Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Neu-Ulm: Aus Figaros Hoch-Zeiten

Neu-Ulm

Aus Figaros Hoch-Zeiten

    • |
    Haariges aus mehreren Jahrhunderten ist in „Herr Zopf’s Friseurmuseum“ in Neu-Ulm zu sehen – hier erklärt Sammler und Museumsleiter Heinz Zopf, wie in früheren Zeiten die Arbeit eines Perückenmachers funktionierte.
    Haariges aus mehreren Jahrhunderten ist in „Herr Zopf’s Friseurmuseum“ in Neu-Ulm zu sehen – hier erklärt Sammler und Museumsleiter Heinz Zopf, wie in früheren Zeiten die Arbeit eines Perückenmachers funktionierte.

    Aus den Regalen quellen die Föns und Glätteisen, Rasierpinsel, Scheren und Lockenwickler scheinen darauf zu warten, wieder zum Einsatz zu kommen. Von einem Werbeplakat lächelt den Besucher eine blonde Frau an, der Text verrät, dass sie einen der Trendschnitte des Winters 1971/72 trägt – den „Lovely-Look“. „Herr Zopf’s Friseurmuseum“ in Neu-Ulm steckt voll mit Exponaten und Informationstafeln rund ums Haar und seine Bändiger. Ab dem Wochenende ist die Präsentation (Bilder hier) für die Öffentlichkeit zu sehen: ein Sammelsurium von Geschichte und Geschichten über ein einst stolzes Handwerk, dessen Ruf heute durch die Hungerlöhne mancher Billigketten gelitten hat.

    Das besten Geschichten hat Herr Zopf selbst zu erzählen, Heinz heißt er, ein wacher Senior, dessen Diktion den Norddeutschen ebenso verrät wie den früheren Oberstudienrat. „Wenn Sie mich auf ein Thema ansprechen, dann sollten Sie Zeit mitbringen“, sagt der 70-Jährige, der sich beim Gehen auf einen Stock stützt. Er könne stundenlang erzählen, über die Techniken der Perückenmacher, über Scheren und Rasiermesser verschiedener Länder und Zeiten; dazu Anekdoten wie die von der Opernsängerin Jenny Lindt (1820-1887), die den aus Echthaar geflochtenen Schmuck ihrer schwedischen Heimat in England salonfähig machte.

    Zopf kennt sich aus in seinem Metier: Schon 1980 startete er sein Museum – im schleswig-holsteinischen Eckernförde, wo es bis vor knapp einem Jahr zuhause war, zuletzt im Berufsbildungszentrum. Doch als es dort keine Friseurausbildung mehr gab, suchte der pensionierte Berufsschullehrer einen neuen Platz für seine Sammlung, die einst seinen Schülern im Fach Berufskunde Anschauungsmaterial bieten sollte. Er fand ihn in Neu-Ulm, rund 800 Kilometer weiter südlich. Dort ist sein Museum nun an die Deutsche Friseurakademie angeschlossen, wo sie auf 300 Quadratmetern zu besichtigen ist, rund viermal so viel wie in Eckernförde.

    Der Kontakt kam laut Harald Gloning, dem Geschäftsführer der Akademie, vor knapp einem Jahr eher zufällig zustande. Schon im Sommer packte Zopf seine Schätze – rund 6000 Stücke umfasst seine Sammlung – in Kartons, ein halbes Jahr später startet schon das Unternehmen Neu-Ulm. Allerdings auf einer Baustelle: Während die Ausstellungsräume selbst schon fertig sind, gleicht das Gebäude derzeit von außen noch einem Rohbau.

    Auch wenn „Herr Zopf’s Friseurmuseum“ den Anspruch hat, die Entwicklung des Friseurhandwerks bis in die Gegenwart zu begleiten: Es ist vor allem die „gute alte Zeit“, deren Geist durch die Räume weht, am meisten beim „Mannheimer Salon“: ein ganzer Friseurladen, der früher in einem Ort in der Nähe Mannheims stand, mit Spiegeln, Möbeln, Werkzeugen und Utensilien, selbst der Meisterbrief des früheren Inhabers hängt an der Wand – ausgestellt 1928. Noch gut 100 Jahre älter als der Salon ist ein Waschtisch, wie ihn Menschen früherer Zeiten benutzten: mit einem großen Wasserkrug, einem Marmorbecken und einer darüber hängenden „Gießkanne“ mit kleinem Wasserhahn, durch den die Seifenlauge in dünnem Strahl auf das Haar floss.

    Doch dem Sammler geht es mit seinem Museum, durch das er in der nächsten Zeit selbst die Besuchergruppen führen wird, nicht um bloße Nostalgie, sondern um das Image eines ganzen Berufsstands: „Früher standen die Barbiere oder Bader fast auf einer Stufe mit den Ärzten“, berichtet Zopf. Er zeigt dabei auf mittelalterliche Darstellungen, die Friseure beim Aderlass oder der Wundbehandlung zeigen, die in der Ausstellung nicht fehlen – ebensowenig wie die „großartigen Veränderungen“ des vergangenen Jahrhunderts. Zopf ist sich sicher: „Es gibt keinen anderen Beruf, der so kreativ im Erfinden von Werkzeugen und Geräten ist.“

    Dieses Wissen will das Museum seinen Besuchern vermitteln, gerade auch Nachwuchs-Figaros. Es könnte auf fruchtbaren Boden fallen: Laut Geschäftsführer Gloning kommen jährlich rund 2500 junge Friseure an die Friseurakademie.

    Besucherinformation:

    „Herr Zopf’s Friseurmuseum“, angegliedert an die Deutsche Friseurakademie und das „Orange Hotel“ in der Neu-Ulmer Dieselstraße, ist ab dem Wochenende für die Öffentlichkeit zu sehen. Geöffnet ist es Samstag, Sonntag und Montag, jeweils von 10 bis 17 Uhr sowie nach Voranmeldung unter Telefon 0731/378 4657-11.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden