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Neu-Ulm: Golden Tulip: Als Prinzen und Stars ein Hotelzimmer in Neu-Ulm bezogen

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Golden Tulip: Als Prinzen und Stars ein Hotelzimmer in Neu-Ulm bezogen

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    Kurz nachdem aus dem Mövenpick-Hotel am Neu-Ulmer Donauufer das Golden-Tulip-Park-Hotel wurde, kam Angelika Knoedel als Direktorin. Acht Jahre ist das her.
    Kurz nachdem aus dem Mövenpick-Hotel am Neu-Ulmer Donauufer das Golden-Tulip-Park-Hotel wurde, kam Angelika Knoedel als Direktorin. Acht Jahre ist das her. Foto: Oliver Helmstädter

    Als der heutige König von Thailand in Neu-Ulm war, hatte er immer einen Diener an der Seite, der nichts anderes zu tun hatte, als den Aschenbecher seiner Majestät zu halten. Bundeskanzlerin Angela Merkel hingegen war umgänglicher: Beim Selfie mit dem Hotel-Team empfahl sie, lieber zwei zu machen: „Das erste wird bei mir nie was“, habe die Kanzlerin gesagt. Die Angestellten des insolventen Golden-Tulip-Hotels haben Geschichten auf Lager, die Bücher füllen könnten.

    Was von der Neu-Ulmer Hotelier-Tradition greifbarer ist als Anekdoten, packen die übrig gebliebenen dieser Tage in Kisten: 35 Metallunterteller – noch mit „Mövenpick“-Aufschrift – 36 Auflaufformen und 157 Buffetplatten. Nur ein winziger Auszug der Inventarliste des „Edwin’s“, dem Restaurant des geschlossenen Golden-Tulip-Hotels, das dieser Tage ausgeräumt wird. Zehn verbliebene Mitarbeiter des Ex-Hotels listen im Auftrag des Insolvenzverwalters auf, was zur Insolvenzmasse gehört. Und was zur Stadt Neu-Ulm. Die ist nach wie vor Pächter des „Edwin’s“ – findet aber auf die Schnelle keinen Pächter. Corona lässt grüßen.

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    Auch die Ex-Hoteldirektorin Angelika Knoedel gehört zur Rest-Belegschaft, die nun den Schlussakkord einer nun endenden Tradition spielt. Wie immer als Team. „Das Schönste war immer, wenn wir am Ende eines Tages sagen konnten: Das haben wir mal wieder gerockt.“ Etwa Großveranstaltungen wie die „Combat Medical Care Conference“, den größten wehrmedizinischen Kongress außerhalb der USA. 1300 Soldaten lockte dieser schon mehrfach nach Neu-Ulm. Und viele, viele Schweinehälften in das Kühlhaus des „Edwin’s“ – als perfektes Fleisch, um Kriegsverletzungen zu simulieren.

    Viel Prominenz im Neu-Ulmer Golden Tulip

    Acht Jahre war Knoedel Chefin im Golden Tulip. „Acht schöne Jahre.“ Selbst wenn es mit dem Hotel – in welcher Form auch immer – weiter geht, wird die fast 62-Jährige nicht mehr dabei sein. Mit dem Gedanken an den Ruhestand habe die Tübingerin sich schon vor dem Aus für das Hotel beschäftigt. Erlebt hat sie viel: In den Jahren 1995 bis 2008 führt sie drei verschiedene Hotels in Deutschland, bevor sie über den Umweg Stuttgart nach Neu-Ulm kam. In einer früheren Stelle, dem Steigenberger in Frankfurt, begegnet Knoedel gar einer echten Heiligkeit: Tenzin Gyatso, den 14. Dalai Lama. „Er hat schon eine besondere Aura.“ Heiligkeiten durfte Knoedel in Neu-Ulm nicht das Wasser – beziehungsweise den Zimmerschlüssel – reichen. Aber dafür einer ganzen Reihe von Prominenz.

    Herbert Grönemeyer, Andre Rieu und Howard Carpendale waren zu Gast im Golden Tulip in Neu-Ulm

    Davon zeugt das Goldene Buch des Neu-Ulmer Parkhotels, in dem sich Stars und Sternchen eintrugen. „Es war sehr herzlich, übergastlich, wunderbar“, schrieb etwa Herbert Grönemeyer an die Belegschaft. Der tourende Kult-Sänger ist dem Hotel-Team aber weniger aufgrund seiner eigenen Herzlichkeit, sondern vielmehr durch „Wäscheberge“ aufgefallen, die er dem Hotel anvertraute. Grönemeyer sei eher einer jener Stars gewesen, die schnell in ihren Zimmern verschwinden. Doch es geht auch anders: Der Sänger Rea Garvey etwa, habe bis tief in der Nacht an der Bar gesessen. Mit mitgebrachtem Bier: Denn das irische Voice-of-Germany-Jury-Mitglied steht eher auf Guinness denn Ulmer Gerstensaft. Fast schon so etwas wie ein Stammgast war Stargeiger André Rieu. Ein Gerngesehener: Die Augen der Rest-Belegschaft leuchten bei den Erinnerungen an den Niederländer. „Niemand hat so Party gemacht“, heißt es aus der Runde über den Violinisten, der „sehr zugänglich“ sei und alles andere als Starallüren habe. So wie Eros Ramazotti. Der italienische Sänger sei ein echter Spaßvogel. „Der hat sich gefreut wie ein Stiefel, als er mich erschrecken konnte“, sagt Knoedel.

