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Nersingen-Leibi: So erlebt eine Familie aus Leibi den Alltag mit Homeschooling

Nersingen-Leibi

So erlebt eine Familie aus Leibi den Alltag mit Homeschooling

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    Bei Familie Pleyer aus Leibi dreht sich seit Monaten alles ums Thema Homeschooling. Im Bild: Tanja Pleyer mit Tochter Jasmin und Sohn Niklas.
    Bei Familie Pleyer aus Leibi dreht sich seit Monaten alles ums Thema Homeschooling. Im Bild: Tanja Pleyer mit Tochter Jasmin und Sohn Niklas. Foto: Iris Goefsky

    Nach drei Wochen Homeschooling im Landkreis Neu-Ulm zog Schulamtsleiter Ansgar Batzner kürzlich eine erste Zwischenbilanz (wir berichteten). Sein Fazit fällt überwiegend positiv aus. Die Qualität des Distanzunterrichts sei dank des Engagements der Lehrkräfte und der sukzessiv besseren Ausstattung an allen 49 Grundschulen und Mittelschulen im Landkreis Neu-Ulm gut. "Das ist richtig klasse, was die Schulen leisten", sagte Batzner, räumte jedoch ein, dass es auch noch Probleme gibt. Doch wie erlebt eine betroffene Familie den Alltag mit Homeschooling?

    Nersingen: Erstklässler Niklas kennt regulären Präsenzunterricht kaum

    Bei Familie Pleyer aus Leibi dreht sich seit Monaten alles rund ums Homeschooling. Die junge sechsköpfige Familie mit drei schulpflichtigen Kindern beschäftigt sich den ganzen Tag mit dem Thema Lernen. Der siebenjährige Niklas, der im September eingeschult wurde, kennt den regulären Präsenzunterricht kaum. Er wird von der Schule mit wöchentlichen Arbeitsblättern versorgt und die 34-jährige Mutter Tanja sitzt mit ihm vormittags am Tisch und arbeitet die Aufgaben mit ihm durch, erklärt die grundlegenden Dinge und schlüpft dabei in die Lehrerrolle.

    „Die Dinge, die die Kinder üblicherweise in der Schule erklärt bekommen, versuche ich ihm beizubringen“, so die Mutter. Zum Glück ist es bei dem Erstklässler noch nicht so viel Arbeitsmaterial wie bei ihren beiden anderen Söhnen, die ein Gymnasium besuchen. Der elfjährige Jannik und der dreizehnjährige Julian bringen die Eltern oft an ihre Grenzen. Die beiden Jungs müssen jeden Morgen kurz vor acht Uhr vor ihrem Tablet sitzen und die Aufgaben und Arbeitsblätter der Lehrer entgegennehmen. Und dann ist zum größten Teil Eigeninitiative gefragt, die aber oft nur mit Hilfe der Eltern zu bewältigen ist.

    Dafür haben Tanja und ihr Ehemann Christoph für jedes Kind in ihrem Zimmer eine Pinnwand angeschafft, wo mit kleinen Zetteln Erinnerungen angebracht sind. „Wann muss was bis wann erledigt werden“, damit die Kinder und die Eltern den Überblick nicht verlieren. „Anders ist das gar nicht zu schaffen“, so Tanja Pleyer, die zudem noch ihre einjährige Tochter Jasmin versorgen muss. Das Schlimmste für die Familie ist es, dass die sozialen Kontakte fehlen. „Die Kinder haben keine Zeit sich mit den Freunden zu treffen, sitzen nur zuhause und lernen den ganzen Nachmittag. Die Lehrer setzen so vieles voraus und damit sind die Kinder oft überfordert“, so die Mutter.

    Homeschooling bringt für Familie Pleyer auch Kosten mit sich

    Durchschnittlich müssen für die beiden größeren Jungs bis zu 50 Arbeitsblätter ausgedruckt werden und das verursacht wieder größere finanzielle Belastungen. „Wir brauchen mehr Druckerpatronen, mehr Strom und mehr Papier“, so die Familie. Aber die Mutter ist während der Homeschoolingphase zu einem richtigen Organisationstalent geworden. „Ich habe alle Termine im Kopf und weiß, bis wann jedes Kind seine Aufgaben erledigt haben muss“, erzählt sie lachend. Wenn man sie nach den Vorteilen des Homeschoolings fragt, kommen prompt nur zwei Antworten: „Ich muss jetzt nicht um fünf Uhr morgens aufstehen und Vesperdosen richten und ich habe die Kinder den ganzen Tag im Blick und bin mit allen Dingen rund um die Schule vertraut.“

    Was sie etwas schade findet, ist, dass nicht alle Schulen hier in Bayern ein einheitliches Konzept haben. „Manche Schulen vergeben Noten, andere nicht und bei manchen Schulen müssen die Kinder mit der Kamera am Unterricht teilnehmen und bei manchen eben nicht“, bemängelt sie. Besser würde sie es finden, wenn alle Kinder den Fernunterricht mit der Kamera erhalten würden. Aber bei ihren Kindern ist es so, dass der Lehrer die Arbeitsblätter und Aufgaben ankündigt und erarbeitet muss der Stoff von den Kindern werden. Und das ist nicht nur für diese Familie, sondern auch für viele andere eine große Herausforderung. „Man kann nicht immer helfen und muss oft selber recherchieren. Wir sitzen oft an manchen Aufgaben mehrere Stunden. Aber für die Lehrer scheint dies nicht so wichtig zu sein. Hauptsache, die Kinder liefern pünktlich ab“, so die Mutter, die froh ist, dass sie Unterstützung von ihrem Mann und Familie bekommt.

    Ein weiterer Nachteil ist, dass bei gleichzeitiger Nutzung von mehreren Endgeräten das Internet langsam wird und man auch da öfters Geduld braucht. Die Kinder der Familie nutzen derzeit das Familienlaptop, das Tablet der Mutter und ein Laptop von der Oma und dabei muss man auch beachten, dass jedes Kind seine Ruhe hat und nicht gestört werden soll. Man könne sich zwar Endgeräte gegen ein Pfand in der Schule leihen, aber die Familie bekommt das mit ihren eigenen Geräten hin.

    Dass die Faschingsferien ausfallen, kommt bei Familie aus Leibi nicht gut an

    „Wir sind so froh, wenn hoffentlich bald alles wieder normal laufen kann und ich denke, dass dies für die Kinder auch nicht einfach werden wird“, sagt Tanja Pleyer. Der elfjährige Jannik kam im September neu auf das Gymnasium und hatte gar nicht die Möglichkeit, sich an die neue Schule und an neue Freunde zu gewöhnen, da nach wenigen Wochen die Schulen wieder geschlossen hatten. Was Pleyer überhaupt nicht verstehen kann, ist, dass die Ferien ausfallen. „Die Kinder brauchen eine Pause und die Eltern auch. In den Ferien könnten wir einige Dinge wiederholen, für die jetzt einfach keine Zeit ist."

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