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Neu-Ulm: Derbe Worte bringen Frau vor Gericht

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Derbe Worte bringen Frau vor Gericht

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    Wegen eines sanierungsbedürftigen Balkons haben zwei Nachbarn in Neu-Ulm miteinander Zoff.
    Wegen eines sanierungsbedürftigen Balkons haben zwei Nachbarn in Neu-Ulm miteinander Zoff. Foto: Alexander Kaya (Symbolfoto)

    Darf man zu einer anderen Person „Leck mich am Arsch“ sagen? Mit dieser Frage hatte sich Richter Remo Fratantonio am Mittwoch bei einem Zivilverfahren am Amtsgericht Neu-Ulm auseinanderzusetzen. Die Ursache des Konflikts zwischen dem Kläger, einem 68 Jahre alten Wirtschaftsingenieur im Ruhestand, und der Beklagten, einer 56-jährigen alleinerziehenden Mutter, liegt allerdings viel tiefer.

    Im Kern geht es um einen undichten Balkon, der zur Wohnung der 56-Jährigen in Neu-Ulm gehört. Seit 2008 gebe es dieses Problem, sagte der 68-Jährige, der mit seiner Frau die Wohnung darunter bewohnt. Schwallartig falle immer wieder Wasser auf seine Terrasse, auf die gewaschene Wäsche und in die Wohnung, schilderte er und warf der Nachbarin vor, mit Absicht Wasser von ihrem Balkon auf seinen zu kehren. Dass der Balkon dringend reparaturbedürftig ist, stritt die 56-Jährige gar nicht ab. Doch der 68-Jährige schieße immer wieder quer und verhindere, dass es gerichtet werde, schilderte sie. Mit den vier anderen Parteien im Haus komme sie hingegen bestens klar.

    Der Kläger fühlte sich in seiner Ehre gekränkt

    Nach langer Zeit, so berichtete die Beklagte weiter, habe sie endlich ein vernünftiges Angebot für eine Reparatur gehabt. Der Mann hätte sein Einverständnis geben müssen, damit die Handwerker von seiner Terrasse aus die Arbeiten vornehmen können. Doch das habe er nicht getan. Bei einer Eigentümerversammlung wollte die Frau das Thema anbringen. Doch dann stand der Mann auf und ging – mit Verweis darauf, dass der Punkt nicht auf der Tagesordnung stehe. „Ich war so perplex. Da habe ich gesagt: Jetzt leck mich doch am Arsch.“

    Der Kläger fühlte sich durch die Worte in seiner Ehre gekränkt, wie er sagte. Zudem ärgerte ihn, dass die Frau behauptete, er würde sie bedrohen. Weil sich inzwischen auch ihr Ex-Mann in die Angelegenheit eingemischt habe, habe er sich die Diskussion an dem Abend nicht antun wollen und sei gegangen. Das sei auch sein gutes Recht, ergänzte seine Anwältin. Wenn ein Thema nicht auf der Tagesordnung stehe, müsse es auch nicht behandelt werden.

    Das Problem mit dem Balkon kann der Richter nicht lösen

    Die derben Worte, so machten die Nachbarin und ihr Verteidiger deutlich, seien nicht als Beleidigung gemeint gewesen, sondern Ausdruck der totalen Überraschung und des Ärgers. Zudem ging die Frau davon aus, dass der Nachbar gar nicht mehr im Raum war, als sie die Worte aussprach. Bedroht gefühlt habe sie sich, weil der Mann ihr immer wieder Fristen zur Reparatur des Balkons gesetzt habe und andeutete, juristische Schritte einzuleiten.

    Den Konflikt wegen des Balkons konnte der Richter nicht lösen. Aber er konnte die beiden Parteien nach einigem Hin und Her dazu bewegen, sich wegen der Aussagen der Frau zu einigen. Der Kläger wollte nämlich auch, dass sie es künftig unterlässt, ihm vorzuwerfen, dass er sie bedrohe. Fratantonio betonte jedoch, dass dies keine Bedrohung im juristischen Sinne gewesen sei, sondern unterschwellig.

    Auf Vorschlag des Richters hin gab die Frau zu Protokoll, dass sie sich verpflichte, in Zukunft die Worte „Leck mich (doch) am Arsch“ nicht mehr zu dem Kläger oder vor Dritten in seinem Beisein zu sagen. Zudem stellte sie klar, dass der Mann sie nicht im juristischen Sinn bedroht habe. Damit war die Sache erledigt. Über den Balkon soll bei der nächsten Eigentümerversammlung gesprochen werden.

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