    Der Sänger Herbert Grönemeyer ist einer von vielen Prominenten, die sich ins Gästebuch des Golden Tulip eintrugen.
    Der Sänger Herbert Grönemeyer ist einer von vielen Prominenten, die sich ins Gästebuch des Golden Tulip eintrugen. Foto: Oliver Helmstädter

    Kurz und knapp schrieb Howard Carpendale „Alles Gute“ ins Gästebuch. Alles Gute tat die Belegschaft auch für seine Stimmbänder: Die würden nämlich eine Bettneigung von 45 Grad verlangen, was das Hotelteam „natürlich“ erledigte.

    Mambo No. 5 von Lou Bega an der Rezeption in Neu-Ulm

    Das Hotel am Neu-Ulmer Donauufer wurde 1980 als Mövenpick eröffnet und gehörte dann seit 2011 zur Kette Golden Tulip. Sabine Hieber, zuletzt die Personalleiterin, machte noch unter den Fittichen des eidgenössischen Unternehmens Mövenpick ihre Ausbildung. Ihr erster Promi, als junge, angehende Hotelfachfrau, war Reinhard Fendrich. „Ich war so aufgeregt damals.“ Im Laufe der Jahre entwickelte sie Routine in Sachen Prominenz. Ein Thema, das sich für das Neu-Ulmer Hotel ohnehin erledigt hat: Im Februar dieses Jahres bekam mit dem Schlagersänger Matthias Reim der letzte Promi den Schlüssel zu seinem Zimmer überreicht. Eine Kollegin von Hieber ist besonders Lou Bega in Erinnerung geblieben. Der sei vor Jahren ziemlich spät in der Nacht zur Rezeption gekommen und habe gefragt, ob er Zigaretten bekommen könnte. Schlagfertig habe die Kollegin geantwortet: Für ein kleines Lied, seien die inklusive. Dann gab’s ohne zu zögern seinen Welthit „Mambo Number five“ exklusiv in Neu-Ulm vor der Rezeption: „One, two, three, four, five. Everybody in the car, so come on, let’s ride.“

    Der heutige König von Thailand war als Prinz in Neu-Ulm

    Andere Gäste haben sich auf ganz andere Art und Weise ins Gedächtnis eingeprägt, selbst wenn sie gar nicht im Hotel übernachtet haben. An den beispiellosen Auftritt von Maha Vajiralongkorn, der damals noch Prinz von Thailand war und heute mit harter Hand als König das südostasiatische Land regiert, erinnere sich jeder, der dabei war. Offenbar auf dem Weg in seine Villa am Starnberger See hatte seine Majestät ein sehr dringendes Bedürfnis. Man erzählt sich, erst habe der königliche Tross die ganze Belegschaft der Autobahnraststätte in Seligweiler verrückt gemacht, wo es ihm offenbar nicht behagte. Kurze Zeit später seien der Prinz und sein Gefolge im Mövenpick-Hotel regelrecht eingefallen. Das Ziel: die sofortige Anmietung von drei Suiten und möglichst großen Nebenzimmern. Der Prinz sei völlig separiert im Rosenzimmer gewesen – nur sein Diener mit dem Aschenbecher habe dem dauerrauchenden Monarchen folgen müssen. Und Vorkoster hatte er auch dabei. Ob ihm die hausgemachten Maultaschen schmeckten, ist nicht überliefert. Man erzählt sich aber, dass die drei Suiten allein für die Toiletten gebraucht wurden – eine für den Prinzen und je eine für einen seiner Söhne und seine damalige weibliche Begleitung.

    Der König ziert in Thailand Geldscheine - und war in Neu-Ulm.
    Der König ziert in Thailand Geldscheine - und war in Neu-Ulm. Foto: Oliver Helmstädter

    Als das Gefolge des milliardenschweren Prinzen nach dem Kurzaufenthalt zahlen wollte, habe die Kreditkarte versagt. Doch Bares war für den Prinzen, der heute mit einem geschätzten Vermögen von 60 Milliarden Dollar, als reichster Monarch der Welt gilt, noch nie ein Problem.

    Schwierige Gäste bewirtete auch Direktorin Angelika Knoedel: Mutmaßlich sehr reiche Araber, die gerne zur medizinischen Behandlung nach Ulm/Neu-Ulm kommen. Dass mit Knoedel den „Scheichs“ eine Frau als Direktorin gegenüberstand, sei für die Herren oftmals gewöhnungsbedürftig gewesen.

    Bis 2011 hieß das Hotel an der Donau Mövenpick. Dann wechselte der Namen in Golden Tulip. Die Zukunft ist ungewiss.
    Bis 2011 hieß das Hotel an der Donau Mövenpick. Dann wechselte der Namen in Golden Tulip. Die Zukunft ist ungewiss.

    Arg gewöhnungsbedürftig ist für Knoedel auch, dass sich ihr geliebtes Rumpfteam ab dem 1. November auflöst. Wenn nicht doch noch ein Investor die Hotel-Tradition im Sinne der Tübingerin fortsetzt. Den Plänen des Immobilienbesitzers, der Anter-Group, traut niemand im Zehn-Köpfe-Rumpfteam. Denn das Unternehmen schlug, wie berichtet, ein lukratives Übernahmeangebot aus. Und setzte damit eine Tradition inklusive Belegschaft auf die Straße.

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