Bei schönem Wetter herrscht an den Neu-Ulmer Badeseen in Pfuhl und Ludwigsfeld Hochbetrieb. In diesem Sommer könnte der Andrang noch größer als sonst werden, da viele Menschen wegen der Corona-Pandemie nicht in Urlaub fahren, sondern daheim bleiben. Damit steigt auch die Gefahr von Unfällen an den Seen. Die Stadt Neu-Ulm hat ein umfangreiches Sicherheitskonzept in Auftrag gegeben. Auslöser war allerdings nicht Corona, sondern ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. November 2017.
Die Stadt Neu-Ulm hat eine spezialisierte Anwaltskanzlei beauftragt
An einem See in Rheinland-Pfalz hatte ein Kind bei einem Badeunfall schwerste Verletzungen davongetragen, worauf die Familie die verantwortliche Gemeinde verklagte. In der Folge verschärften die Richter mit ihrem Urteil die Vorschriften. Dies löste bundesweit in Städten und Gemeinden Diskussionen über Haftungsrisiken an Badeseen aus. Dabei ging es vor allem um die Frage, ob an den Gewässern eine Aufsicht erforderlich ist oder nicht. Die Stadt Neu-Ulm zog Experten zurate und beauftragte das Rechtsanwaltsbüro Tacke/Krafft aus München, das auf die Erstellung von kommunalen Sicherheitskonzepten spezialisiert ist. Rechtsanwalt Georg Krafft stellte die Ergebnisse in der Sitzung des Neu-Ulmer Stadtrats im Edwin-Scharff-Haus vor.
Es geht darum, Unfälle zu vermeiden – und darum, nicht verklagt zu werden
Primärziel sei die Vermeidung von Unfällen, Sekundärziel die „Enthaftung“ der Stadt in zivil- und strafrechtlicher Hinsicht. „Gerade in Corona-Zeiten erhöht sich die Gefahr von Unfällen“, sagte Krafft. Für die Kommune bestehe deshalb ein „Haftungsrisiko Badeplatz“. Was der Experte dann hinzufügte, hinterließ bei einigen Räten im Saal ein mulmiges Gefühl: „Bürgermeister, Geschäftsleiter, aber auch Stadträte können strafrechtlich belangt werden.“ Letztere etwa, wenn ihr Abstimmungsverhalten dazu geführt hat, dass jemand verletzt wird oder einen Unfall erleidet.
Es geht für die Stadt also darum, einerseits Unfälle zu vermeiden, andererseits nicht verklagt zu werden, falls doch etwas passiert. Und dazu muss die Stadt nachweisen, dass sie ein Sicherheitskonzept für die Badeseen umgesetzt hat. Wenn das der Fall ist, braucht sie nach Auffassung der Rechtsanwälte keine zusätzliche Aufsicht zu installieren. Davon unberührt bleiben die Einsätze der Wasserwacht, die am Samstagnachmittag sowie an Sonn- und Feiertagen an den Seen im Dienst ist.
An den Neu-Ulmer Seen werden viele Schilder aufgestellt
Zum Konzept gehört vor allem eine detaillierte Beschilderung an den Gewässern. Auf Tafeln in den Eingangsbereichen steht zum Beispiel, dass es keine Badeaufsicht und keinen Bademeister gibt und dass die Benutzung des Geländes sowie das Baden auf eigene Gefahr erfolgen. Auch ein Lageplan und eine Hausordnung sollen dort zu finden sein. Piktogramme sollen Warnungen und Verbote an konkreten Gefahrenstellen so darstellen, dass sie auch Kinder verstehen. Das geht bis zu einem Totenkopf-Symbol, das am westlichen Steg am Badesee in Ludwigsfeld angebracht ist, damit Kinder nicht versuchen, darunter zu tauchen und dadurch in tödliche Gefahr geraten. Tilmann Hirth (Grüne) fand dieses Piktogramm an dieser Stelle eher fragwürdig. Rechtsanwalt Georg Krafft räumte ein, dass er es ebenfalls „ätzend“ finde, es gebe aber kein besseres, um die tödliche Gefahr auszudrücken.
Die Fachleute haben der Stadtverwaltung nach mehreren Ortsterminen zudem Maßnahmen empfohlen, die bereits umgesetzt wurden. So wurden unter anderem provisorische Treppen entfernt, abgebrochene Uferbereiche gesichert und Kies an Zugangsbereichen aufgeschüttet. Die Badeinseln wurden näher an den Uferbereich gezogen.
Die Baumstamm-Kette am Pfuhler Badesee soll weg
Bojenketten zur Trennung von Nichtschwimmer- und Schwimmerbereich seien wegen Schwankungen des Wasserstands keine gute Idee. Stattdessen sollen auch im Wasser gegebenenfalls Schilder auf Pfählen angebracht werden. „In Pfuhl geht es ja um die schwimmenden Baumstämme, hat das eine Zukunft?“, wollte Rudolf Erne (SPD) wissen. Klare Antwort des Anwalts: „Nein.“ Bernhard Maier (CSU) appellierte an die Eltern, sich ihrer Verantwortung an Badeseen bewusst zu sein. Ähnlich sah das auch Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger (CSU): „Wir müssen einfach immer wieder sagen: Achten Sie auf sich und Ihre Kinder!“
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