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Neu-Ulm/Gerlenhofen: Alarm am Plessenteich: Neu-Ulmer Vogelparadies ist in Gefahr

Neu-Ulm/Gerlenhofen

Alarm am Plessenteich: Neu-Ulmer Vogelparadies ist in Gefahr

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    Am Plessenteich bei Gerlenhofen leben Dutzende verschiedene Vogelarten. Der anhaltend niedrige Wasserstand macht vielen von ihnen zu schaffen, auch Amphibien wie Laubfrösche leiden darunter.
    Am Plessenteich bei Gerlenhofen leben Dutzende verschiedene Vogelarten. Der anhaltend niedrige Wasserstand macht vielen von ihnen zu schaffen, auch Amphibien wie Laubfrösche leiden darunter. Foto: Horst Hörger

    Der Tümpel ist komplett ausgetrocknet. Tiefe Risse ziehen sich durch die steinharte Erde, die von Moos bewachsen ist. Teichmuscheln haben versucht, in die Ritzen zu gelangen, um wenigstens noch ein bisschen Wasser abzubekommen. Doch vergeblich. „Ein großer Muschelfriedhof“, sagt Wolfgang Gaus, der Geschäftsführer des Gerlenhofener Arbeitskreises Umweltschutz (Gau), als er bei einem Rundgang am Plessenteich nach dem Rechten sieht. In letzter Zeit hat es zwar mehrfach geregnet, doch für die Muscheln kam der Guss von oben zu spät – und war an dieser Stelle nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

    Vogelschutzgebiet bei Gerlenhofen ist etwa 30 Hektar groß

    Der ausgedörrte Tümpel zeigt die Folgen der lang anhaltenden Trockenheit am Plessenteich bei Gerlenhofen im Süden von Neu-Ulm besonders anschaulich – wenn er auch ein Extrembeispiel ist. Doch das etwa 30 Hektar große Vogelschutzgebiet ist auch in seiner Gesamtheit von der Dürre betroffen. Und darunter leiden die Bewohner – vor allem Vögel und Amphibien.

    Umweltschützer sagt: "Die Lage ist katastrophal"

    „Dieses Jahr ist die Lage wirklich katastrophal“, sagt Wolfgang Gaus. Der Bruterfolg sei äußerst miserabel, beispielsweise bei den Lachmöwen. Etwa 1200 Brutpaare seien am Plessenteich gesichtet worden – und kein einziger Jungvogel. Bei den Kiebitzen sind es etwa 25 Paare, laut Gaus der größte Bestand im Landkreis. Doch auch diese Vogelart hat Nachwuchsprobleme: „Die haben maximal zehn Jungtiere hochgebracht“, erläutert Gaus. Eine Ursache der Misere: Durch den niedrigen Wasserstand haben Räuber leichtes Spiel. „Fuchs, Dachs und Waschbären rauben die Nester aus“, sagt der Gau-Geschäftsführer. Bereiche, die normalerweise überflutet sind, liegen jetzt frei, beispielsweise ein Landstreifen, der zu einer Halbinsel im Inneren des Sees führt. Dort haben sich mehrere Dutzend Graugänse versammelt, zwischen ihnen stapft ein Silberreiher durchs Gestrüpp.

    Vögel und Amphibien leiden am Plessenteich

    Weil der Pegel stark gesunken ist, reicht der Schutzzaun, der rund um den Plessenteich gezogen wurde, nicht mehr aus. Raubtiere können unten durch schwimmen oder drüber springen. Gaus zeigt auf die rostbraunen Stellen, die normalerweise unter Wasser sind und jetzt frei liegen. Die geringen Regenfälle führen außerdem dazu, dass Bruthabitate für manche Arten wegfallen. „Die Flachwasserbereiche sind teilweise trockengelegt“, beschreibt Wolfgang Gaus die Situation. Das macht beispielsweise Bekassinen und Brachvögeln zu schaffen, die im ausgetrockneten Boden keine Nahrung wie Schnecken und Würmer mehr finden. Auch Amphibien wie Laub- und Grasfrösche leiden massiv unter dem niedrigen Wasserstand. „Eine ganze Generation fällt aus“, verdeutlicht Gaus den Ernst der Lage. „Es wäre dringend geboten, neue, tiefere Laichgewässer zu schaffen“, sagt der Umweltschützer. „Sonst trocknen die mitsamt den Kaulquappen aus.“

    Waschbären werden zunehmend zum Problem

    Als kurzfristige Hilfsmaßnahme für die Vögel am Plessenteich wollen die Gau-Mitglieder den Schutzzaun auf einer Länge von 800 Metern um 40 Zentimeter verlängern – damit Füchse und andere Räuber nicht mehr unten durch kommen. An den Stellen, an denen der Graben rund um den See besonders seicht ist, müsse außerdem nachgebaggert werden, sagt Wolfgang Gaus. Und man werde nicht umhinkommen, mit Jägern zu sprechen – unter anderem wegen der Waschbären. „Die verbreiten sich unheimlich schnell, sind Allesfresser und können gut schwimmen“, so Gaus.

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    Möglicherweise sind aber bald größere Eingriffe notwendig, wenn die bedrohten Brutvogelarten erhalten werden sollen. Denn der Wasserstand am Plessenteich ist bereits das zweite Jahr hintereinander zu niedrig. „Wenn es noch ein, zwei Jahre so weiter geht, müsste man den Wassergraben mit riesigem Aufwand vergrößern und vertiefen“, blickt Gaus in die Zukunft.

    In dem Neu-Ulmer Schutzgebiet wurden bereits 231 Vogelarten gesehen

    Der Gerlenhofener Arbeitskreis Umweltschutz in der Schutzgemeinschaft für den Neu-Ulmer Lebensraum, ursprünglich eine Bürgerinitiative gegen Kiesabbau, hat den Plessenteich vor 16 Jahren gekauft und den renaturierten Baggersee mit Inseln und Flachwasserzonen umgestaltet. Im östlichen Bereich gibt es mehrere Stellen, an denen Naturfreunde die Tiere beobachten können. 231 Vogelarten wurden in dem Fauna-Flora-Habitat-(FFH)-Gebiet bereits gesehen. Davon nutzt ein Großteil den Plessenteich nur als Rastplatz auf der Durchreise, etwa der Alpenstrandläufer, der Säbelschnäbler oder der Regenbrachvogel. 50 bis 60 Arten brüten am See, beispielsweise die Flussseeschwalbe, der Sumpfrohrsänger oder die Schwarzkopfmöwe. Auch der Eisvogel lässt sich hin und wieder blicken, allerdings bleibt er bislang nicht dauerhaft. Um ihn anzulocken, haben die Gau-Mitglieder künstliche Sandwände errichtet. Statt dem Eisvogel haben sich dort Wildbienen angesiedelt.

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