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Neu-Ulm: Neue Ausstellung in Neu-Ulm zeigt Bilder einer Ehe

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Neue Ausstellung in Neu-Ulm zeigt Bilder einer Ehe

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    „Frauen am Tisch“ heißt dieses Gemälde von Dorothea Maetzel-Johannsen aus dem Jahr 1919. Es weist neben Einflüssen des deutschen Expressionismus auch solche aus Frankreich auf.
    „Frauen am Tisch“ heißt dieses Gemälde von Dorothea Maetzel-Johannsen aus dem Jahr 1919. Es weist neben Einflüssen des deutschen Expressionismus auch solche aus Frankreich auf. Foto: Ketterer Kunst

    Da ist dieses Schwarzweiß-Foto, auf dem Emil Maetzel und Dorothea Maetzel-Johannsen gemeinsam zu sehen sind. Beide wegen eines Kostümfests in afrikanische Gewänder gehüllt, er, ein robuster Typ mit Bart, legt den Arm um seine neun Jahre jüngere Frau. Es spricht eine sympathische Vertrautheit aus dieser Aufnahme, die inmitten der sehenswerten neuen Ausstellung im Edwin-Scharff-Museum hängt. Der Eindruck täuscht nicht, denn die Hamburger Eheleute machten sich vor gut 100 Jahren gemeinsam auf dem Weg in die künstlerische Moderne – obwohl beiden diese Karriere nicht vorgezeichnet war.

    Emil Maetzel und Dorothea Maetzel-Johannsen haben beide kein Kunststudium

    Diesen Umstand findet Museumsleiterin Helga Gutbrod besondern spannend: Johannsen konnte als Frau Anfang des 20. Jahrhunderts keine Kunstakademie besuchen, sie machte aber eine Ausbildung zur Zeichenlehrerin. Maetzel hätte dies zwar gedurft, studierte aber auf Anraten seines Vaters Architektur und trat in den Staatsdienst ein. 1910 heiraten die beiden – und leben ihre Kreativität gemeinsam aus. Sie hätten als Paar gewissermaßen „einen Pakt geschlossen, ihr Leben der Kunst zu widmen“, erklärt Gutbrod. Das Ehepaar beschäftigt sich intensiv der Kunst der Zeit, vor allem in den Jahren des Ersten Weltkriegs, als Maetzel beim Eisenbahnersatzbataillon in Berlin eingesetzt wurde. Die Künstler spielen nach dem Krieg auch eine wichtige Rolle bei der Gründung der Hamburgischen Sezession. Dazu haben sie allerdings auch vier Kinder, um die sich vornehmlich Maetzel-Johannsen kümmert.

    Beide finden in den 1910er-Jahren gemeinsam zum Expressionismus

    Das Gemeinsame zeigt sich am Anfang der Ausstellung „Ein Künstlerpaar der Moderne“ besonders deutlich, denn das Ehepaar, das sich zunächst ein Atelier teilt, fand in der Mitte der 1910er-Jahre fast im Gleichschritt zum Expressionismus, wobei der Holzschnitt für beide zum bevorzugten Medium wurde. Maetzel, der Kinder sowie Eltern mit Kindern als Sujet pflegt, zeigt sich auf den Arbeiten als geradezu idealtypischer Vertreter der Epoche, kantig, hart und extrem stilisiert; Maetzel-Johannsen arbeitet in den frühen Jahren noch ähnlich, doch ist feiner, lässt mehr Intimität zu. Und sie findet, anders als ihr Ehemann, mehr Zeit, sich der Malerei zu widmen. Dabei entstehen Gemälde wie das betörend-kristalline „Frauen am Tisch“ (1919), bei dem man auch sowohl den Einfluss des „Blauen Reiters“ als auch Cézannes erkennen kann.

    Um 1920 herum ist die stärkste Phase in der künstlerischen Produktion des Ehepaars. Bereits in den 20er-Jahren beginnen sich die künstlerischen Wege der Eheleute allmählich zu trennen, sie beziehen getrennte Ateliers. Maetzel-Johannsen bekommt immer bessere Aufträge, unter anderem in der Hamburger Kunsthalle, verbringt allein mehrere Monate in Frankreich. Maetzel, der auch ein bedeutender Sammler afrikanischer Skulptur ist, wird 1926 Chef der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde und 1928 Vorsitzender der Hamburgischen Sezession. Beide lassen sich in der Folge von der Neuen Sachlichkeit beeinflussen, bei ihm entstehen Bilder mit fast puppenhaften Kinderfiguren, sie hält Eindrücke von ihren Reisen fest. Die Kraft der expressionistischen Jahre haben diese Werke nicht.

    Die Frau stirbt früh, der Mann wird von den Nationalsozialisten kaltgestellt

    Die gemeinsame Zeit des Künstlerehepaars endet tragisch: Die schon seit ihrer Kindheit kränkliche Dorothea Maetzel-Johannsen stirbt 1930 mit nur 44 an einer Herzschwäche, ein Schock für Emil Maetzel. 1933 löst sich die Hamburgische Secession auf, der Verein wollte nicht, wie von den Nationalsozialisten gefordert, seine jüdischen Mitglieder ausschließen; im Beruf wird Maetzel zwangsweise in den Ruhestand versetzt. Er begibt sich in die innere Emigration, malt und zeichnet Bilder von unbeschwerten Kinderspiel und Landschaften. Er stirbt 1955 in

    „Ein Künstlerpaar der Moderne: Emil Maetzel und Dorothea Maetzel-Johannsen“ wird am Freitag, 22. November, um 18.30 Uhr eröffnet. Es sprechen Helga Gutbrod und OB Gerold Noerenberg, Kunsthistoriker Rüdiger Joppien führt in die Ausstellung ein. Musikalisch umrahmt wird die Vernissage von Claudia Bertele (Gesang) und Galina Khan (Piano). Die Ausstellung läuft bis 15. März. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen. Dieser ist im Museum für 34,90 Euro erhältlich.

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