem vorübergehenden Zufluchtsort in Andalusien nicht angemeldet. Der Aufenthaltsort wurde erst über eine Interpol-Fahndung ermittelt. „Sie hätten sich viel Ärger ersparen können“, machte der Richter gegenüber der Angeklagten deutlich. „Die Kripo hat viel Arbeit aufgewendet, um ihnen auf die Spur zu kommen.“

    Zwei Kripobeamte aus Neu-Ulm holten die Frau in Spanien aus der Untersuchungshaft ab

    Die Festnahme erfolgte Mitte Februar, seitdem saß die Frau in Untersuchungshaft. In Spanien wurde der Haftbefehl jedenfalls nicht vollzogen, erklärte der Richter. Was zur internen Diskussion darüber führte, ob dies quasi eine Retourkutsche für die Entlassung des Separatistenführers Puigdemont aus deutscher Haft im April 2018 gewesen sein könnte: „Ein hochpolitischer Fall“, meinte Mayer. Dieser Punkt wurde im Verfahren aber nicht vertieft. Auf Kosten des Steuerzahlers, so der Richter, mussten zwei Kripobeamte nach Madrid fliegen, um die Angeklagte dort abzuholen.

    Die 36-Jährige ließ in einer Erklärung ihres Verteidiger Martin Rademacher alle Anklagepunkte einräumen. Sie hatte aus der Kasse des Fördervereins über drei Monate hinweg 13 Mal Beträge zwischen 50 und einmal sogar knapp 2500 Euro für den eigenen Bedarf abgezweigt und zusätzlich die Spende eines Autohauses über 300 Euro eingesteckt. Als Motiv für ihre kriminellen Aktivitäten gab sie an, dass ihre Kinder nicht unter ihren desolaten finanziellen Verhältnissen leiden sollten.

    Das Geld betrachtete sie als "Vorschuss", den sie wieder zurückzahlen wollte

    Im Oktober 2017 war die Angeklagte zur Vorsitzenden des Fördervereins gewählt worden und hatte Großes vor: „Der Verein sollte wieder beliebter werden“, sagte sie. Mehr schlecht als recht kamen bei einem Plätzchenverkauf beim Adventsbasar gerade mal 60 Euro Reingewinn zustande. Statt den Kassenstand zu verbessern, kassierte die Vorsitzende selbst ab. Es sei zunächst als Vorschuss gedacht gewesen, den sie zurückzahlen wollte. Das Geld wurde für verschiedenste Dinge ausgegeben, beispielsweise für Kindersachen oder ein Skilager, aber auch, um ein Auto anzuschaffen. Einen Teil bekam ihr Ex-Partner. Erst nach drei Monaten wurde die Stellvertreterin stutzig: „Ein Bauchgefühl“, wie die Zeugin vor Gericht beschrieb. Wegen einiger Ungereimtheiten im Kassenbestand wurde sie misstrauisch. Die darauf angesprochene Angeklagte reagierte nicht, sondern zog sich zurück. Daraufhin sperrte die Stellvertreterin das Bankkonto und erstattete Anzeige. Um das Geld wieder zurückzubekommen, hat der Förderverein einen Adhäsionsantrag gestellt, statt eines eigenen Zivilverfahrens. Erst nach kurzer Rücksprache mit ihrem Anwalt ging die Angeklagte die Rückzahlungsverpflichtung mit einem Monatsbetrag von 150 Euro ein. Das brachte ihr Pluspunkte bei der Strafzumessung ein.

    Richter Mayer verurteilte die Frau wegen 13-facher gewerbsmäßiger Untreue zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten mit vierjähriger Bewährungszeit. Damit blieb er einen Monat unter dem Antrag der Staatsanwältin. Der Verteidiger hatte keine Strafhöhe beantragt, sondern die tatkräftige Reue seiner Mandantin herausgestellt. Sollte sie der Rückzahlung des veruntreuten Betrages nicht nachkommen, drohe ihr der Bewährungswiderruf, machte Mayer klar. Der Haftbefehl wurde aufgehoben, die Frau wollte nach dem Prozess sofort wieder zurück nach Spanien. Ein Mitglied des Fördervereins, selbst Anwalt, äußerste anschließend gegenüber der NUZ große Zweifel, dass die Rückzahlung funktioniere, „denn in Spanien herrschen andere Gesetze.“

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