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Neu-Ulm: Premiere am Theater Neu-Ulm: Ein Softie wird zum „Macho Man“

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Premiere am Theater Neu-Ulm: Ein Softie wird zum „Macho Man“

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    Ob Macho, Softie oder Kaffesatz lesende Tante: Ivan Dentler spielt in "Macho Man" am Theater Neu-Ulm alle Rollen.
    Ob Macho, Softie oder Kaffesatz lesende Tante: Ivan Dentler spielt in "Macho Man" am Theater Neu-Ulm alle Rollen. Foto: Heinz Koch

    Eben noch hat man mit großer Vorsicht den Saal betreten, mit Maske und Abstand. Doch dann leuchten schon die Scheinwerfer auf und die Vorstellung beginnt. Schnell spürt man wieder das lang vermisste Theater-Gefühl. Genau so erlebten am Donnerstag knapp 20 Zuschauer – mit Sicherheitsabstand zwischen den Reihen und Sitzen – die Premiere von „Macho Man“ am Theater Neu-Ulm. Mit dieser Ein-Mann-Komödie beendet das Theater am Petrusplatz seine Corona-Pause. Es ist ein Stück über Liebe, Missgeschicke und empfindsame Männerseelen.

    "Macho Man" zeigt einen Mann in der deutsch-türkischen Zwickmühle

    Die Geschichte ist schlicht, vorhersehbar und trotzdem charmant: Ein liebenswert verklemmter Softie aus Deutschland verliebt sich im Urlaub in eine bildhübsche Türkin. Treudoof schmachtend blickt Daniel durch dicke Brillengläser und ringt um Worte. Der junge Mann kann sein Glück kaum fassen: Aylin erwidert seine Gefühle. Es ist für Daniel „das Wunder von Antalya“. Und so beginnt eine Liebesgeschichte im Spagat zwischen den Kulturen. Sie will keinen Sex vor der Ehe – also will Daniel schnell heiraten. Doch was halten Daniels Eltern, diese atheistischen Alt-68er, davon? Und will Aylin tatsächlich Daniel – oder doch eine männlichere Macho-Version seiner selbst? Das verspricht Humor, Action und viel Bühnenpersonal. Doch der Witz dabei: Ein einziger Darsteller spielt hier alle Rollen.

    Ivan Dentler spielt am Theater Neu-Ulm den "Macho Man"

    Das gesamte Figurenkabinett spielt Ivan Dentler (1984 in Ulm geboren) im Alleingang. Er wechselt seine Pullover so schnell wie seine Stimmlagen, Gesten und Akzente: Als türkischer Schwiegervater trägt Dentler Schiebermütze und murmelt und grummelt in seinen Bart. Als Aylins Mutter stülpt er schnell ein Kopftuch über. Wenn er Daniels intellektuellen Vater spielt, mümmelt er gedankenverloren am Brillenbügel. Wenn aber Aylin spricht, streift Dentler die Brille aus dem Gesicht, klimpert mit den Wimpern und säuselt: „Du bist unglaublich, Daniel!“ Dentler hüpft von Rolle zu Rolle – im Sekundentakt. Allein dafür lohnt sich der Theater-Besuch. Dentler gewinnt die wenigen Zuschauer im Saal für seine Figuren. Als Daniel spricht er immer wieder zum Publikum und kommentiert im Rückblick die pannengeplagte Romanze. Währenddessen mausert sich dieser Pullunder-Typ langsam zum Möchtegernmacho, der enthemmt zu türkischer Popmusik tanzt. Geht das gut?

    „Macho Man“ handelt von der modernen Krise der Männer. Sie können sich heute nicht mehr sorglos und ungestraft wie ein grober Neandertaler benehmen oder wie ein Großprotz vom Bosporus. Doch so ganz ohne Selbstbewusstsein kommen sie im Leben auch nicht voran – weder im Beruf noch in der Liebe.

    "Macho Man" am Theater Neu-Ulm macht Nicht-Machos Hoffnung

    Heinz Koch hat das Stück von Moritz Netenjakob für die Neu-Ulmer Bühne arrangiert. Netenjakob schrieb Gags für TV-Formate wie Ladykracher und Stromberg, bevor er mit „Macho Man“ 2009 einen Roman-Bestseller landete. Man merkt der Bühnenadaption den Humor der Zeit an: Wer die Multikulti-Kultserie „Türkisch für Anfänger“ mochte, dem gefällt auch dieses Stück. Diese Macho-Metamorphose ist gespickt mit Klischees, die im nächsten Moment an der Wirklichkeit zerbrechen. Platteste Zoten à la Erkan und Stefan meidet das Stück zum Glück und bohrt etwas tiefer ins wackelnde Fundament der breitbeinigen Männlichkeit. Diese Ein-Mann-Show bietet knuffige Unterhaltung – und Hoffnung für alle, die nicht zur Spezies der Machos gehören.

    Weitere Aufführungen am Samstag, 20. Juni, und von Donnerstag bis Samstag, 25. bis 27. Juni.

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