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Neu-Ulm: Peter Biebl setzte die Gründung der Stadtwerke durch

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Peter Biebl setzte die Gründung der Stadtwerke durch

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    Stadtarchivarin Barbara Treu übergibt das erste Exemplar der Stadtchronik von 1994, im Hintergrund sind die Autoren und Mitarbeiter zu sehen.
    Stadtarchivarin Barbara Treu übergibt das erste Exemplar der Stadtchronik von 1994, im Hintergrund sind die Autoren und Mitarbeiter zu sehen. Foto: Gerrit-R. Ranft

    Zwischen April und September 2019 feiert Neu-Ulm sein Jubiläum „150 Jahre Stadterhebung“. Die Neu-Ulmer Zeitung, die heuer 70 wird, tut in diesen Monaten ein paar Blicke in die Vergangenheit der Kommune, in ihre Gegenwart und – so weit möglich – in die Zukunft. Heute: Oberbürgermeister Peter Biebl.

    Die Wahl Peter Biebls zum Neu-Ulmer Oberbürgermeister im Juni 1977 galt schon als veritable Überraschung. Der Regierungsdirektor mit CSU-Parteibuch in der Bayerischen Staatskanzlei verfehlte die absolute Mehrheit um nur 29 Stimmen, siegte im zweiten Wahlgang mit 1,68 Prozent Vorsprung vor dem „Platzhirsch“ und zweiten Bürgermeister Heiner Metzger (SPD). Nach seinen parteilosen Amtsvorgängern Grimmeiß und Lang begründete Biebl mit seiner Wahl die CSU-Phalanx, die bis heute die Oberbürgermeister stellt.

    In Biebls Amtszeit von 1977 bis 1995 fiel die von ihm selbst mit Eifer befürwortete gemeinsame Landesgartenschau der Städte Neu-Ulm und Ulm von 1980, die erste Landesgartenschau in Deutschland überhaupt. Sie wertete die Glacis-Anlagen auf, die heute als grüner Juwel der Stadt gelten. Gegen erheblichen Widerstand setzte Biebl gemeinsam mit Ulms Oberbürgermeister Hans Lorenser die Gründung der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm durch. Die Auseinandersetzungen um die Nato-Nachrüstung 1983 wurden vor allem in Neu-Ulm geführt und gipfelten im Oktober in der hundert Kilometer langen Menschenkette zwischen den US-Garnisonen Neu-Ulm und Stuttgart-Möhringen.

    1995 trat Neu-Ulms früherer Oberbürgermeister Peter Biebl nicht mehr zur Wahl an

    Biebls dritte Amtsperiode war ab 1991 stark vom Abzug der amerikanischen Streitkräfte geprägt. Die Stadt erwarb in beiden aufgelösten Kasernen 165 Hektar teilweise erschlossenes Bauland. Umwälzungen in der innerstädtischen Geographie bewirkten auch die Verlegung des Containerbahnhofs auf die Ulmer Alb bei Dornstadt, die Reduzierung der Schienenstränge im Bahngelände von sechzehn auf drei und erste Ideen zur Tieferlegung der Bahntrasse im Neu-Ulmer Bahnhof. Biebl verwandte sich für neue Städtepartnerschaften mit Meiningen in Thüringen und Trissino in Italien, pflegte die Freundschaft mit dem französischen Bois-Colombes. Der Grundstein zur Neu-Ulmer Hochschule wurde 1992 mit der Ansiedlung einer Außenstelle der Fachhochschule Kempten gelegt.

    Nach drei Amtszeiten trat Biebl zur Wahl 1995 nicht mehr an. Er ist an einer Krebserkrankung kurz nach seinem 69. Geburtstag am 30. August 2006 in Neu-Ulm gestorben. Beigesetzt wurde er auf dem Friedhof in Reutti. Die Parklandschaft in Wiley-Süd ist nach ihm benannt worden.

