Update: Der Verein "Kultur-Casino" hat inzwischen bekanntgegeben, dass es sich gemeinsam mit den Betreibern des Ulmer "Roxy" für die Zwischennutzung des Barfüßer-Geländes bewirbt.
Lange sah es so aus, als würde sich der Gastronom Ebbo Riedmüller diesen Platz an der Donau sichern – das Ufergrundstück, mit den hohen, schattigen Bäumen und dem alten, stillgelegten Offizierscasino. Doch dann machte Ende Mai eine Nachricht die Runde: Der Plan ist geplatzt. Riedmüller zieht sich zurück. Die Stadt Neu-Ulm sucht stattdessen einen Zwischennutzer für das ehemalige Barfüßer-Gelände. Ein Gastronom wird gesucht, der am Donauufer einen Biergarten eröffnen soll. Und dieser Schritt gibt nun der Kulturinitiative „Kultur-Casino“ neue Hoffnung. Seit Juli 2019 wirbt die Gruppe für eine Wiederbelebung mit Kunst, Kultur und Bürger-Projekten – und wirft jetzt seinen Hut in den Ring. Sie will zusammenarbeiten, mit einem noch unbekannten Gastronom. Heute, am 3. Juni, endet die Bewerbungsfrist für das Barfüßer-Gelände. Die „Kultur-Casino“-Initiative, die seit 8. Mai ein gemeinnütziger Verein ist, stellt jetzt seine konkrete Vision vom Kulturbiergarten vor.
Die Stadt Neu-Ulm berichtet, dass sich bislang mehr als 30 Kandidaten als potenzielle Biergartenbetreiber beworben haben. Das Interesse scheint groß. Eine Mitarbeiterin der Stadt erklärt: „Selbstverständlich ist uns daran gelegen, möglichst bald eine Entscheidung zu treffen. Die Biergartensaison hat schon begonnen.“ Wichtig ist der Stadt eines: „Der Schwerpunkt muss auf der Biergartennutzung liegen.“ In der Ausschreibung beschreibt die Stadt die Idee eines „original bayerischen Biergartens“. Ein zusätzliches Kulturprogramm „wird begrüßt“.
Ein Biergarten soll auf dem Neu-Ulmer Barfüßer-Gelände entstehen
Als „Perle“ bezeichnet Roland Prießnitz das Casino-Gelände: „Es ist das letzte Stück an der Donau, das noch nicht bebaut ist.“ Prießnitz ist der Vorsitzende des Vereins „Kultur-Casino“ und vielen auch als Ex-Oberbürgermeisterkandidat der Freien Wähler bekannt. Er erklärt: Für die Bewerbung benötigte der Verein erst einmal einen Partner, einen Gastronom. Tatsächlich ist er fündig geworden. Wer dieser Partner ist, möchte Prießnitz zwar noch nicht preisgeben, – dass dieser sich bewirbt, sei aber sicher. Und falls dieser Kandidat den Zuschlag nicht erhält, würde für Prießnitz der Traum vom Kulturbiergarten trotzdem nicht platzen. „Wir wären dann bereit, mit anderen Wirten ins Gespräch zu gehen.“ Das erklärte Ziel des Vereins ist es, der „Off-Kultur“ eine Plattform zu bieten. Off-Kultur – also Kunst, die nicht in großen Museen und Konzerthallen stattfindet. Außerdem will der Verein Raum bieten für bürgerliches Engagement, identitätsstiftende, regionale Kultur, „frei und offen“, sagt Prießnitz. Was das bedeutet, erfährt man auf der neuen Homepage des Vereins. Dort sammeln sich viele Ideen, die auch stark auf die Unterstützung von Bürgern und Kulturfreunden bauen.
Der Verein plant ein Unplugged-Konzert mit „Brandon & the Wolfe Acoustics“. Wolfgang Schwarz und Peter Anthony Siegel spielen dabei Songs von Jonny Cash und Elvis. In Vorbereitung ist auch eine „Biergartenserenade“ mit Liebesliedern. „Wir sind startbereit und können in Abstimmung mit dem Gastronom sofort starten!“, schreibt der Verein auf seiner Homepage. Doch wie viel Beisammensein ist jetzt schon möglich? Die Pläne stammen aus einer anderen Zeit, vor der Corona-Pandemie. „Als es vor vier Wochen konzipiert wurde, sah die Welt noch anders aus“, sagt Prießnitz. Und bevor die Kultur an die Donau kommt, bleibt die Kultur noch im Internet. Der Verein will Lesungen streamen: Silke Knäpper liest aus „Neu-Ulm liegt am Meer“, dem Buch der Stadtschreiberin Constance Hotz, und Uwe Nepomutzky präsentiert „Late Night Literatur“ von Charles Bukowski. Diese Angebote sollen als Audio-Datei auf der Vereins-Homepage erscheinen. Sobald der Biergarten belebt wird, soll die Kultur aber vor Ort stattfinden. Auch „Tai Chi unter Kastanien“ steht auf dem Plan. Das Konzept: In den Morgen- und Abendstunden demonstrieren Neu-Ulmer Tai-Chi-Lehrer Übungen mit Blick auf die Donau – als Ausgleich gegen den Corona-Stress.
20 aktive Helfer beteiligen sich am Projekt "Kultur-Casino"
Etwa 20 aktive Helfer tragen laut Prießnitz den Verein. Auf Distanz, in Videoschalten auf „Zoom“, habe die Gruppe das Biergarten-Kulturkonzept entworfen. Dabei plant der Verein auch Projekte, die abseits der Kultur liegen. Vorträge zur Wirtschaftsförderung zum Beispiel. Apropos: Zu Beginn ihrer Pläne hatte die Initiative ein Konzept vorgelegt, das darauf baute, das Casino kostenlos mieten zu können. Doch das war noch vor der Biergarten-Ausschreibung. Viele Interessensgruppen fanden in der Initiative zusammen: Menschen, die alte Bäume auf dem Gelände retten wollen. Menschen, die soziale, gesellschaftskritische Projekte starten möchten. Menschen, die sich Platz für Kultur wünschen. Wie sich der Verein weiterentwickelt, entscheidet sich auch mit dem Biergarten an der Donau.
Die „Kultur-Casino“-Idee scheint jedenfalls im Trend: Der Ulmer Biergarten Liederkranz wird gerade zum Kulturort und auch das Roxy öffnet seinen Kulturbiergarten.
Mehr zum Programm des Vereins unter kultur-casino.de.
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