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Neu-Ulm/Illertissen: Weil er Geld wollte: Mann missbraucht Notrufe und hält Polizei auf Trab

Neu-Ulm/Illertissen

Weil er Geld wollte: Mann missbraucht Notrufe und hält Polizei auf Trab

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    Weil er den Notruf missbrauchte, wurde ein 36-Jähriger in Neu-Ulm verurteilt.
    Weil er den Notruf missbrauchte, wurde ein 36-Jähriger in Neu-Ulm verurteilt. Foto: Kaya

    Außer sich vor Wut stürmte der 36-Jährige nach dem Urteilsspruch auf den Ausgang des Gerichtssaals zu. Dabei schlug er seinen Kopf mit voller Wucht gegen die schwere Holztür. Fluchend verließ er schließlich den Saal am Amtsgericht Neu-Ulm. Die anderen Anwesenden blieben verdutzt zurück.

    Dabei kam der wegen des Missbrauchs von Notrufen angeklagte Mann mit einer Geldstrafe davon –und das trotz mehrerer Vor- und einer offenen Bewährungsstrafe. Eine Erklärung für diesen emotionalen Ausbruch kann in den Ausführungen des Bewährungshelfers des Angeklagten gefunden werden. Der 36-Jährige habe Entzugserscheinungen, da er auf Alkohol und Drogen verzichtet. Hinzu kämen psychische Probleme und die Tatsache, dass er wegen seines Duldungsstatus nicht arbeiten dürfe und kein Tagesrhythmus in sein alltägliches Leben integrieren könne. Aber wieso kam es überhaupt zur Verhandlung vor dem Amtsgericht?

    Im Mai dieses Jahres wollte der Angeklagte, der in der Asylunterkunft in Illertissen wohnt, das ihm monatlich zur Verfügung stehende Geld beim Landratsamt in Neu-Ulm abholen. Dies war wegen der Corona-Beschränkungen nur mit einem vorher vereinbarten Termin möglich, diesen hatte der 36-Jährige aber nicht.

    Mann wird von Sicherheitskräften aufgehalten

    Beim Versuch das Gebäude zu betreten wurde er daher von Sicherheitskräften aufgehalten. Daraufhin wählte der Angeklagte den Notruf der Polizei. Er gab an, Geld vom Landratsamt zu wollen. 15 Minuten später kontaktierte er den Polizeinotruf deshalb erneut. „Ich war auf Hilfe angewiesen und wollte keinen Fehler machen“, sagte er. Schließlich habe er Geld gebraucht, um mit dem Zug nach Illertissen zurückzufahren.

    Die Polizei wies den Angeklagten darauf hin, dass sein Anliegen kein Notfall sei und er sich mit solchen Anrufen strafbar wegen des Missbrauchs von Notrufen mache. Ungefähr eine Stunde später begab sich der Angeklagte zur Außenstelle des Landratsamtes Neu-Ulm und setzte von dort insgesamt fünf weitere Notrufe bei der Polizei ab. Zwischenzeitlich wurden ihm vom Landratsamt Essensgutscheine angeboten. Mit denen gab sich der 36-Jährige aber nicht zufrieden, sondern verlangte nach Bargeld. Laut einem Polizisten drohte er sogar, Zigaretten und andere Gegenstände zu stehlen.

    Prozess in Neu-Ulm: Mann aus Illertissen war bereits mehrfach vorbestraft

    Im Verlauf des Prozesses wurde klar, dass der Angeklagte bereits mehrfach vorbestraft ist und wegen des Besitzes und Handels von und mit Betäubungsmitteln eine Gefängnisstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verbüßte. Wegen der Fälschung seines Passes läuft zudem aktuell eine Bewährungsstrafe gegen ihn. Der Bewährungshelfer des Mannes schilderte, dass sich die Betreuung des 36-Jährigen schwierig gestaltet und Eskalationen immer wieder vorkommen. So wie im Mai 2019, als der Angeklagte ihn anrief und mitteilte er stehe im Landratsamt und werde sich anzünden.

    Die Staatsanwältin griff die kriminelle Vergangenheit des Mannes in ihrem Plädoyer auf. Zudem habe er die Hilfe in Form von Essensgutscheinen nicht angenommen und die Beamten auf Trab gehalten. Zwar hat er den Sachverhalt eingeräumt und aus Verzweiflung gehandelt, „aber mit diesen Problemen ist er beim Strafgericht an der falschen Stelle“, beendete die Staatsanwältin ihre Ausführungen.

    „Ich hatte das Gefühl, dass mich andere Leute töten wollen“

    Kurz vor dem Urteilsspruch gab der ohne Anwalt erschienene Angeklagte dann aber noch Kurioses von sich: „Ich habe den Notruf gewählt, weil die Polizei mich schützen sollte. Ich hatte das Gefühl, dass mich andere Leute töten wollen“. Hiervon war allerdings in den vom 36-Jährigen abgesetzten Notrufen, die in der Verhandlung abgespielt wurden, nichts zu hören.

    Der Vorsitzende Richter Thorsten Tolkmitt folgte den Forderungen der Staatsanwaltschaft nach einer Haftstrafe von acht Monaten aber letztlich nicht. Für das Absetzen der ersten beiden Notrufe sprach er den Angeklagten frei, für die weiteren Anrufe sah er den Missbrauch von Notrufen als gegeben an. Hierfür verurteilte er den 36-Jährigen zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 10 Euro, also insgesamt 900 Euro. „Bei den ersten beiden Anrufen wusste er nicht, dass er bei der Polizei an der falschen Adresse ist, bei den anderen Notrufen hätte er es nach den Erklärungen der Polizei wissen müssen“, begründete der Richter sein Urteil.

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