    Heutige Neu-Ulmer Stadträte können sich noch gut an Biebl erinnern:

    Rosl Schäufele, Dritte Bürgermeisterin, Stadträtin, Kreisrätin (SPD): „Dr. Biebl war schon sieben Jahre Oberbürgermeister, als ich 1984 in den Stadtrat gewählt wurde. Eine meiner ersten Erinnerungen ist, wie er sich in seiner Vereidigungsrede freute, dass im Stadtrat jetzt mehr Frauen seien. Die Partnerschaft mit Meiningen – vor der Wiedervereinigung – war für ihn und uns Stadträte eine wichtige Angelegenheit. Er stand auch den Vereinen in der Stadt mit Tat bei, nicht nur mit Rat. Ich erinnere mich gern an die 700-Jahr-Feier in Burlafingen und an die 750-Jahr-Feier in Pfuhl, wo er den Verantwortlichen den „Rücken stärkte“ und bei vielen Problemen mit der Verwaltung weiterhalf. Er konnte auch sehr witzig sein. So ließ er sich am Stand des Baders in Pfuhl öffentlich zur Freude der Zuschauer rasieren. Natürlich liegt das alles mehr als 25 Jahre zurück. Damals war das Verhältnis unter den Stadträten nicht so „locker“ wie jetzt. Dr. Biebl hätte der Ton, der jetzt meist im Stadtrat untereinander herrscht, gut gefallen. Was mir besonders in Erinnerung blieb: Er hatte ein Supergedächtnis – manchmal leider – und erinnerte sich oft sogar an Einzelheiten.“

    Einmal sprach OB Biebl einen Militärgeistlichen mit "Euer Merkwürden" an

    Rainer Juchheim, Stadtrat (Bündnis 90/Die Grünen): „Dr. Peter Biebl war Oberbürgermeister, als ich 1984 erstmals in den Neu-Ulmer Stadtrat gewählt wurde. Sehr charmant, belesen, kontaktfreudig, immer freundlich grüßend, wenn wir uns begegneten. Seine Tragik war der Alkohol. Unvergessen, wie er im Edwin-Scharff-Haus einen Militärgeistlichen als „Euer Merkwürden“ anredete, auch seine Eskapaden im „Gasthaus Schiff“, die ihm und Neu-Ulm mit Hilfe der Bild-Zeitung bundesweite Schlagzeilen brachten, und die „Biebl-Dienste“, die Mitglieder des Stadtrats leisteten, wenn er mal wieder über den Durst getrunken hatte. Aber irgendwie gehörte das zu ihm, kaum einer hat es ihm wirklich böse genommen, fast alle konnten damit leben. Ich habe überlegt, ob ich diese seine Schwäche zum Wahlkampfthema machen sollte, habe es dann aber unterlassen, weil ich den Menschen Peter Biebl schätzte. Trotz seiner Auseinandersetzungen mit den auch von ihm lange Zeit als Revoluzzer verdächtigten Grünen erinnere ich mich gern an Dr. Biebl, an seinen Witz und an seine menschliche Art. So etwas fehlt mir heute manchmal.“

    Hermann Hillmann, Stadtrat (CSU): „Beeindruckt hat mich immer Dr. Biebls bescheidene und zuverlässige Art. Was vereinbart war, hielt er. Er wurde anfangs von vielen unterschätzt. Mit Bürgernähe und unkomplizierten Umgangsformen vermittelte er manchmal den Eindruck eines einfachen Kommunalpolitikers. Immer mehr haben mich seine Weitsicht, sein großes Allgemeinwissen und seine hohe Intelligenz beeindruckt. Als Oberbürgermeister hat er sehr viel für die Stadt erreicht und Neu-Ulm geprägt. An einem Schwörmontagabend gingen wir noch mit einer kleinen Schar nach Söflingen in den Klosterhof. Am Tisch saßen auch Ulms Oberbürgermeister Hans Lorenser und der Maler Wilhelm Luib. Im Verlauf des Abends sagte Luib zu mir: „Bei dir sieht ma au genau wo du herkomschd. Du hosch da gleicha Zenga (Nase) wie der“ und zeigte auf Biebl. Seither begrüßte der mich mit: „Hallo, mein Sohn.“ Als ich Dr. Biebl einmal in Begleitung des obersten Offiziers der amerikanischen Streitkräfte in Neu-Ulm traf, begrüßte er mich natürlich wieder mit „Hallo, mein Sohn.“ Das hatte zur Folge, dass mich der Offizier der amerikanischen Streitkräfte von nun an mit „Mister Biebl“ ansprach. Ich hatte den Eindruck, Biebl hat es gefallen.“

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