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Neu-Ulm: Klopapier und Kreativität: So entstehen Hohlköpfe mit Charakter

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Klopapier und Kreativität: So entstehen Hohlköpfe mit Charakter

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    Meistens schauen sie recht ernst drein, die Papprollen-Hohlköpfe, die der Neu-Ulmer Designer Werner Spiess entworfen hat – als ironischen Kommentar zur Hamsterwelle.
    Meistens schauen sie recht ernst drein, die Papprollen-Hohlköpfe, die der Neu-Ulmer Designer Werner Spiess entworfen hat – als ironischen Kommentar zur Hamsterwelle. Foto: Werner Spiess

    Köpfchen muss man haben, dann kann man auch der Corona-Krise noch etwas Schönes abgewinnen.

    Werner Spiess, der zusammen mit seiner Frau Sabine in Neu-Ulm ein Design-Büro betreibt, lässt gerne mal auch außerhalb der täglichen Arbeit seiner Kreativität freien Lauf. So haben er und seine Familie beispielsweise für das Neu-Ulmer Kurzfilm-Festival vergangenes Jahr einen originellen Beitrag zum Stadtjubiläum abgeliefert, der dann auch entsprechend prämiert wurde. Diesmal hat er sich eines Materials angenommen, das in Zeiten der Krise ungemein populär geworden ist: Dem Toilettenpapier. Genauer gesagt geht es ihm weniger um das weiße, graue, rosafarbene, wahlweise dreilagig oder vierlagig gerollte Lieblings-Hamsterobjekt der Deutschen als vielmehr um das Pappröllchen im Inneren.

    Mit ein paar Handgriffen wird die Klopapierrolle zur Kunst

    Das hat seine Pflicht und Schuldigkeit getan, wenn das Papier seinen Reinigungszweck an der derjenigen Körperstelle erfüllt hat, über die man nicht gerne spricht. Werner Spiess hat aus dem Hohlkörper mit wenigen Handgriffen Köpfe geformt, die das Wegwerfprodukt zur Kunst machen. Heutzutage würde man das Upcycling nennen, also Wertloses wieder zu etwas machen, das einen Nutzen hat. Wer einmal gesehen hat, wie wunderbar sich leere Nespresso-Kaffeekapseln in Ohrringe, Ketten und sonstigen Schmuck verwandeln lassen, weiß, was gemeint ist.

    Doch Werner Spiess geht es nicht ums Geld, ihm geht es um den Spaß – und: „Das ist auch gewissermaßen ein Kommentar zur aktuellen Situation“, wie er sagt, allerdings ein reichlich ironischer: Hohlkörper zu Hohlköpfen. Er findet, dass die Klopapier-Hamsterer „total von der Rolle“ sind – und so hat er sein kleines Projekt denn auch genannt und dafür eine eigene Facebook-Seite geschaffen. Sie heißt – genau: „totalvonderrolle“. Dort veröffentlicht er alle paar Tage eine seiner neuesten Kreationen. Die Pausen sind natürlich nötig, denn er nimmt die Rollen erst, wenn sie sozusagen auf natürlichem Wege vom Papier befreit wurden.

    Klopapierrollen bekommen ein zweites Leben

    Nun gibt es nicht wenige, die Klopapierrollen zum Basteln benutzen, nicht nur Kinder. Und so kam Werner Spieß im vergangenen Oktober auf die Idee: Im WG-Zimmer seiner Tochter hing ein gefaltetes Klorollengesicht von der Decke. Da begann er, selber ein wenig zu experimentieren, und hatte rechtzeitig zur großen Hamsterwelle seine ganz eigene Art von Pappköpfen gestaltet. Sie sehen in ihrer Strenge ein wenig aus wie die riesigen Steinköpfe, die auf den Osterinseln in die Landschaft ragen, wie er selber sagt.

    So bekamen die runden Pappabfälle sozusagen ein zweites Leben spendiert – wenn auch nur in der Wohnung der Familie Spiess und eben auf der „totalvonderrolle“-Seite bei Facebook. Dort können auch andere Klorollenkünstler ihre Werke präsentieren, was sie bereits fleißig tun. Allerdings bleibt der minimalistische Stil der Spiess-Köpfe einmalig, denn mit nur wenigen Kniffen und ein bisschen Spiel von Licht und Schatten gibt er der Pappe Charakter. „Man kann mit wenigen Mitteln wirklich viel machen“, sagt Werner Spiess und formuliert es schließlich noch ein wenig drastischer: „Auch aus so einem Scheißprodukt, lässt sich tatsächlich noch etwas Wertiges schaffen.“ Wenn man nicht nur Köpfchen, sondern auch geschickte Finger hat.

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